18 - Orangen und Datteln
fertig sind mit dem Überlegen, wird uns der Räuber entkommen sein! Auf, ihr Männer, ihr Helden, auf, um ihm nachzujagen!“
„Jagt ihm nach!“ antwortete ich ruhig. „Mir aber erlaubt, daß ich mich niederlege, um zu ruhen. Es ist heut noch kein Tropfen Schlafes an meine Augen gekommen.“
„Herr, ist dies dein Ernst?“
„Ja.“
„Du bist mein Gast und willst schlafen, während ich nach meiner Stute, nach meinem Kind und nach meinem Kamel schreie? Weißt du nicht, daß dich die Verachtung aller Helden der Badawi treffen wird?“
„Sie wird mich nicht treffen, denn ich werde zwar schlafen, dir aber dann deine Tochter und dein Tier wiederbringen; du jedoch wirst die Welt umstürzen, die Verlorenen aber nicht zurückerlangen.“
„So sage mir, was ich beginnen soll! Ich werde dir gehorchen.“
„Die meisten deiner Krieger sind nicht hier, sondern dort im Lager. Laß überall nachsehen, ob ein Mensch, ein Tier oder eine Sache fehlt; dann mögen alle Männer, welche Waffen tragen, zusammenkommen, um zu hören, was geschehen soll. Unterdessen mag die Dschema, die Beratung der Ältesten, sich vor deinem Zelt versammeln. Vier andere Männer werden noch teilnehmen, nämlich der Bei der Mamelucken, der Emir aus Inglistan, ich und Achmed es Sallah!“
„Achmed es Sallah! Warum dieser?“
„Ali en Nurabi, ich sage dir, daß du deine Tochter und deine Tiere nur dann zurückerhalten wirst, wenn du Achmed dieselbe Ehre gibst, welche du dem besten deiner Krieger erweisest. Tu was du willst!“
„Es soll geschehen, wie du gesagt hast. Kommt alle mit mir!“
Er stürmte voran, und wir andern folgten ihm. Im Gehen gesellte sich der treue Diener zu mir. Er hatte jedes meiner Worte gehört und ahnte nun, daß ich irgend etwas vorhabe, was ihm von Nutzen sein werde.
„Achmed, ist mein Rappe sicher?“ erkundigte ich mich bei ihm. „Ich hörte deine Stimme, daß du ihn irgendeinem der Männer anvertraut hast.“
„So ist es, Sihdi. Du kannst ruhig sein; siehe, dort zwischen den Zelten steht der Hengst!“
„Ich danke dir! Erzähle mir schnell, wie es gegangen ist! Ich wachte bei den Pferden, sah den Krumir von den Palmen kommen, wo er euch belauscht hatte, und folgte ihm bis in das Gebüsch, wo mich seine Leute niederschlugen und banden.“
„Niederschlugen und banden? Dich, Sihdi? Dies ist das erste Mal, daß du besiegt worden bist!“
„Pah, ich wurde überrascht, aber nicht besiegt; ich habe vielmehr den Sieg noch in den Händen. Also erzähle!“
„Ich ließ Mochallah zu den Zelten zurückkehren und wartete noch ein wenig. Als ich dann zu den Pferden kam, lagen sie noch da, du aber warst verschwunden. Dies machte mir große Sorge. Ich hatte gesehen, daß du dem Krumir nicht trautest, und wußte ganz genau, daß du bei den Pferden geblieben wärest, wenn nicht etwas Wichtiges dich fortgezogen hätte. Daher nahm ich meine Pistolen zur Hand und beobachtete die Dunkelheit mit scharfen Augen und Ohren. Da hörte ich die sechs schnellen Schüsse aus deinem Rewowah, und gleich darauf erscholl der Ruf von el Büdsch, dem großen Bartgeier. Das mußte ein Zeichen sein, denn el Büdsch plaudert nicht so mitten in der Nacht. Nun sprangen gleich drei Männer aus dem Lager herbei und auf mich zu. Ich dachte, daß es Räuber seien, schoß den einen tot, und den andern verwundete ich. Als ich die andern Pistolen erhob, war dieser zweite mit dem dritten bereits wieder verschwunden.“
„Ist dieser Mann wirklich tot?“
„Ja.“
„Hast du ihn genau angesehen?“
„Ganz genau. Die Kugel ist ihm durch das Herz gegangen.“
„Ist es der Krumir?“
„Nein. Es ist ein Uëlad Hamema.“
„So merke dir: der Schrei von el Büdsch ist das Angriffszeichen der Beni Hamema. Vielleicht ist es für später gut, dies zu wissen. Jetzt komme zur Versammlung!“
„Sihdi, du erweisest mir die größte Gnade, daß du den Scheik gezwungen hast, mich unter die Ältesten des Stammes treten zu lassen!“
„Sei froh! Wir werden Mochallah wiederholen, und dann soll sie dein Weib sein.“
„Ist's wahr, o Herr?“
„Ich hoffe, es wahrmachen zu können, wenn du treu und tapfer bist.“
„Effendi, ich werde die Berge von el Hanenni und Aures einreißen, wenn ich dadurch Mochallah, die Königin der Töchter, wiedererlangen kann!“
Ich befahl dem Beduinen, welcher mein Pferd hielt, dasselbe nicht aus den Augen zu lassen und es vielmehr stets in meiner Nähe zu halten. Dann trat ich vor das Zelt des Scheiks. Man war
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