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18

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Titel: 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Luengen
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die Taschen.
    Die aufkommende Flut drängte mich weiter zu den Dünen ab und ich stapfte durch weichen Sand, sah Muscheln, Holzbretter und Plastikflaschen auf dem dunklen Strand. Völlige Einsamkeit umgab mich, und irgendwann spürte ich Müdigkeit in den Beinen und ich bekam Durst. Ich sah ein Strandhaus auf Holzpfeilern und steuerte darauf zu. Es schien eine Wasserwacht zu sein. Die Fensterläden waren zugeklappt. Ich stieg auf die Veranda hoch und klappte mir einen Liegestuhl im Windschatten auf und legte mich hinein. Ich starrte in den Nachthimmel, konnte einzelne Sterne erkennen, doch ich hatte keine Ahnung von den Dingen dort oben. Ich schloss die Augen, leise strich der Wind um das Häuschen, und ich hoffte bald einzuschlafen.

 
    Ich erwachte, als es schon hell wurde. Ich schüttelte leichten Flugsand aus meiner Kleidung und sah mich um. Ich hatte neben einer Art Strandbar übernachtet. Die Situationen ähnelten sich. Es war immer noch niemand zu sehen, und ich vertrat mir etwas die Beine und ging zum Rand des Wassers. Ich schaute den Wellenbewegungen zu und wartete darauf, dass die Strandbar geöffnet wurde.
    Endlich kam ein Mann einen Weg durch die Dünen herunter. Er zog einen kleinen Wagen hinter sich her. Er hielt vor der Strandbar, schloss auf, öffnete alle Fensterläden und begann, seine Sachen in die Bar zu tragen. Danach baute er Tische auf. Ich schlenderte hinüber.
     „Bonjour“, sagte ich. Der Mann antwortete etwas, was ich nicht verstand.
    „Petit-dejeuner“, sagte ich. Und fügte dann auf gut Glück noch „Baguette“ hinzu.
    Er nickte und fragte mich etwas und ich nickte immer und er grinste. Ich setzte mich an einen Tisch, und der Typ verschwand in seinem Häuschen und immer wieder schrie er etwas von drinnen und lachte und bald brachte er mir einen Pernod und ein Päckchen Kaugummi: „Votre petit-dejeuner.“
    Es wurde schon einigermaßen warm in der Sonne. Ich lehnte mich entspannt zurück.
    Der Typ brachte dann doch noch ein Baguette und ein Büchse Coca-Cola und grinste immer noch. Ich hielt ihm deutsches Geld unter die Nase und er grinste nicht mehr, doch schließlich warf er mir einige Münzen Wechselgeld auf den Tisch. Ich brach mir Stücke des Weißbrots ab und beobachtete das Meer und einige Leute, die ihre Hunde ausführten.
    Schließlich ging ich den Weg hinauf, den der Typ mit seinem Handkarren gekommen war. Er führte durch die Dünen zu einem Campingplatz. Es war dort nicht besonders viel los, doch zumindest hatte er geöffnet. Vor dem Eingang saß eine junge Frau auf einer Bank und blätterte in einem Buch. Zum Eingang des Campingplatzes führte eine geteerte Straße, die von irgendwoher aus dem Landesinnern kam. Ich zog mir eine weitere Büchse Coca-Cola aus dem Automaten neben dem Eingang, trank sie dort im Stehen langsam aus und betrachtete die Szenerie. Die Frau hatte kurz zu mir aufgeblickt und sich dann wieder ihrem Buch zugewandt. Sie wirkte nicht unfreundlich oder desinteressiert. Sie registrierte mich beiläufig und las weiter in ihrem Buch. Ich warf die leere Büchse in den Abfalleimer und machte mich auf den Weg.
    Ich folgte einem Radweg durch die Dünen. Urlauber mit Kindern in Anhängern radelten mir entgegen oder überholten mich. Zwei Männer standen mitten in den Dünen und tranken Kaffee aus kleinen Tassen. Ich zog meine Jacke aus, als die Sonne am aufklarenden Himmel hochstieg. Ich hörte das Rauschen des Meeres hinter dem Dünenkamm und einmal kletterte ich hinauf, schaute aufs Meer, hielt mir eine Hand als Schutz über die Augen und sah auf den Horizont, der immer dort bleiben würde, auch in der nächsten Nacht. Auch im nächsten Jahr und in dem Jahr danach, auch nach dem Tod und nach allem überhaupt. Dieser Horizont würde immer da sein.

 
    Ich hielt mich in Richtung des Ortes und sah mein Auto noch auf dem Parkplatz stehen. Ich schloss auf, warf meine Sachen hinein, trank eine Wasserflasche leer und ließ mich in die Polster fallen. Meine Waden schmerzten. Ich zog meine Schuhe und Strümpfe aus und schloss die Wagentür. Ich startete den Motor, wendete und bog auf die Straße ein. Der Campingplatz war bald ausgeschildert und es dauerte nicht lange, bis ich ihn erreichte.
    Ich hielt vor dem kleinen Eingangshäuschen. Die junge Frau saß immer noch in der gleichen Haltung dort. Sie war jünger, als ich gedacht hatte. Sie hatte kurze schwarze Haare, war nicht besonders hübsch und sah wieder mit dem gleichen Blick von ihrem Buch auf, als ich

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