Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
Schriften der berühmtesten Freiberger Gelehrten, sondern führt auch eine respektable Buchhandlung. Siehst du, Liebes, man darf nur die Hoffnung nicht verlieren! Ganz gleich, wie schlimm es kommt.«
     
    Wenig später saßen die drei Gerlachs gemeinsam mit Henriette am Tisch. Sie hatten beschlossen, Franz schlafen zu lassen, das sei das Beste für ihn.
    »Wenn er aufwacht, ist die Welt wieder in Ordnung«, prophezeite Johanna sehr bestimmt.
    »Was ist hier in den letzten Wochen geschehen?«, fragte Jette, während die Familie Hühnerbrühe mit Mehlklößchen löffelte, die es als Vorspeise gab.
    Johanna antwortete sofort, um ihren Mann gar nicht erst zu Wort kommen zu lassen. Hier sollte heute nicht vom Krieg geredet werden!
    »Stell dir vor, wir hatten am Donnerstag sogar
zwei
Majestäten auf einmal in der Stadt!«, berichtete sie aufgeregt, wobei sie die Augenbrauen hochzog und sich nach vorn über den Tisch beugte, ihrer Nichte entgegen. »Den russischen Kaiser Alexander
und
den preußischen König Friedrich Wilhelm. Unser sächsischer König ist ja in Prag … des Krieges wegen, weil doch nun die Alliierten in Dresden eingerückt sind … Gott schütze ihn, auch wenn er ein Katholik ist in diesem lutherischen Land!«
    Sie richtete die Augen kurz gen Himmel und fuhr dann im Plauderton fort: »Was für einen Jubel es gab! Und dein Onkel hat schönes Geld verdient an den Bildern der beiden Majestäten, die er drucken ließ. Obwohl die Porträts des Zaren – ich muss schon sagen, ein stattlicher Mann! – deutlich besser gingen als die des preußischen Königs. Der zeigte ja nicht das geringste Lächeln.«
    Ein überdeutliches Stirnrunzeln drückte Johannas Missbilligung für solche Unhöflichkeit aus. »Wenn ich dagegen an den Besuch Napoleons in der Stadt denke, letztes Jahr im Mai … Meine Güte, es goss in Strömen, die Menschenmassen standen trotzdem von Mittag an auf dem Obermarkt und warteten. Hunderte Bergleute zur Parade, die tagelang geprobt hatten – und dann kam der Kaiser erst gegen fünf und blieb nur eine Stunde«, fuhr sie entrüstet fort.
    »Außerdem hielt er die Bergleute mit ihrer Parade für die Bürgerwehr, für eine Miliz«, warf Eduard ein und kicherte. »Die Leute sollten die Bilder vom Zaren und vom Preußenkönig lieber abnehmen und verstecken, wenn in ein paar Tagen die Franzosen erneut in der Stadt einrücken«, stichelte er weiter, »und stattdessen das alte Napoleon-Porträt wieder aufhängen.«
    Mit einem überdeutlichen Klirren legte Johanna den Löffel auf den Rand des Suppentellers.
    »Wie kannst du nur?«, entrüstete sie sich. Erstens wusste der Junge nur zu genau, dass man nicht über die Kundschaft herzog, und außerdem sollte bei Tisch nicht von Krieg und Politik gesprochen werden. Nun hatte dummerweise ihr Nichtsnutz von einem Sohn die Sprache direkt auf das heikle Thema gebracht, das sie so dringend vermeiden wollte.
    »Du solltest wie wir alle dankbar sein, dass wir das Geschäft mit solchen Sonderdrucken über Wasser halten können«, rügte sie ihn streng. »Jedermann weiß, wie schwer es geworden ist, Bücher zu drucken – und sie vor allem auch noch zu verkaufen. Wer kann sich heutzutage noch ein Buch leisten? Und wer will eines lesen in dieser schrecklichen Zeit?«
    Eduard sah seine Mutter schicksalsergeben an und atmete insgeheim auf, dass die Strafpredigt vorbei war. Zu früh.
    »Falls sich tatsächlich die Russen und Preußen weiter zurückziehen und die Franzosen wiederkommen, werden wir das schon irgendwie überstehen«, fuhr Johanna energisch fort. »Schließlich sind Franzosen und Sachsen Verbündete. Jedenfalls auf dem Papier. Es wird schon nicht so schlimm werden. Bete lieber, dass sie in der Stadt keines dieser Flugblätter mit Spottbildern von Napoleon finden, die überall kursieren! Dann wird man nämlich uns verdächtigen, sie gedruckt zu haben. Denk nur an den armen Buchdrucker Palm!«
    Das war ein Nürnberger gewesen, der wegen der Veröffentlichung der franzosenfeindlichen Schrift
Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung
zum Tode verurteilt und exekutiert worden war. Jeder – zumindest jeder in diesem Gewerbe – kannte seinen Namen.
    Voller Sorge blickte Johanna auf ihren Mann, bevor sie die Suppe betont langsam zu Ende löffelte. Irgendwie hatte es ihr nicht nur den Appetit verschlagen, sondern auch die Sprache, was äußerst selten vorkam.
    »Und,
hast
du sie gedruckt?«, fragte Henriette hingegen voller Neugier den Onkel.
    »Jedes Wort, jede

Weitere Kostenlose Bücher