1826 - Die Schrottsammler
ich dann nicht dabeisein. Und das wäre entsetzlich. Die Überlebenden meines Volkes brauchen mich. Ich bin ein wichtiger Baustein, wenngleich Zujandron viel bedeutsamer ist."
„Ein paar Dinge verstehe ich", lautete meine Antwort. „Andere erscheinen mir unsinnig oder widersprüchlich."
„Mir auch. Ich weiß selbst noch nicht alles. Stell es dir so vor: Mein Wissen wird bei jedem zehnten oder zwanzigsten Impuls, der mich erreicht, ein Stück weiter freigelegt. Wenn Zujandron da ist, weiß ich alles über mich."
„Wenn das Wissen in dir ist", meinte ich, „dann müßtest du darauf zurückgreifen können."
„Nein, ich bin ja vegaonisch."
„Das verstehe ich nicht."
„Es ist ja auch keine Erklärung, sondern nur ein Begriff. Vorhin, als ich mich abgekapselt hatte, wurden erneut Fakten freigelegt. Die Sperren sind in mir. Die Impulse legen sie frei, auch wenn sie keine Nachrichten sind. Auch das ist ein Teil des vegaonischen Prinzips."
„Was wurde freigelegt?" Allmählich wurde ich neugierig. Zeit hatte ich genügend.
Im Schutz des 5-D-Strahlers war ich sicher. Und vielleicht hatte Dorotas seltsames Verhalten doch eine größere Bedeutung.
„Ein Teil der Geschichte meines Volkes, genauer gesagt, der Geschichte unseres Staatsoberhaupts Zujandron. Als der Krieg gegen die Unbekannten entbrannte, war es Zujandron, der als erster floh. Er allein beherrschte damals schon die vegaonische Technik. Sie ist weitgehend eine Technik des Geistes. Ihre Anwendung erfordert aber zur Unterstützung normaltechnische Hilfsmittel. Er lehrte sie uns. Daher wußten wir, daß wir bis fast an das Ende des Krieges warten mußten, bis auch wir sie beherrschten. Der Krieg hatte daher für uns nur ein Ziel: Wir, ich meine die Brüder und Schwestern, die überleben konnten, mußten Zeit gewinnen.
Der Untergang war ohnehin vorprogrammiert. Der einzige Ausweg bestand darin, daß ein Teil unseres Volkes zu vegaonischen Komponenten wurden, die sich in fremden Computern einnisteten, um die Zeit zu überdauern."
„Das hört sich alles reichlich phantastisch an", wagte ich einen Einwand: „Es ist überhaupt nicht phantastisch, das war es auch nie. Es war verzweifelt, Ergebnis eines fast hoffnungslosen Kampfes. Nachdem Zujandron uns verlassen hatte, schickte er uns eine einzige Nachricht.
Darin hieß es, er habe eine ferne, kleine Galaxis erreicht und sich dort in einem brachliegenden Riesenrechner festgesetzt. Er würde Jahrzehnte oder Jahrhunderte brauchen, um diesen so umzufunktionieren, daß er damit den Rückflug antreten konnte. Außerdem, so teilte er uns mit, benötigte er dazu einen äußeren Impuls. Was darunter zu verstehen ist, haben wir leider nie erfahren. Ich weiß aber, daß Zujandron mittlerweile unterwegs ist. Ich habe sein Zeichen vernommen. Die Brüder und Schwestern sicher auch. Vielleicht nicht alle, aber das ist nicht tragisch."
„Ich muß dir gestehen, Dorota", sagte ich, „daß ich dir nicht ganz folgen kann. Was ist der Sinn der ganzen Aktion?"
„Ich deutete es doch schon an. Mein Volk wurde ausgerottet. Einige wenige von uns, vielleicht hundert oder tausend, konnten sich als vegaonische Komponenten in fremde Computer, in Positroniken oder Syntroniken, retten. Hier fristen sie ein trauriges Dasein. Erst wenn unsere Feinde verschwunden oder untergegangen sind, können wir unter der Führung Zujandrons wieder aktiv werden. Aber unsere ursprüngliche Form können wir nie mehr erreichen. Wer einmal vegaonisch geworden ist, kann den eingeschlagenen Weg nicht umkehren. Das ist einfach unmöglich, denn es würde den Tod bedeuten."
„Bedeutet vegaonisch so etwas wie eine Weiterentwicklung? Oder den Übergang in eine höherwertige Daseinsform?"
Ich versuchte die Erklärungen in für mich verständlichere Begriffe umzuformen.
„Nein, Alaska. Vegaonisch ist nur ein Zwischenstadium. Was danach kommt, weiß ich selbst nicht.
Aber ich weiß, daß ich dann nicht mehr allein bin. Die vegaonischen Komponenten sind die Reste unserer früheren Egos. Sie werden sich im Sahmhorst vereinigen. Was dann passiert, ist mir völlig schleierhaft. Ich vermute, daß nicht einmal Zujandron weiß, was die Folge der Zusammenführung sein wird."
„Du meinst also, euer Zujandron ist unterwegs nach Bröhnder. Bedeutet das, daß eure damaligen Feinde nicht mehr existieren?"
„Nicht ganz. Sie sind zumindest nicht mehr da, wo sie früher waren. Wenn sie noch vorhanden wären, wäre die Herstellung des Sahmhorsts undenkbar. Sie
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