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18

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Titel: 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Luengen
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ewige Geflüster zu hören sein würde.
    „Kein Kichern, nichts. Die zwei Kästen haben ihn wohl ausgelaugt“, sagte Richard nach einer Weile. Dann: „Auf Glücks-Stöhnen wage ich ja gar nicht mehr zu hoffen.“ Angewidert stellte er sein Bier ab, stand auf und hämmerte gegen meine Schlafzimmertür. Dann setzte er sich wieder hin.
    „Sag ich ja“, sagte er. „Bei dir gibt immer alles nur Scheiß-Ärger.“
    Nachher war es eine ziemliche Arbeit, die Bierkästen auf den Balkon zu bringen und die Nahrung so zu drapieren, dass sie verzehrbereit aussah. Im Wesentlichen kümmerte sich Molli darum. Jochen war ihr hilfsbereiter Lehrling für die niederen Arbeiten. Richard und ich prüften regelmäßig und eingehend die Temperatur des Bieres. Wir standen auf dem Balkon und schauten in den Innenhof hinunter. Dort passierte nicht viel. Wir warfen unsere Kronkorken runter. Der Hausmeister regte sich immer fürchterlich darüber auf.
    Als wir den Balkon verließen, stellten wir fest, dass die ersten Gäste eingetroffen waren. Es waren einige Kumpels aus Richards Sportverein, die ich nur vom Sehen kannte. Irgendein Kampfsport. Das passte sehr gut, denn so schöpfte Molli keinen Verdacht, dass das hier nicht tatsächlich Richards Fete war.
    Die Typen zeigten eine gewisse Freude an unkontrolliertem Körperkontakt. Ich hockte mich vor meine Musikanlage und kramte in alten Kassetten. Ramones fand ich nicht. Aber ich fand die Kassette mit „Pretty Paracetamol“ und legte sie ein und drehte die Musik etwas lauter.

18 Uhr
    Dann standen Mollis Eltern im Türrahmen. Wir hatten es gerade geschafft, ein bisschen Leben in die Bude zu bringen und diese verklemmten Sportbegeisterten an das Partyleben heranzuführen, da tauchten Mollis alte Herrschaften im Edelweiß auf. Ich saß gerade ganz gemütlich in den Polstern. Es war einer dieser ausgezeichneten Augenblicke, wo alle ihr Bier hatten, und niemand nach der Toilette fragte. Es war ein himmlischer und kosmischer Augenblick der Ruhe und Zufriedenheit. Und dann tauchten ihre Eltern auf.
    „Mein lieber Schwan“, sagte ich. Molli erstarrte und rückte etwas von Jochen weg. Sie hatte fast auf seinem Schoß gesessen.
    „Haben Sie gut hergefunden?“, fragte ich die Eltern. Sie standen mit völlig ausdruckslosen Gesichtern da. Dann schaute ihr Vater mich an, und ihre Mutter drehte ihren Kopf im Halsscharnier hin und her und betrachtete alles mit unverhohlener Neugier. Der Vater trug einen Trenchcoat in beige, mit Verzierungen auf den Schultern und zweifach gesichertem Gürtel. Meine Ex-Schwiegermutter trug einen dunkelblauen Rock, der in den Sechzigern mal klasse gewesen sein dürfte, eine Weste aus Polyacryl und ein Tuch um die Schultern.
    „Willkommen im Café Edelweiß“, sagte ich, erhob mich und ging auf sie zu. Ich gab beiden gleichzeitig die Hand, wie beim Wahlkampf der Präsidentschaftsanwärter. Das heißt, ich nahm von beiden deren wie gelähmt herabhängende fleischige Körperteile, knetete sie einen Moment und ließ sie wieder fallen. „Was kann ich für Sie tun? Sie haben Glück, wir haben gerade noch einen Tisch frei, eigentlich vorbestellt, aber wir sind ja flexibel.“
    „Wie haben sie denn hierfür eine Konzession bekommen?“, fragte der Vater. Die Mutter entdeckte ihre Tochter. Molli stand wie ferngesteuert auf, ging auf die beiden zu, begrüßte und umarmte sie. Alle drei sahen sich an, und sie taten mir leid. Alle drei. Mir tun immer alle leid.
    „Was möchten sie trinken?“, fragte ich und nötigte sie, sich an meinen runden Esstisch zu setzen. Es lagen einige Pizzaschachteln vom Vortag darauf, die ich ineinander schob und oben auf ein Regal legte. „Bier?“, fragte ich hoffnungsvoll.
    „Du bist ja geschminkt“, sagte die Mutter völlig tonlos zu ihrer Tochter. Ich ging in die Küche und holte zwei Gläser. Ich wischte sie aus, spülte sie aus, wischte sie nochmal aus, goss Bier hinein und trug sie an den Tisch. Es war ein ziemliches Getümmel im Zimmer, die Musik spielte vor sich hin. „I go wild“, und dann: „Under my thumb“.
    „Wir waren gerade in der Gegend, und da dachten wir, dass wir uns mal anschauen, wo du immer so lange bist“, fing der Vater an seine Tochter gewandt an. Sie hatte ihnen außer der Telefonnummer auch noch die Adresse gegeben. Die richtige Adresse.
    Richard erhob sich und sagte: „Machen Sie sich keine Sorgen. Sie hat nicht mal gestöhnt.“ Er war bereits völlig betrunken. „Wissen Sie, ich habe hier schon den ganzen

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