18 - Orangen und Datteln
eben bemüht, ein Feuer zu errichten und Matten zu legen, auf welcher die Dschema Platz nehmen sollten. Der Scheik wurde von seiner Unruhe an allen Gliedern gerissen; aber er wandte alle Selbstbeherrschung auf, um ruhig zu erscheinen. Sogar die Pfeifen wurden nach alter, ehrwürdiger Sitte herbeigeholt und in Brand gesteckt, ehe das erste Wort zum Ausspruch kam. Ich kam neben dem Scheik auf den Ehrenplatz zu sitzen; neben uns hatten wir Sir Percy und Krüger-Bei; Achmed es Sallah saß ganz unten an. Nun aber ließ es Ali en Nurabi länger keine Ruhe. Er erhob sich auf die Knie und wir taten dasselbe. Die Beratung war eine hochwichtige, und da mußte el Fatcha, die ‚Eröffnung‘, die erste Sure des Koran gebetet werden. Ali begann: „Im Namen des allbarmherzigen Gottes! Lob und Preis sei Gott, dem Weltenherrn, dem Allerbarmer, der da herrschet am Tag des Gerichtes. Dir wollen wir dienen, und zu dir wollen wir flehen, auf daß du uns führest den rechten Weg, den Weg derer, die deiner Gnade sich freuen, und nicht den Weg derer, über welche du zürnest, und nicht den der Irrenden!“
Hierauf ließ er sich wieder auf die Schenkel nieder und bat mich: „Nun rede, Effendi! Meine Seele wird jedes deiner Worte trinken und mein Herz dürstet nach jedem Laut aus deinem Mund.“
„Wo, sagtest du heute, sei der Krumir gesehen worden?“
„Am Bah el Halua.“
„Dort hatten sich die Söhne der Hamema verborgen, um über die Kaffilah herzufallen. Wie wirst du diese letztere schützen?“
„Aber, Herr, wir wollen doch jetzt nicht von der Kaffilah sprechen, sondern von der Verfolgung des Krumirs; rede schnell, wenn du nicht willst, daß die Ungeduld mich töten soll!“
„Ali en Nurabi, einen Scheik und alten Krieger ziemt es, ein stilles Angesicht und eine ruhige Rede zu zeigen, selbst wenn der Smum in seinem Innern tobt. Nicht der schnellste Läufer kommt immer zuerst an das Ziel. Erlaube, daß ich dir eine Geschichte erzähle!“
„Effendi, du willst Geschichten erzählen, während mich der Eifer tötet!“
„Ich weiß, daß du nicht sterben wirst! – Da drüben jenseits des großen Meeres gibt es ein weites Land, wo nur wilde Menschen und wilde Tiere wohnen. Ich habe mit diesen wilden Männern und Tieren gekämpft und unter ihnen viele Abenteuer erlebt. In jenem Land wächst das Gold unter der Erde, und viele gehen, es zu suchen. Ich ritt mit noch drei Jägern durch die Wildnis und kam mit ihnen abends an einen Ort, wo viele Männer wohnten, welche das Gold aus der Erde gruben. Sie baten uns, ihre Gäste zu sein; wir aßen, tranken, rauchten und schliefen mit ihnen. Sie stellten eine Wache aus, aber der Mann schlief auch ein, und als ein anderer kam, ihn abzulösen, war das Gold gestohlen worden. Nun ergriffen die Männer alle die Waffen, um dem Dieb nachzueilen. Ich bat sie, bis zum Morgen zu warten, wo die Spuren der Diebe zu sehen seien; sie aber hörten mich nicht und eilten davon. Nur zwei kranke Gefährten ließen sie zurück, um das Lager zu bewachen. Am Morgen brach auch ich mit den drei Jägern auf. Wir hatten die Gastfreundschaft der Männer genossen, und so beschlossen wir, nun auch nach dem gestohlenen Gold zu suchen. Wir fanden es, kämpften mit den Dieben, töteten einige und nahmen ihnen den Raub wieder ab. Bereits am dritten Tag brachten wir das Gold in das Lager zurück; die andern aber, die so eilig gewesen waren, kamen erst nach einer Woche wieder. Sie waren vor Anstrengung, Hunger und Durst ermattet, aber das Gold hatten sie nicht gefunden. – Merkst du, o Scheik, warum ich dir diese Geschichte erzähle?“
Er nickte ungeduldig. „So meinst du, daß wir diesem Saadis el Chabir erst beim Anbruch des Tages folgen sollten?“ fragte er.
„Ja, erst beim Anbruch des Tages, oder vielleicht noch später.“
„Herr, so wird er uns entkommen!“ brauste er auf.
„Weißt du, wohin er ist?“
„Nein. Als ich aus dem Zelt trat, war die Stute und auch das Kamel fort, und nachher merkte ich, daß auch Mochallah, die Tochter meines Herzens, fehlte. Gesehen habe ich keinen der Räuber.“
„Weißt du also, wohin du dich wenden mußt, um ihn zu finden?“
„Nein, aber du weißt es?“
„Ich weiß es; doch warte erst, bis man das Lager durchsucht hat. Jetzt magst du mir beantworten, wie du die Kaffilah schützen wirst!“
„Was kümmert mich heut die Kaffilah!“
Da erhob Krüger-Bei die Hand. „Was dich die Kaffilah kümmert? Sehr viel, Ali en Nurabi! Ich sitze hier im Namen
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