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Titel: 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Luengen
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mit den Avocadofürzen um zwei Uhr morgens an die Wand gemalt, doch Molli hatte sich ziemlich darüber aufgeregt, obwohl es von Brautigan und nicht von mir war. Ich übermalte es und ersetzte es durch ein Neues. Ich glaube, ich wählte das Gedicht mit den Jobs, wo er und seine Freundin zufällig zur gleichen Zeit einen Job angeboten bekommen und am Ende des Monats unglaubliche fünf Dollar haben und sofort beide kündigen. Mein Gott, was machte sie eigentlich in der Küche?
    „Hier im Haus ist heute übrigens noch eine Party“, sagte Jochen dann. Mir wurde an diesem Tag bereits zum zweitenmal heiß. Ich begriff noch nicht die ganze Tragweite dieser Bemerkung, doch irgendwie spürte ich, dass ich niemals wieder ein Auto besitzen würde.
    „Tatsächlich?“, sagte ich.
    „Ja, meine Schwester ist dort eingeladen, genau die gleiche Adresse, doch hier stehen ja keine Namensschilder an den Türen.“
    „Nein“, sagte ich und spürte einen Herzinfarkt kommen.
    „Pat geht auf diese Fete“, schrie Molli aus der Küche. „Er hat gesagt, wir können auch hingehen, falls wir wollen. Ich habe ihm gesagt, dass wir hierbleiben würden und auf Bauer aufpassen.“
    „Was für ein Bauer?“, fragte Jochen.
    „Sein Kater“, schrie sie.
    „Ach so.“
    „Wie heißt deine Schwester?“, fragte ich.
    „Josefine, wieso?“
    „Hübscher Name. Ich sammele gerade Vornamen, weißt du? Für Gedichte, weißt du?“
    „Die Gedichte auf dem Klo?“
    „Genau die. Schreibst du auch Gedichte?“
    „Nein.“
    „Ich dachte, mit sechszehn schreiben alle Gedichte, um die Pickel zu vergessen. Total inspiriert vom goldlockigen Deutschlehrer, der andauernd den Handke aus der Schweinsledertasche zieht. Alle Deutschlehrer haben den gleichen Frisör wie Handke.“
    „Hör nicht auf ihn“, schrie Molli wieder.
    „Ich bin neunzehn“, sagte Jochen.
    „Bist wohl mal hängengeblieben.“
    „Nein“, sagte er schnell. Zu schnell. Ich hatte ihn.
    „Lass die blöden Scherze, Pat“, schrie Molli wieder, und dann: „Zu wem will deine Schwester denn?“
    „Sie wollte zu Jemandem, der Gutenheide mit Nachnamen heißt“, sagte Jochen beiläufig, „aber hier im Haus hat ja keine Tür ...“
    „Zu wem?“, schrie Molli dazwischen.
    „Gutenheide“, sagte der arme Jochen irritiert.
    „Ich heiße Gutenheide. Pat Gutenheide“, sagte ich möglichst unbeteiligt.
    „Wieso hast du seine Schwester eingeladen?“, fauchte Molli aus der Küche. Bauer hob den Kopf.
    „Aber bitte, meine Damen, immer mit der Ruhe“, sagte ich abwehrend zu den beiden. „Das muss eine Verwechslung sein. Richard macht heute eine Party hier in meiner Wohnung. Er hat mich darum gebeten. Da konnte ich nicht nein sagen. Er hat sie wohl auch eingeladen.“ Diese Konstruktion erschien mir logisch. Ich war sehr stolz. Es war wie beim Schachspiel, wo man seine Stellung immer wieder festigen muss, um nicht zu verlieren. Die Dame darf man verlieren, nicht jedoch den König.
    „Aber du hast gesagt, irgendwo im Haus steigt eine Fete. Nicht hier.“
    „Ja, ja.“
    „Und jetzt sagst du, die Fete steigt hier in der Wohnung.“
    „Das schließt sich ja nicht aus. Richards Glücks-Party, hab ich doch gerade erklärt. Was machst du eigentlich die ganze Zeit in der Küche?“
    Sie erschien im Türrahmen und jeder Blinde konnte erkennen, dass sie sich die ganze Zeit geschminkt hatte. Und jeder Blinde konnte ebenfalls erkennen, dass sie sich noch nicht sehr oft in ihrem Leben geschminkt hatte. Es war rührend. Sie bemerkte wohl meinen offen stehenden Mund, wurde etwas verlegen und sah Jochen an, doch der schien nichts Ungewöhnliches zu erkennen. Ein Ruck ging durch ihren Körper, und sie beschloss wohl, dass ihr Make-up ganz in Ordnung war.
    „O Scheiße“, erscholl es da aus dem Flur. Ich erkannte Richards Stimme. Leider erkannte ich sie. Ich ging im Geiste schnell meine nächsten möglichen Schachzüge durch.
    „Bring doch noch ein Bier mit“, rief ich Molli zu, um sie fort zu lotsen.
    „Nicht nötig. Das Glück hängt an meinen Armen“, keuchte Richard. Er nickte mir kurz zu und stellte zwei Kästen Bier in die Mitte des Raumes. Er atmete schwer. „Ich hab mir selbst das nötigste mitgebracht.“ Und, als Jochen ihn anstarrte, fügte er hinzu: „Für den Glücks-Abend.“
    „Alles klar, Richard?“, fragte ich, damit er mich ansah, und ich ihm unauffällig Zeichen geben konnte. Doch er bemerkte mich gar nicht, denn hinter ihm kam Oskar in die Wohnung mit einem Kasten Bier

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