1824 - Zentrum der Zentrifaal
Besuchern erkannt zu werden.
„Da soll doch gleich dieser oder jener dreinschlagen." Bullys Temperament ging mit ihm durch, als er lautstark zu schimpfen begann. „Sind wir Gäste oder Gefangene? Ich wollte, wir wären endlich an Bord eines Schiffes oder die Galornen kämen."
Caliform kam. Früh am Morgen des 12. Januar. Er brachte uns die beiden maßgeschneiderten Schutzanzüge, immerhin ein Zeichen, daß er uns nicht vergessen hatte. Leider verfügten die Anzüge nicht über Deflektorschirme.
„Nur noch wenige Tage bis zur Befreiung", verkündete er stolz. „Die letzten Planungen treten ins Endstadium. Meine GEDEONTA wird A-Betchaga und sein verdrehtes Regime hinwegfegen."
Ein fanatisches Feuer brannte in seiner Blickleiste. Der Fanatismus überdeckte das Charisma, das ihn bislang als integere Person ausgezeichnet hatte. Er wollte seinem Volk nicht nur die Freiheit verschaffen, er wollte den Drang nach eigener Macht stillen.
„Alle Pläne können ein Blutvergießen nicht verhindern", sagte ich.
„Natürlich nicht", bestätigte ihm Caliform. „Aber unersetzliche technische Werte müssen erhalten werden. Niemand weiß, wozu A-Betchaga fähig ist, sobald er seinen Niedergang erkennt."
„Hast du je versucht, mit dem Clanführer des Regimes zu reden? In unserer Galaxis haben wir gelernt, daß man gemeinsam stärker ist."
Caliform versteifte sich unwillkürlich.
„Mit A-Betchaga kann man nicht reden", wehrte er ab. „Wer sich vor den Galornen im Staub wälzt, ist ein Schwächling."
„Du solltest es dennoch versuchen, Caliform. Wenn du uns wirklich dankbar bist, beweise es. Hör auf unseren Rat! Oder willst du verantwortlich dafür sein, daß ein neues Shifting geschieht?"
Caliform ballte die Rechte zur Faust. Für einen Augenblick sah es fast so aus, als wolle er sich auf mich stürzen. Doch er hatte sich sofort wieder unter Kontrolle.
„Es wird kein Shifting geben", stieß er wütend hervor und wandte sich um. Dröhnend schlug die Tür hinter ihm zu.
*
Unsere Anzüge waren sauber gearbeitet, mattschwarz und hauteng. Zwangsläufig, denn wir hatten bislang keinen Zentrifaal anders gesehen als in schwarzer, eng anliegender Kleidung. Caliform bildete die einzige Ausnahme.
Unter der Außenhülle zeichneten sich hauchfein die Strukturen von Leitungen ab. Das gesamte Versorgungspaket der Lufterneuerung und Temperaturregelung lag im Gewebe verborgen, ebenso alle Schaltkreise.
Die Energieversorgung war in einer flachen Rückenschale untergebracht, deren Auflagebereich sich flexibel dem Körper anpaßte. Auch das Antigravaggregat steckte in der Schale.
Der Helm war als grauer, flacher Nackenwulst gefaltet. Als ich Bully in dem Anzug sah, wurde ich unwillkürlich an die Symboflex-Partner der Zweikonditionierten erinnert. Ich weiß nicht, wieso, aber die Erinnerung tauchte wie ein fahles Wetterleuchten in meinen Gedanken auf und verschwand ebenso schnell wieder.
Die Stiefel reichten uns bis zu den Knien, und im ebenfalls grau gefärbten Gürtel fanden wir die Schaltelemente für eine integrierte Kleinpositronik. Die Symbole zu entschlüsseln fiel nicht besonders schwer, zumal die Kapazität der Positronik nur der eines besseren Taschenrechners glich.
Bully tippte die Koordinaten ein, die wir von Szuker erhalten hatten, und verzweifelte beinahe an einer einfachen Standardberechnung.
„Was soll’s", murrte er schließlich. „Die Anzüge sind eben der Anfang, und das dazu passende Raumschiff bekommen wir noch."
Unsere bisherige beigefarbene Privatkleidung hatten wir anbehalten, denn wer lief gerne Gefahr, bei einem möglichen technischen Defekt plötzlich nackt dazustehen?
Wir waren zum Warten verurteilt. Zumindest verfügten wir über die Möglichkeit, die planetaren Nachrichtensendungen zu sehen: Propaganda A-Betchagas. Die Versorgungspässe waren Thema Nummer eins.
Leere Regale bestimmten das Bild, scheinbar willkürliche Zusammenrottungen protestierender Zentrifaal. Sie forderten nicht nur, die GEDEONTA zu verbieten, ‘die Demonstranten gaben auch ihrer Angst vor dem Shifting Ausdruck.
All das wurde Caliform angelastet. A-Betchaga suchte nach einem Vorwand, um seine bisher zur Schau gestellte Friedfertigkeit brechen und seinerseits losschlagen zu können. Die Frage war inzwischen wohl nicht mehr, ob es ein Blutvergießen geben, sondern wer damit beginnen würde.
Wir nutzten die Zeit für Manipulationen an dem Videoempfänger. Fünf oder sechs Stunden benötigten wir, um das Gerät
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