1820 - Intrige auf Trokan
Kantor ihm ungerührt entgegen. „Der Shredder’besteht aus zwei Komponenten. Zunächst einmal werden die Triebwerke in allen drei Achsen von einem Zufallszahlengenerator beeinflußt. Mal positiv, mal negativ, mit großer Wirksamkeit. Bei Lichtgeschwindigkeit bewirkt eine Geschwindigkeitsveränderung von -einem Prozent immerhin eine Abweichung von rund dreitausend Kilometern. Und da alle unsere Waffensysteme, die Transformkanonen im Moment der Bombenexplosion eingeschlossen, nur lichtschnell arbeiten, reicht diese Aberration für Fehlschüsse völlig aus.
Die Trefferwahrscheinlichkeit sinkt jedenfalls beträchtlich."
„Und der zweite Faktor?"
„Mit einer anderen Komponente wird der Hyperraum im Umkreis von 250 Kilometern um das jeweilige Schiff verwürfelt und zerhackt, daher der Name Shredder. Das Resultat ist, daß unsere Ortung gar nicht mehr in der Lage ist, Impuls und Ort des Gegners genau anzumessen beides zusammen läßt das Treffen zu einem reinen Glücksspiel werden. Genau so, wie wir es bei den bisherigen Gefechten erlebt haben."
„Das klingt, als ließe sich dagegen nicht das Geringste machen", sagte Cistolo Khan bitter.
Myles Kantor wiegte den Kopf.
„Die Gesetze der Natur sind auf unserer Seite", versetzte er schmunzelnd. „Es gibt nämlich in Wirklichkeit gar keine Zufallszahlen, jedenfalls keine künstlich gemachten. Nicht einmal NATHAN ist in der Lage, wirkliche Zufallszahlen zu liefern."
„Das verstehe ich nicht", stieß Cistolo Khan kopfschüttelnd hervor. „Keine Zufallszahlen?"
„Der Grund dafür ist sehr einfach. Jede Art von Zufallszahlengenerator, mag er auch noch so vertrackt sein, beruht letzten Endes auf einem Algorithmus, also einer gesetzesgleichen Rechenvorschrift. Anders kann ein Rechner, ein primitiver ebenso wie eine Syntronik, ja gar keine Zufallszahlen erzeugen."
„Wenn das so einfach wäre, könnte schließlich jeder Besitzer einer einfachen Positronik jedes Roulettespiel gewinnen, jede Lotterie und dergleichen."
„Richtig", stimmte Myles Kantor zu. „Man muß nur die Zahlenreihe verfolgen, daraus auf den Algorithmus zurückschließen. Hat man ihn gefunden, läßt sich die Reihe der Zufallszahlen problemlos rekonstruieren und vorhersagen."
Er lächelte schwach.
„Es ist lediglich eine Frage der Rechenzeit", schränkte der Wissenschaftler dann ein. „Und der exakten Beobachtung. .Deswegen sind wir seit Tagen dabei, die Igelschiffe zu provozieren, damit wir möglichst viele Werte zur Rekonstruktion ihres Algorithmus bekommen."
„Und, habt ihr es geschafft?"
„Nicht ganz", gab Myles Kantor zu. „Am Anfang hatten wir gar keinen Erfolg. Zum einen wegen der behinderten Ortung, zum anderen, weil die Zahl der durchzurechnenden Konstellationen ungeheure Dimensionen hat. Aber dann sind uns zwei Umstände zu Hilfe gekommen technische Einschränkungen, die sich auch für die Igelschiffe nicht umgehen lassen. Da ist zum einen der Umstand, daß die Vektoränderungen bei fliegenden Raumschiffen begrenzt sind. Man kann nicht innerhalb von zwei Sekunden von Vollgas auf Vollbremsung umschalten und umgekehrt, das hält kein Schiff technisch aus. Die Zufallszahlen sind also in ihrem Wert nach oben beschränkt. Gleichzeitig sind Variationen im Bereich der fünften Nachkommastellen sinnlos, weil sie keinen Vorteil bringen. Der Zahlenkorridor, den wir untersuchen mußten, erwies sich als erfreulich eng."
„Und der zweite Umstand?"
„Wir haben etwas, was die Igelschiffe nicht haben: den Kontracomputer, der alle Zahlenwerte unter der Annahme der entgegengesetzten Voraussetzungen, die hochgradig unwahrscheinlich sind, berechnen kann. Und damit haben wir ein gewisses Mittel gegen den Stotterantrieb der Igelschiffe zustande gebracht. Wir nennen das Gerät den 5-D-Indifferenz-Kompensator - die unvermeidliche Abkürzung mag sich ein anderer ausdenken."
Die wichtigste aller Fragen lag mir schon seit Minuten auf der Zunge, und jetzt hielt ich mich nicht mehr zurück. Zuviel hing von dieser Antwort für unsere Zukunft ab.
„Und - funktioniert das Gerät?"
Myles Kantor zögerte merklich, und unsere Stimmung und Zuversicht sackten wieder in Kellertiefe ab.
„Noch nicht so, wie wir uns das vorstellen", gab er zu. „Wir haben immerhin die Zeitspanne drücken können, die wir brauchen, um an den Algorithmus heranzukommen."
„Auf welchen Wert?"
„Bisher haben wir fünf Minuten dafür gebraucht, in Zukunft werden zehn bis zwanzig Sekunden höchstwahrscheinlich ausreichen -
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