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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Mann, der vor seinen Augen starb, da starb auch ein Stück von Johann Adolph von Thielmann. Von den eintausendsechshundertfünfzig Sachsen unter seinem Kommando brachte er kaum dreißig zurück in die Heimat.
    Abgemagert und wund an Leib und Seele, traf er wieder in Dresden ein. Und war sprachlos vor Fassungslosigkeit und Zorn, als ihm sein Freund Körner das 29 . Bulletin der Grande Armée vorlegte, in dem Napoleon erstmals das Ausmaß seiner Niederlage in Russland eingestand.
    »Bis zum 6 . November war alles bestens, und dann besiegte uns der strenge Frost?!«, hatte Thielmann geschrien, die Ausgabe des
Westphälischen Moniteur
zusammengeknüllt und zu Boden geworfen. »Lüge! Ich war dabei! Der strenge Winter kam erst im Dezember! Den ganzen November lang sind wir durch feindliche Angriffe und vor Hunger krepiert, trotz der Kälte!«
    Nun endlich verstand er diejenigen, die wie sein einstiger Freund Miltitz darauf gedrängt hatten, dass sich Sachsen von Napoleon löse, dass sich die deutschen Staaten gegen ihn zusammenschließen und erheben mussten.
    Wie hatten sie darüber gestritten, als Thielmann zum Bewunderer Napoleons geworden war! Miltitz’ Begeisterung für die Französische Revolution – er hatte sich sogar als Freiwilliger für die französische Revolutionsarmee gemeldet – war bereits angesichts der blutigen Exzesse während der Tage des Terrors erloschen.
    »Erkennen Sie nicht diese Anmaßung? Mit einem Federstrich löste Bonaparte das deutsche Kaiserreich auf, das Heilige Römische Reich Deutscher Nation!«, hatte der Freund ihm leidenschaftlich vorgehalten. »Jetzt ist Sachsen sein Vasallenstaat.«
    »Das alte Reich war längst zerfallen, eine Ansammlung kleiner und kleinster Besitztümer, in denen eitle Fürsten versuchten, sich gegenseitig an Prunk zu überbieten, und ihre Länder und Untertanen damit an den Abgrund trieben«, hielt Thielmann dagegen. »Fast jedes Dorf hatte seine eigenen Maße und Gewichte, alle paar Schritte kam ein Schlagbaum, an dem Zollgebühren erhoben wurden. Wie sollte das die Wirtschaft und den Handel voranbringen?«
    Sein Freund Miltitz wandte sich enttäuscht von ihm ab. »Sie sind verblendet. Ich erkenne Sie nicht wieder. So sinnvoll Gewerbefreiheit, Meter, Kilo und der Code Civil auch sein mögen – wenn einer das deutsche Kaiserreich auflöst, dann möge das bitte sehr ein Deutscher sein und kein Franzose.« Bitter hatte Miltitz aufgelacht. »Immerhin schaffte es Napoleon, wenn auch unfreiwillig, dass wir Deutsche uns endlich zusammenfinden. Denken Sie darüber nach!«
    Seitdem waren sie sich aus dem Weg gegangen. Inzwischen war Miltitz dem Korps Wintzingerode der Kaiserlich-Russischen Armee beigetreten und hatte nach allem, was Thielmann wusste, bereits auf deren Seite in Großgörschen gekämpft.
    Ich bereue zutiefst, dass ich so blind war, dachte der Festungskommandant. Doch diesen Weg – überzutreten – kann ich nicht gehen. Noch nicht. Ich habe meinem König Treue geschworen und muss hier versuchen, hier, auf diesem Posten, das Schicksal zu wenden. Ich bin bereit zu handeln. Auch wenn ich nicht an den bewaffneten Volksaufstand in Sachsen glaube, wie Miltitz ihn auslösen und dafür schon nach preußischem Vorbild sächsische Kompanien aufstellen will.
    Dass Torgau eine Enklave geworden war, in der nicht Napoleon das Sagen hatte, sondern der König von Sachsen, erfüllte den Gouverneur mit Stolz und eröffnete ihm Möglichkeiten des Handelns nach eigenem Gewissen.
    Er suchte Kontakt zu Scharnhorst, Gneisenau, Blücher , Yorck, Kleist, vom Stein und Wittgenstein, machte ihnen deutlich, dass es in Sachsen Männer gab, die willens waren, die Seiten zu wechseln und zum Nutzen Deutschlands ein Bündnis mit den Alliierten einzugehen. Das tat er mit Einverständnis seines Königs, dem er ausführlich Bericht erstattete und der ihn für sein Vorgehen lobte.
    Sein größtes Geschenk war endlich die schriftliche Order des Königs, er solle Torgau niemandem übergeben und keine Truppen einlassen, außer auf ausdrücklichen Befehl des Königs von Sachsen oder des Kaisers von Österreich. Darauf konnte er sich berufen, als er Davouts Truppen den Einmarsch verweigerte. Sonst wäre die Sache damals schon blutig ausgegangen.
    Ich muss einfach nur Zeit gewinnen, damit unser König endlich zu einem Entschluss kommt, dachte er – ob er zu den Alliierten überwechselt oder sich mit Österreich verbindet, dessen Haltung noch undurchsichtig ist. Offiziell gehört es zu

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