Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Armstellung doch vielleicht möglich, auf ihn zu schießen und – schießen? Ha! mußte ich denn warten, bis man mich fand? Konnte ich nicht den ganzen Überfall verhüten?
    Kaum gedacht so geschehen: ich gab dem Lauf des einen Revolvers eine Lage, bei der alle Gefahr für mich ausgeschlossen war, und feuerte alle sechs Schüsse los. Sie klangen nacheinander scharf und hell in die Nacht hinaus; sie mußten selbst den tiefsten Schläfer erwecken. Kaum war der letzte verklungen, so hörte ich den Schrei eines Bartgeiers. War dies ‚das Zeichen des Beni Hamema‘, von welchem der Krumir gesprochen hatte? Eine halbe Minute noch blieb es still, dann aber hörte ich einen Pistolenschuß – noch einen, und nun erhob sich ein lautes Rufen und Schreien im Lager. Man war erwacht und mit klopfendem Herzen lauschte ich auf den immer größer werdenden Lärm.
    Wer war es, der geschossen hatte? Der Krumir? Fast hätte ich wetten mögen, die Pistole zu erkennen, aus der die beiden Schüsse abgegeben worden waren – Achmeds Pistole. Das Geschrei wurde bald zum Wutgeheul, und ich unterschied sehr deutlich die Stimme des Scheik, der nach Mochallah, nach seiner Stute und dem Reitkamel rief. Dann hörte ich einen lauten Ruf Achmeds, welcher fragte, ob niemand mich gesehen habe.
    Da drückte ich den ersten Schuß des zweiten Revolvers ab – eine lautlose Stille erfolgte, dann rief Achmed laut: „Sihdi! O, es ist mein Effendi, denn kein Feind hat einen solchen Rewowah (Revolver) wie er. Sihdi, Sihdi!“
    Ich gab den zweiten Schuß ab.
    „Warum antwortet er nicht mit dem Mund?“ rief der treue Diener. „Alla kerihm – Gott ist barmherzig; mein Effendi kann nicht sprechen; er befindet sich in Gefahr! Hier, haltet sein Pferd; ich muß zu ihm hin!“
    Gott sei Dank; er und mein Pferd, beide waren mir erhalten! Jetzt hörte ich Schritte sich den Büschen nähern, und ich drückte zum dritten Mal los.
    „Hier ist es!“ schrie Achmed. „Kommt ihm zur Hilfe!“
    Mit kampfbereiten Waffen drangen sie zwischen die Büsche ein. – Sie wähnten mich im Kampf mit irgendeinem Feind, blieben aber sehr bald zaudernd halten, eine Hinterlist vermutend, da sie kein feindliches Wesen bemerkten. Nur der wackere Achmed drang unaufhaltsam vorwärts. Mein vierter Schuß gab ihm nochmals die rechte Richtung, und bald stand er vor mir.
    „Maschallah, ein Gefesselter!“ rief er, als er sich niedergebückt und mich betastet hatte. „Sihdi, Effendi, bist du es? Hast du geschossen? Wallahi, billahi, tallahi, man hat ihm den Mund verstopft!“
    Im Nu entfernte er den Knebel, und da er mich nun an der Stimme erkannte, jauchzte er laut auf und entfernte die Fesseln mit wenigen raschen Schnitten.
    „Er ist's, er ist's, Hamdullillah, er ist's! Komm herbei, o Scheik; er wird uns Auskunft geben!“
    Ich wartete dies nicht ab, sondern drang aus dem Gebüsch in das Freie heraus, wo mehr Raum vorhanden war. Dort faßte mich Ali en Nurabi am Arm.
    „Effendi“, fragte er stürmisch, „wo ist Mochallah, das Kind meiner Seele? Wo ist meine Stute, und wo ist mein Bischarin-Hedschihn?“
    „Sage mir erst, wo Saadis el Krumir ist“, antwortete ich ihm.
    „Ich weiß es nicht! Er ist fort!“
    „Fort? Geflohen?“
    „Ja.“
    „Trotz seines Schwures?“
    „Er hat ihn gebrochen. Allah verdamme ihn!“
    „Ich hatte recht, o Scheik. Dieser Krumir hatte das Auge eines Verräters. Ein Giaur hält das Wort, welches er verpfändet hat, dieser Moslem aber schwört bei dem Barte des Propheten, bei allen heiligen Kalifen und bricht sein Wort; aaib aaleihu – Schande über ihn! Aber er ist nicht nur wortbrüchig geworden, sondern er hat auch deine Tochter geraubt und die zwei besten deiner Tiere mitgenommen.“
    „So ist es wahr, o Effendi?“
    „Ja.“
    „So möge der Himmel zusammenbrechen über den Lügner und Räuber, und die Erde möge sich öffnen, um ihn zu verschlingen, ihn, seinen Vater, den Vater seines Vaters und alle Ahnen und Urahnen bis hinauf zu Adam, dessen Nachkommen sie sind!“
    „Du vergißest, daß du auch ein Nachkomme Adams bist!“
    „Malesch – das tut nichts, das ist mir einerlei! Mir ist meine Stute geraubt, mein Bischarin-Hedschihn und meine Tochter; was schere ich mich um alle Vorfahren und Nachkommen der Welt! Effendi, hilf mir. Du allein weißt es, wo er mit ihnen hin ist!“
    „Laß uns vorher alles ruhig überlegen! Ich meine, daß – – –“
    Er unterbrach mich in stürmischem Ton: „Überlegen? Effendi, ehe wir

Weitere Kostenlose Bücher