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1805 - Arsenal der Macht

Titel: 1805 - Arsenal der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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schrillen Farben, wirbelnden Strukturen und irrlichternden Erscheinungen. Nur für winzige Augenblicke bietet sich dem Auge etwas dar, was man erkennen kann, noch immer vage, aber um so beeindruckender.
    Sterne kann ich erkennen, große, kleine, grell strahlende und solche, deren atomare Glut nur noch zu düsterrotem Glimmen reicht. Planeten wirbeln mit unerhörter Geschwindigkeit um diese Gestirne, Ringe aus Eis und kosmischem Staub blitzen für eine Zehntelsekunde auf, um dann wieder anderen Erscheinungen Platz zu machen. Schwarze Löcher kann ich ausmachen, Galaxien bilden sich vor meinen Augen, ballen sich zusammen, trudeln, fasern auseinander; die klassische Spiralform entsteht und vergeht sofort wieder.
    Mir ist nicht ganz klar, was ich da sehe.
    Ist dies eine Momentaufnahme der Schöpfung, einer Schöpfung? Die vielleicht jetzt, in diesen Augenblicken, da ich die Brücke in die Unendlichkeit beschreite, irgendwo in einem nicht näher bestimmten Kontinuum stattfindet?
    Blicke ich vielleicht tief hinein in die Vergangenheit unseres Universums, in jene sagenhafte Zeit, in der alles begonnen hat - Milliarden von Jahren vor unserer Zeit, als sich aus Energie zuerst Materie, dann aus Materie Sonnen und Planeten gebildet haben, auf denen, viel, viel später, dann das Leben zu keimen begann?
    Was sehe ich? Vergangenheit? Zukunft? Gegenwart? Ich vermag es nicht zu sagen. Mir bleibt nur, mit wachen Sinnen in dieses Geheimnis hineinzulauschen. Immer nur für Sekunden formt sich ein klares Bild, um alsbald zu vergehen und neuen Eindrücken Platz zu machen.
    Ich blicke meine Gefährten an. Erleben sie das gleiche wie ich? Sind auch sie gebannt von diesem einzigartigen Anblick?
    Keineswegs. Ihre Mienen sind mürrisch, verdrossen; das Unwohlsein, das sie empfinden, ist ihnen an den Stirnen geschrieben.
    Ich bleibe stehen.
    Dies alles gefällt mir, und ich habe auch eine vage Ahnung, warum dem so ist.
    Es ist, als spüre man den Hauch des Schöpfers durch den Kosmos wehen. Einen Augenblick wie diesen hat ein normaler Sterblicher wie ich niemals zuvor erleben dürfen, jedenfalls keiner, den ich kenne.
    Oh, gewiß, ich bin kein normaler Sterblicher, aber immerhin sterblich. Der Zellaktivator in meinem Körper verhindert nur Alterung, Krankheit und Vergiftung; er ist keine dauerhafte Versicherung gegen den großen Gleichmacher Tod. Ihm sind wir alle unterworfen.
    Ist dies das Bild, das sich unserem alten Freund ES darbietet, wenn er in sich hineinlauscht, seine Gedanken von Ewigkeit zu Ewigkeit schweifen läßt und überlegt, wo, wann und mit welchen Mitteln er vielleicht eingreifen möchte in dieses wirbelnde, brodelnde, strudelnde Treiben?
    Ich verharre, gehe zum Rand des Stegs und setze mich.
    „Bist du verrückt geworden?" schilt mich Reginald Bulle ärgerliche Stimme. „Wenn du den Halt verlierst, Perry?"
    Ich lasse die Beine baumeln, in die Unendlichkeit hinein. Ich schmunzele still. Es ist ein eigentümliches Gefühl.
    Ich stoße heftig den Atem aus, sehe, wie er den Nebel vor mir durch seine Bewegung aufreißt und in diesen bizarren Kosmos eindringt. Abermals ist etwas zu sehen, das einer Galaxie ähnelt, nun aber durchwoben von dem glitzernden Dunst, den mein Atem erzeugt; er scheint zu neuen Sternsystemen auszukristallisieren, sich in diese Schöpfung als neues Element einzufügen.
    Und ich ahne: Würde ich einfach loslassen, hineinfallen in dieses Kontinuum, würde mein Körper zerstäubt wie mein Atem und sich auf diese Weise in die Schöpfung integrieren. So betrachtet, muß ich Bully recht geben - die Sache ist nicht ganz ungefährlich.
    Ich lache halblaut. Dennoch, es gefällt mir ...
    „Laß uns von hier verschwinden, Perry, bevor ein Unglück passiert", drängt nun auch Alaska Saedelaere.
    „Nur noch eine kleine Weile", bitte ich meine Gefährten.
    Eine ungeheure Zuversicht breitet sich in mir aus. Ich fühle, daß ich alles, was es im Universum zu sehen gibt, eines Tages sehen werde, mag der Tag auch noch so fern sein. Ich bin sicher, daß meine Zeit dafür reichen wird, ja, mir will scheinen, als liege eine buchstäblich unendliche Spanne Leben vor mir, die es auszufüllen gibt; und als sei diese Brücke in die Unendlichkeit - denn um diese handelt es sich wohl - jener Pfad, den ich zu beschreiten haben werde.
    Dieser Steg, wer immer ihn geschaffen hat, zu welchem Zweck auch immer, verbindet alle Räume, alle Zeiten miteinander. Jedes Wesen hat in diesem Kontinuum seinen Platz, alles ist von hier aus

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