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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Parfait, wie es das Fräulein so liebt, habe ich leider nicht die Zutaten. Sie wissen ja, die Handelssperre …«
    Was waren das nur für Zeiten!, dachte die Köchin voller Grimm und zog sich energisch die weiße Haube zurecht. Eher geeignet für Totengräber als für unsereinen. Zuckerersatz aus Stärke und Runkelrüben, Kaffeeersatz aus Kastanien, pfui Teufel! Und jetzt wird auch noch das Salz knapp …
     
    Lisbeth konnte kaum bis zum ersten Treppenabsatz gekommen sein, als die Gerlachs und ihre Nichte jemanden heraufpoltern hörten. Augenblicke später wurde die Tür aufgerissen.
    Eduard, der jüngere Sohn des Druckerpaares, mit zerzaustem blondem Haar und Sommersprossen, erschrak ein wenig, als er seinen Vater sah. Er hatte sich bei den Botengängen beeilt, um heimlich noch ein wenig Zeit bei Lisbeths jüngsten Söhnen und den Pferden zu verbringen, denn er träumte davon, hoch zu Ross durch die Stadt zu reiten und von den Mädchen bewundert zu werden. Aber er war der Sohn eines Buchdruckers und würde also auch Buchdrucker werden. Dabei wäre er viel lieber ein stolzer Husar in prächtiger Uniform!
    Mit Blick auf seine derangierte Kleidung entschuldigte er sich eiligst für seinen unangemessenen Auftritt und platzte dann heraus: »Jette, ich hab gehört, dass du da bist! Was für eine schöne Überraschung!«
    Eduard strahlte seine Cousine mit großen blauen Augen an, und es war nicht zu übersehen, dass er sie am liebsten umarmt hätte. »Ich bin gewachsen, siehst du? Jede Wette, dass ich jetzt größer bin als du. Vielleicht ziehe ich bald in den Krieg!«
    »Du ziehst nirgendwohin als in dein Zimmer, um dich zu waschen und die Kleider zu wechseln«, wies ihn die Mutter streng zurecht. »Wo bist du nur wieder herumgestreunt? Wie ein Landstreicher siehst du aus! Wir essen in einer halben Stunde.«
    Offensichtlich hatte sich der Junge wieder einmal bei Karl und Anton im Stall herumgetrieben und glaubte, seine Mutter wüsste nichts davon. Als ob ihr so etwas entgehen könnte! Ihr graute schon bei dem Gedanken, was wohl dabei herauskommen würde, wenn die drei auch noch den kleinen Franz in ihre wilde Runde aufnahmen.
    Dass er vor seiner Cousine zurechtgewiesen wurde, die er doch beeindrucken wollte, war Eduard höchst peinlich. Verräterische Röte schoss ihm ins Gesicht. Um sich nicht noch mehr zu blamieren, wollte er rasch verschwinden, aber dann fiel ihm etwas Wichtiges ein.
    »Vater, unten wartet der Ludwig. Er sagt, er könne mit dem Setzen beginnen, wenn die Texte vom Zensor genehmigt sind.«
    »Die Seiten!« Unwirsch schlug sich Friedrich Gerlach an die Stirn. »Wie konnte ich das vergessen! Die liegen immer noch in der Diele, glaube ich. Ich gehe schon …«
    Auch wenn kriegsähnliche Zustände herrschten – die Zeitung musste erscheinen. Er hatte noch nie eine Ausgabe ausfallen lassen.
    In seiner Eile entging Meister Gerlach und auch seiner sonst so scharfäugigen Frau, dass über Jettes Gesicht ein zartes Rot huschte, als sie den Namen des besten Schriftsetzers hörte, den die Gerlachsche Druckerei je hatte. Am liebsten wäre sie unter einem Vorwand hinuntergegangen, um ihn zu sehen. Er war noch jung, sah gut aus mit seinen dunklen Haaren, und er war stets auf eine Art freundlich zu ihr, die ihr das Herz wärmte, weil sie ohne Falschheit und ohne Unterwürfigkeit war. Aber da sie nur einen Morgenmantel trug, noch dazu einen viel zu großen, kam das leider nicht in Frage.
    »Komm, Liebes, wir decken inzwischen den Tisch!«, meinte Johanna geschäftig und rückte die Vase mit den Maiglöckchen zurecht. Krieg hin oder her – es war Frühling, das bedeutete immer auch Hoffnung.
    Das Eindecken würde sonst natürlich das Dienstmädchen übernehmen, aber Nelli flickte und wusch die arg mitgenommenen Kleider der beiden Neuankömmlinge, damit sie morgen wieder trocken waren. Und außerdem wollte sie Jette ablenken. Etwas Schönes! Etwas Alltägliches! Nur nichts von Krieg und all diesen schlimmen Dingen.
    »Hier, schau, diese silberne Schale war ein Geschenk zu meiner ersten Hochzeit, Gott hab meinen guten Barthel selig«, fing sie zu plaudern an, während sie und Henriette die Messer, Gabeln und Löffel auf dem Tisch verteilten. »Wie unglücklich war ich, als er starb. Da stand ich nun da mit meinen jungen Jahren – und was sollte aus der Druckerei werden? Aber dann hat Gott alles so wunderbar gefügt. Ich heiratete deinen Onkel, und jetzt ist Graz und Gerlach nicht nur eine Druckerei und verlegt sogar die

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