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1801 - Die Herreach

Titel: 1801 - Die Herreach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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werden. Kummerog hat sich angemeldet, aber erschienen ist er nicht. Dazu bedarf es offenbar einer weiteren Anstrengung. Wir müssen zum Tempel zurück. Und wir sollten uns schützen, denke ich."
    „Schützen?"
    „Mit Kleidung", erläuterte sie geduldig. „Wir werden so schnell wie möglich in der Schneiderei Kutten herstellen lassen, mit denen wir die Köpfe bedecken. Diese Kutten müssen außerdem sehr warm sein."
    Einer der Mahner, der mit dem verletzten Nas-Organ, fragte: „Aus welchem Grund? Draußen ist es heiß geworden, nicht kalt!"
    Sie musterte den anderen, bis er sich unter ihren Blicken wand. „Ich fürchte, daß du nichts gelernt hast.
    Wie lange wird es dauern? Wird auch der zweite Teil der Prophezeiung Wirklichkeit? Oder war das alles, was glaubst du wohl?"
    „Ich ..."
    „Vielleicht ist es sehr bald soweit. Noch ist es strahlend hell. Bald wird es vielleicht über der ganzen Stadt so dunkel wie in einer Kammer ohne Licht. Es wird kalt werden. Wir sollten froh sein, wenn wir etwas haben, das uns wärmt."
    „In der Dunkelheit finden wir uns nicht zurecht."
    „Ein berechtigter Einwand", sagte Presto Go nachdenklich, „aber nicht entscheidend. Wenn wir die Kellergewölbe betreten, dann benutzen wir Fackeln, um den Weg zu finden. Solche Fackeln benötigen wir! Und zwar so viele wie möglich."
    Während die anderen verschwanden und hektische Betriebsamkeit entwickelten, stand Presto Go regungslos an der Scharte. Moond lag in der Apathie des Todes da. Im Verlauf einiger Stunden beobachtete sie, daß die leuchtende Scheibe am Himmel wanderte. Sie sank nach unten, berührte den Horizont und tauchte den städtischen Smog in Farbkaskaden.
    Im Grunde war’s ein wunderschönes Schauspiel. Ein erhabener Glanz als Leichentuch, besonders als die Scheibe ihre brutale Leuchtkraft zu verlieren begann.
    Die uralte Szonkar-Doktrin fiel ihr wieder ein, die Theorie von fernen Welten. Was, wenn die Scheibe eine solche Fremd-Welt darstellte?
    Es wurde dunkel, immer dunkler, und für kurze Zeit war das gewohnte Zwielicht wiederhergestellt. Was sie vorausgesagt hatte, traf wirklich zu. Die Dunkelheit einer geschlossenen Hütte senkte sich über Moond, es wurde merklich kälter. Ein Windhauch ließ die Künderin erzittern, diesmal nicht vor Angst, sondern fröstelnd.
    Was, wenn sich ausgerechnet jetzt ein Sturm erhob?
    Der zweite Windstoß folgte sogleich. Er war stärker als der erste und brachte verbrannten Geruch von irgendwo.
    Presto Go rief nach ihrem Gewand. Was die Mahner brachten, ähnelte einer notdürftig zusammengeflickten Robe mit Kapuzenteil, doppelt genäht, aus schwerem Stoff. Alle trugen dasselbe Kleidungsstück, sie in Gelb, die Helfer in Violett.
    Eine Frau transportierte zehn Fackeln in einem Korb. So gerüstet betraten sie das Freie. Sie zündeten die Fackeln an und bewegten sich langsam die Straße entlang, über die Brücke, sogen den Gestank des Taumond als vertrautes, Sicherheit vermittelndes Detail in sich hinein.
    „Seht!"
    „Was denn?"
    „Seht ihr nicht? Am Horizont und überall!"
    Die Himmelswirbel blieben verschwunden. Dafür erstrahlten Millionen Punkte von oben. Sie waren alle ganz klein, sie funkelten und erinnerten entfernt an Diamantsplitter, die man in die Luft warf. Vor Urzeiten hatte Presto Go das Labyrinth von Norrfa besucht; unter anderem die berühmte Spielzeugkammer des A-Jin-Di. Der Himmel über Moond und der Anblick in der Spielzeugkammer wirkten identisch.
    Presto Go ließ die Fackeln löschen. Das Licht vom Himmel war trüb, aber es reichte zur Orientierung.
    Sie erreichten den Tempelplatz, ohne daß es einen Zwischenfall gegeben hätte. Mit einem völlig neuen Gefühl von Ehrfurcht starrten sie auf das kilometerhohe Gebilde, auf die strahlend hell erleuchtete, im Dunkeln weithin sichtbare Pforte.
    „Was nun?" fragten die Mahner.
    Sie legte das Nas-Organ in tiefe Falten, für einen Moment unentschlossen, dann sagte sie: „Wir gehen hin und sehen uns die Dinge noch einmal an."
    Der Weg zum Tempel war zwei Kilometer weit. Ihre Schritte wirkten schaukelnd, ungelenk, von unbewußter Furcht gehemmt. Einige Dutzend Leichen waren liegengeblieben, die meisten in der Nähe der Pforte, am unsichtbaren Vorhang. Kühle Windstöße trieben den Leichengeruch auseinander.
    Sie standen lange da und schauten nur, Presto Go ebenso wie ihre Mahner. Alle Weisheit reichte nicht weiter als bis an diesen Punkt.
    Währenddessen tauchten Gestalten aus dem Dunkel, mit denen keiner gerechnet

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