18 - Orangen und Datteln
Tochter des Scheik Ali en Nurabi. Wir lauern sie ab, wenn sie heimgeht, und erlauben ihr nicht, einen Laut auszustoßen. Einer von euch führt sie fort. Wir andern nehmen die Stute und das köstliche Hedschihn, welche beide vor dem Zelt des Scheik angebunden sind. Eine Sänfte liegt daneben.“
„Man wird uns hören. Der Scheik wird gute Hunde besitzen.“
„Sie kennen mich bereits, denn ich habe bei ihnen im Zelt gelegen. Einer führt das Mädchen fort; einer nimmt die Stute, einer der Hedschihn und einer die Atuscha. Wir andern gehen dann vor das Duar, um den Hengst zu holen, und da allerdings werden wir den Wächter töten müssen.“
„Wo versammeln wir uns?“
„Grad im Süden vor dem Lager am Eingang der ersten Schlucht, die hinab zum Fluß steigt.“
„Aber wenn man uns hört? Wenn man uns entdeckt?“
„Schäme dich, Knabe! Ist einmal einer von uns entdeckt worden? Sind nicht unsere Augen wie die Augen des Panthers und unsere Füße unhörbar wie die Füße des Fennek und der Katze? Sind nicht Pferde genug vorhanden, um die Flucht zu ergreifen, noch ehe ein Sebira die Flinte ergreifen kann? Oder meinst du, daß wir noch vorsichtiger handeln sollen? Nun wohl, so nehmen wir erst Mochallah, die Tochter des Scheiks, und schicken sie in Sicherheit; sodann schleichen sich drei bis zum Zelt Ali en Nurabis und wir andern an den Ort, wo sich der Hengst befindet. Dann gebe ich euch das Zeichen der Beni Hamema, und in demselben Augenblick nimmt jeder das, was er zu nehmen hat. Der letzte eilt hierher zurück und holt diesen Franken, den wir aber auch liegen lassen, wenn wir in Gefahr kommen sollten.“
„Und wir reiten nicht nach dem Bah el Halua zurück?“
„Nein; ich habe es den andern, welche die Kaffilah erwarten werden, bereits gesagt. Wir eilen sofort nach Süden, übersteigen den Bah Abida und gehen quer durch die Wüste er Ramada nach dem Dschebel Tibuasch, hinter dem die Duars und Tschars der Mescheer-Beduinen liegen, die uns sicher Schutz gewähren, wenn die Uëlad Sebira uns verfolgen sollten. Nun aber vorwärts, damit wir die Rückkehr des Mädchens nicht versäumen!“
Im nächsten Augenblick waren sie lautlos verschwunden, und ich lag allein unter den Büschen, gefesselt und geknebelt, hilflos wie ein Kind, ja, noch viel hilfloser, da ich nicht einmal rufen konnte.
Ich befand mich wahrhaftig in einer schauderhaften Lage. Ich kannte den ganzen nichtswürdigen Anschlag dieser Menschen und war doch nicht imstande, ihn zu hintertreiben! Also hatte ich den Krumir doch richtig beurteilt! Er stand im Begriff, seinen Schwur zu brechen; er wollte fliehen und die drei besten Tiere des Lagers, die Tochter des Scheiks und auch mich mitnehmen. Und dazu noch sollte mein braver Achmed getötet werden. Ich zweifelte keinen Augenblick an dem Gelingen des Anschlages, denn ich kannte aus Erfahrung die Schlauheit und Behutsamkeit, mit welcher der Wüstensohn dergleichen Bravourstücke auszuführen pflegt. Kein Indianer, kein europäischer Gauner kommt ihm darin gleich; nur höchstens von den eingeborenen Indiern wird er übertroffen.
Ich strengte alle meine Sehnen und Muskeln an, und bäumte mich unter den Fesseln hoch empor – sie schnitten mir tief in das Fleisch, gaben aber nicht nach. Ich versuchte, mit der Zunge den Knebel aus dem Mund zu stoßen – es ging nicht, denn er war mit einem Tuch befestigt, welches man mir um Mund und Nase gelegt und hinten im Nacken verknotet hatte. Ich mußte ein für allemal von jeder Anstrengung ablassen, denn sie brachte mich dem Tod des Erstickens nahe. Ich konnte nur eins tun; ich mußte mich verstecken, um von den Krumir nicht wiedergefunden zu werden. Gelang mir dies, so war es später möglich, die Uëlad Sebira auf die Spur der Räuber zu bringen und nicht nur den Tod Achmeds zu rächen, sondern auch Mochallah mit den geraubten Tieren zu befreien. Ich versuchte also, mich von dem Platz fortzuwälzen. Es gelang, und in einigen Minuten war ich so weit entfernt von dem vorigen Ort, daß ich mich so ziemlich geborgen glaubte. Und was die Hauptsache war – ich war bei einer Umdrehung meines Körpers auf die Revolver zu liegen gekommen, welche mir entfallen waren, und da ich nur am Handgelenk gefesselt war, so hatte ich es mit einiger Anstrengung vermocht, sie mit den Fingern zu erfassen und festzuhalten. Kehrten nicht mehrere der Räuber, sondern nur einer zu mir zurück, und fand er mich auch an meinem neuen Platz, so war es mir trotz meiner ungünstigen
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