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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Dank fand keine Worte, und wir saßen bis in die späte Nacht hinein über der Erzählung der Leiden und Freuden, welche wir hinter uns hatten. Dann gingen wir zur Ruhe; die ausgestellten Wachen sicherten uns vor jeder Überraschung.
    Als ich mich am anderen Morgen erhob und hinaus in den Hof trat, überraschte ich den Tebu bei einer schrecklichen Arbeit. Er hatte während der Nacht den Räuber getötet und stand jetzt auf der Mauerzinne, um die blutige Leiche desselben in den Spalt zu stürzen. Ich stellte ihn zur Rede, erhielt aber keine andere Antwort als:
    „Ed dem b'ed dem - en nefs b'en nefs, Leben um Leben, Blut um Blut, Auge und Auge, Sihdi; ich habe es geschworen, und ich halte es!“
    Unsere Tiere waren angekommen, und der große Hassan trat mir entgegen.
    „Hamdullillah, Gott sei Dank, Sihdi, daß wir wieder beisammen sind, denn ohne mich wärst du nicht – – – Allah inhal el Bei, Gott verderbe den Bei!“ unterbrach er sich. „Siehst du ihn dort kommen?“
    Wirklich kam unten über die Ebene eine Reihe von Arabern. Sie gingen zu Fuß und hatten also ihre Tiere nach dem Schott geschickt. Sie sollten einen unerwarteten Empfang finden. Ich sandte Hassan, der uns beim Kampf sicher nichts nützen würde, hinaus auf den Mauervorsprung, um den Schott zu betrachten; wir andern hielten unsere Gewehre bereit. Ich verbarg mich mit dem Staffelsteiner hinter einem Steinhaufen, der sich hart neben dem Eingang befand. Wer einmal das Kasr betreten hatte, durfte nicht wieder hinaus.
    Wir hatten nicht lange zu warten. Sie kamen, und obgleich sie die Abwesenheit ihrer fünf Wächter hätte aufmerksam machen sollen, traten sie unbesorgt in den Hof. Schon hatten sie beinahe die Hälfte desselben durchschritten, da kam ihnen Emery langsam entgegen. Sie stutzten.
    „Rrree! Ich bin der Behluwan-Bei; die Gum fahre zur Hölle! Feuer!“
    Alle Gewehre krachten.
    „Ich schieß halt nicht mehr; ich nehm die Faust!“ rief der Staffelsteiner, warf das Gewehr weg und befand sich mit Emery und dem Tebu im dicksten Haufen der Feinde. Mein Stutzen ließ keinen durch das Tor; in zehn Minuten waren wir Herren des Platzes.
    Da ertönte die Donnerstimme Hassans:
    „Allah akbar, Gott ist groß; Sihdi, sie kommen mit den Tieren, und der Bei ist dabei; ich habe ihn am Panzer erkannt!“
    Ich trat hinaus. Die Kamele standen mit ihren hohen Beinen drunten im Wasser, und bei ihnen hielten drei Männer. Der eine hatte den Burnus abgeworfen, und sein Kettenpanzer schimmerte wie pures gediegenes Gold zu uns herauf. Er wusch sich, warf dann den Burnus wieder über und winkte seinen Leuten, ihm zu folgen. Sie schritten dem Treppenaufgang zu.
    „Der gehört mir; ich muß ihn lebendig haben!“ rief Bothwell. „Zieht euch in die Hallen zurück!“
    Ich eilte hinab in das Gewölbe, um den Treppeneingang zu öffnen, und kehrte dann nach oben zurück.
    Rénald Latréaumont hatte mich bereits gestern um einen von meinen Revolvern gebeten. Mein Auge suchte ihn jetzt, fand ihn jedoch nicht. Da ließen sich Schritte vernehmen. Der Bei trat mit seinen beiden Begleitern aus der Pforte in den Hof. Die Leere desselben mochte ihm auffallen; er blieb halten. Er war das grade Ebenbild dessen, den ich am Auresgebirge getroffen und später erschossen hatte. Sein scharfes Auge schweifte forschend umher, und seine Lippen öffneten sich zu einem Ruf des Erstaunens. Aus dem Säulengang hervor kam Rénald auf ihn zugesprungen, den Revolver in der Hand. Ich ahnte, was kommen werde, und hob die Doppelbüchse.
    „Halt, laß ihn mir!“ gebot mir Emery, indem er an mir vorübereilte.
    „Ich bin frei, stirb, Räuber!“ rief Rénald und drückte auf den Bei ab.
    Die Kugel prallte von dem Panzer zurück, und sofort hatte der Bei den kleinen, schmächtigen Franzosen mit der Linken gefaßt und holte mit der Rechten zum tödlichen Stoß aus. Er kam nicht dazu; Emery hatte ihn von hinten gepackt. Jetzt eilte alles herbei. Die beiden Räuber sahen, wie sie Sache stand, und wandten sich zur Pforte zurück; sie erreichten sie nicht; meine beiden Kugeln streckten sie nieder.
    Emery hielt den Bei mit eisernen Armen gepackt.
    „Kennst du mich, Räuber? Ich bin der Behluwan-Bei. Fahre deinen Opfern nach!“
    Ein fürchterlicher Faustschlag traf den Bei vor die Stirn und betäubte ihn; dann faßte ihn der ‚Englishman‘, trug ihn zur Mauer empor und schleuderte den Mörder hinab in die Spalte, wo die Gebeine der Gemordeten lagen. Die Gum war bis auf den letzten Mann

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