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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Rache seiner Feinde schützt.
    „Eddini scharbat, ïa ambr el benaht – gib mir zu trinken, o Zierde der Mädchen!“ sagte er zu Mochallah, der ‚Wohlriechenden‘, welche der unerwartete Vorgang ganz erschreckt hatte.
    Sie blickte fragend auf ihren Vater. Ein leises Murren erhob sich ringsum; der Scheik aber kehrte sich nicht daran, sondern gebot ihr: „Gib ihm Wasser, aber weder Brot nach Salz! Die Ältesten werden richten, was mit ihm geschehen soll.“
    Sie verschwand im Innern des Frauenzeltes und trat gleich darauf wieder mit einer mit Wasser gefüllten Schale hervor, welche sie dem Krumir entgegenreichte. „Nimm und trink, du Feind meines Stammes!“ sagte sie.
    „Ich trinke“, antwortete er stolz. „Mögen meine Feinde verschwinden, wie die Tropfen dieses Wassers, und möge dieser Trank sein Ma el Furkan (Wasser der Erlösung) für Saadis el Chabir, den Sohn der Beni Dedmaka!“
    „Allah jenahrl el Dedmaka – Allah verdamme die Dedmaka!“ ließ sich eine zornige Stimme vernehmen.
    Es war mein Diener Achmed es Sallah, welcher diese Worte gesprochen hatte. Der Scheik zog die Stirn in drohende Falten und antwortete ihm: „Allah iharkilik – Gott verbrenne dich, dich und deine Zunge! Hast du nicht gesehen, daß dieser Mann die Nuktha al karam (Tropfen der Großmut) mit einer Tochter deines Stammes getrunken hat? Doch ich weiß, daß du in die Fremde gegangen bist, um die Sitten und Gesetze deines Volkes zu vergessen, und nun weißt du nicht mehr, daß der Beduine zu gehorchen hat, wenn der Mul el Duar (Herr des Zeltdorfes) die Stimme erhebt. Der Fluch des Propheten trifft den Mann, der seinen Gastfreund schändet, und ich sage euch, daß ich einen jeden töte, der ein Haar dieses Dedmaka zu krümmen wagt, ehe die Dschema (Versammlung der Ältesten) beraten hat, was mit ihm geschehen soll!“
    O wehe! Aus diesen Worten konnte ich ersehen, daß der Scheik auf den armen Achmed nicht sonderlich gut zu sprechen sei. Was sollte da aus der Liebe der beiden jungen Leute werden? Achmeds Augen funkelten. Jedenfalls war es die Eifersucht gewesen, die ihm seine Worte diktiert hatte. Er war noch nicht so glücklich gewesen, ein Wort mit der Geliebten wechseln zu können, und dieser Räuber und Mörder durfte sie ungestraft berühren und von ihren Händen trinken. Das mußte ihm peinlich sein; doch war er jetzt zu klug, als daß er seinen Gefühlen noch weiteren Einfluß gestattet hätte. Er zog sich grollend zurück.
    Auf einen Wink des Scheiks nahmen zwei Krieger den Krumir in die Mitte und führten ihn in das Zelt des ersteren. Krüger-Bei legte mir die Hand auf die Schulter. „Nanu jeht die Beratung los, und da sind wir überflüssig“, meinte er. „Ich werde Ihnen bitten, mir zu begleiten.“
    „Wohin?“
    „Nur ein wenig auf dem Promenade, um die Beine zu vertreten. Dat wird so eine Art höfliche Rücksichtsvolligkeit gejen den Scheik zu haben sein, da er jetzt seinem Zelt zu die Versammlung braucht. In eine Viertelstunde ist alles abjemacht, und dann können wir uns zurückzukehren erlaubt jedurft haben.“
    „So nehmen wir den Engländer mit?“
    „Dat wird sich janz von selber zu verstehen jeneigt sein. Mit wem zu jehen sollte er wohl anders aufgefordert werden, als von uns, mit uns auf der Promenade zu dürfen?“
    Ich gab Sir David Percy einen Wink. Wir überließen Achmed die Aufsicht über unsere Pferde und wandten uns einer Palmengruppe zu, deren Wedel in einiger Entfernung kühlen Schatten verhießen. –
    „Was ist das für ein Kerl, Sir, den die Uëlad Sebira gefangennahmen?“ frug mich Percy. „Ich habe wohl alles gesehen, aber nichts verstanden.“
    „Es ist ein Krumir von Ferkah ed Dedmaka, ein höchst gefährlicher Karawanenräuber, an dessen Hand schon mancher Tropfen Blutes klebt.“
    „Hm! Wie heißt der Mensch?“
    „Saadis el Chabir.“
    „Was heißt das?“
    „Saadis ist der eigentliche Name und heißt ‚der Sechste‘. Dieser Mensch kennt nämlich infolge seiner Streifzüge in Algier und Tunesien einen jeden Berg und ein jedes Wadi. Er ist der sicherste Führer weit und breit, hat von der Küste des Mittelmeeres bis in das Belad el Dscherid (‚Dattelland‘, südlich von den großen Schotts) zahlreiche Freunde und saubere Verbündete, wie ein Londoner Taschendieb von Holborn bis Isle of Dogs seine Hehler hat, und soll sogar auf den gefährlichen Salzseen des Südens so sicher sein, wie ein Reiter in seinem Sattel. Daher engagieren ihn die räuberischen Stämme der

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