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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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preußischer Generäle als Kompliment zu werten«, antwortete Thielmann mit undurchdringlicher Miene.
    Das Lächeln auf den Zügen seines langjährigen Vorgesetzten erlosch.
    »General, Sie waren schon immer recht eigensinnig, wenn auch dem Kaiser bis vor kurzem treu ergeben. Glauben Sie, wir wissen nicht, dass Sie Korrespondenz mit den Russen und Preußen führen, dass Sie letzten Monat die beiden feindlichen Herrscher sogar in Dresden getroffen haben?«
    Thielmann war nicht überrascht. Er hatte schon kurz nach Übernahme des Torgauer Kommandos zwei Männer aus der Festung entfernen lassen, die er verdächtigte, geheime Berichte über sein Tun an die Franzosen zu schicken. Und eine Audienz beim Kaiser von Russland und dem König von Preußen ließ sich wohl kaum geheim halten.
    »Ich handelte im Auftrag meines Königs«, antwortete er.
    »Thielmann, Sie wissen, ich habe mich beim Kaiser immer für die sächsischen Truppen eingesetzt, auch wenn mir das nur Nachteile brachte«, beschwor ihn Reynier. »Ich will Ihren Hals retten. Lenken Sie ein, sonst wird das für Ihre militärische Laufbahn drastische Folgen haben!«
    »Dann muss ich mich dem stellen.«
    »Sie setzen auf das falsche Pferd, Thielmann!«, beharrte der Befehlshaber des Siebenten Korps der Grande Armée, der ausgerechnet diesen tapferen General nicht verlieren wollte. »Russen und Preußen rennen vor uns davon, noch schneller, als wir ihnen folgen können – und wir sind
sehr
schnell, wie Sie wissen. Morgen wird der Kaiser wieder in Dresden einziehen. Sie wissen, was das bedeutet.«
    Als Thielmann schwieg, musterte Reynier die Gesichtszüge seines Gegenübers und fuhr eindringlich fort: »Dort auf dem Hügel steht mein gesamtes Siebentes Korps, in dem einst auch Sie gekämpft haben und dem Sie auf Befehl des Kaisers ab sofort wieder zugehörig sind. Und ein paar Meilen östlich von uns rückt Marschall Ney mit seinen Männern an. Denken Sie wirklich, Sie könnten sich uns widersetzen?«
    Der Festungskommandant Generalleutnant von Thielmann wandte sich zu seinen berittenen Begleitern um, die allesamt zu ihm blickten. Mit dem Kopf wies er in Richtung der Befestigungswerke.
    »Wollen Sie es darauf ankommen lassen? Sämtliche Geschütze sind feuerbereit. Ich habe befohlen, das Feuer zu eröffnen, sollten Sie Ihre Truppen auf Torgau in Marsch setzen. Dann werden Sie herausfinden, wie viele Kanonen wir wirklich haben. Die Antwort wird Ihnen nicht gefallen.«
    »Auch wir führen Artillerie mit«, entgegnete Reynier schroff. »Wollen Sie Torgau tatsächlich in Schutt und Asche legen lassen? Vors Kriegsgericht gestellt werden? Ich weiß, dass Sie ein tapferer Mann sind, zu allem entschlossen. Aber bisher waren Sie auch immer ein besonnener Mann, wenn es darum ging, Ihren Untergebenen unnötige Opfer zu ersparen. Sie haben fünftausend Zivilisten in Torgau, wenn ich exakt informiert bin.«
    »Sie
sind
exakt informiert«, entgegnete Thielmann ruhig. »Auch wegen dieser fünftausend Zivilisten werden meine Kanoniere jeden Schuss sorgfältig ausrichten. Torgau bleibt sächsisch, das ist der ausdrückliche Befehl meines Königs. Ich habe Blücher nicht eingelassen, die Russen nicht, und ich werde auch Sie nicht einlassen. Niemanden.«
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen zwischen den beiden Generälen. Keiner von ihnen unternahm Anstalten, das Gespräch durch eine versöhnliche Geste oder Miene in freundlichere Bahnen zu lenken.
    Dann machte Reynier eine ungeduldige Handbewegung und schüttelte den Kopf. »Thielmann, ich kenne Sie nicht wieder. Was ist aus Ihnen geworden? All die Jahre haben Sie treu dem Kaiser gedient …«
    »Ich diene meinem König.«
    Reynier schien das zu überhören.
    »Ich habe Sie in Borodino erlebt. Keiner kämpfte mit mehr Mut! Ich habe gesehen, wie Sie an der Spitze Ihrer Männer gegen die Große Schanze stürmten …«
    »Sie hätten Borodino besser nicht erwähnt«, erwiderte der Generalleutnant eisig, und auf seiner bisher steinernen Miene verschärfte sich der bittere Zug.
    Da Reynier auch in Russland die meisten sächsischen Regimenter unter seinem Kommando gehabt hatte, erkannte er an Thielmanns Gesicht und Tonfall, was in jenem vorging, und schalt sich in Gedanken für die letzten Worte.
    »Ich habe keinerlei Anlass, an Ihrem Mut und Ihrer Entschlossenheit zu zweifeln, alter Freund«, sagte er leise. »Sie bleiben also bei Ihrem Entschluss?«
    »Der ausdrückliche Befehl meines Königs lautet, keinerlei Truppen in die Festung

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