Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)
Vom gesunden Abnehmen und anderen Mythen
Gibt man bei einem bekannten Onlinehändler das Suchwort »Diät« ein, erscheint auf dem Bildschirm folgende Information: 17171 Ergebnisse – so der Stand vom 7. Januar 2013 . Es sind, wenn man nur in der Rubrik »Bücher« sucht, allein in deutscher Sprache fast 10 0 00 Buchtitel erhältlich, in denen es ums Abnehmen geht. Nehmen wir an, jedes dieser Werke hat einen Umfang von 200 Seiten, dann ergibt das rund 200 Regalmeter Abnehmliteratur. So viel Lesestoff für einen simplen Lösungsansatz, der in endlosen Varianten von fast allen Autoren wiederholt wird: Wer mehr isst, wird dick, wer am Essen spart, wird dünn. Auf diesen einfachen Nenner lässt sich der Inhalt der meisten Diätratgeber bringen. Egal, ob Fette, Eiweiße oder Kohlenhydrate reduziert werden sollen oder ob statt eines Kalorienrechners den Lesern ein Punktesystem als Kontrollinstrument an die Hand gegeben wird – letztlich geht es bei jedem Diätprogramm um eine künstliche Beschränkung des Angebotes an Nahrungsenergie. Klingt ja auch logisch: Wer weniger isst, bleibt länger schlank. Aber wenn die Lösung des Problems mit dem Gewicht so einfach ist, warum dann so viele Bücher zum Thema? Ganz offenbar, weil das Problem des Abnehmens trotz der vielen Diätkonzepte in etwa so unlösbar erscheint wie das des Klimawandels (wobei das Lese-Interesse an Schlankheitsthemen offenbar deutlich größer ist; zum Klimawandel hat der Online-Buchhändler nämlich lediglich rund 2700 Titel im Angebot). Anders ausgedrückt: Dass so viele Bücher übers Abnehmen geschrieben, verlegt und gekauft werden, lässt zwei Schlüsse zu: Erstens – die Sehnsucht abzunehmen ist riesig; und zweitens – Diätbücher sind dabei offenbar keine große Hilfe. Diätliteratur bedient lediglich die Sehnsucht vieler Menschen, den eigenen Körper zu verändern, mittels der Illusion, dass dies mit Hilfe des Buchs, das man gerade gekauft hat, gelingen kann. Dass Diäten und Diätbücher eine sinnvolle Strategie darstellen, um das Körpergewicht in eine gewünschte Balance zu bringen, ist einer der Mythen, die sich ums Abnehmen ranken und um die es in diesem Buch geht.
Man kann im Zusammenhang mit Diäten und der dazugehörigen Literatur durchaus auch von einer Art Konditionierung sprechen: Kaum annonciert ein Autor eine neue, interessant und vielversprechend klingende Diät, greifen wir reflexartig zu, in der Hoffnung, dieses Mal die richtige Methode zu bekommen. In diesem Dickicht der Diäten und Ratgeber haben die meisten Menschen – so scheint es – längst den Durchblick verloren. Statt nach Ursachen fürs Dickwerden zu forschen, wollen alle das schnelle Patentrezept. Statt die richtigen Fragen überhaupt erst zu stellen, zählt offenbar nur eines: Antworten – und die möglichst schnell und einfach.
Wahrscheinlich ist spätestens nach diesen einleitenden Sätzen allen Lesern klar, dass dieses Buch kein Diät-Ratgeber ist. Wer darauf hofft, hier die eine schnelle, gesunde und nachhaltige Abnehmstrategie zu finden, den muss ich enttäuschen. Denn die Wahrheit ist – so betrüblich das sein mag –, einen schnellen und einfachen, gesunden und somit ungefährlichen Weg zum Dünnerwerden und Dünnerbleiben gibt es nicht, und wer ihn dennoch verspricht, verschweigt die Wahrheit.
Lohnt es sich jetzt überhaupt weiterzulesen? Ja – jedenfalls für jeden, der seinen Blick weiten und wissen möchte, was dahintersteckt, wenn sich das eigene Körpergewicht verändert, warum manche dick werden und andere schlank bleiben. Wer weiterliest, wird neue und durch aktuelle Ergebnisse der Hirnforschung untermauerte Antworten auf diese Fragen finden.
Die Antworten sind allerdings nicht nur erhellend, sondern auch unbequem: Sie zerstören die Vorstellung, dass Abnehmen nur eine Frage von Disziplin und Willensanstrengung ist. Sie machen deutlich, dass Ärzte jeden Tag Patienten aufgrund ihres Gewichts falsch behandeln – und dass diese Patienten millionenfach unsinnige Medikamente einnehmen, die nicht nur teuer sind, sondern auch der Gesundheit schaden können. Sie verdeutlichen, dass Diäten und Diätprodukte ein Milliardengeschäft sind – fragwürdig, gesundheitsschädlich und gefährlich. Wer diese Abnehmhilfen anwendet, nimmt – unwissentlich – Risiken in Kauf, die so lebensverkürzend sein können wie Rauchen oder exzessiver Alkoholkonsum.
Es gilt allerdings auch endlich die Frage zu klären, wer die weltweit epidemische Gewichtsproblematik
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