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183 - Die Stadt Gottes

183 - Die Stadt Gottes

Titel: 183 - Die Stadt Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Notfall den Schutz des Pentagonbunkers verlassen, das war ihre Devise gewesen. Jetzt aber wollte sie sich persönlich ein Bild von der Lage in der Stadt machen.
    Trashcan Kids wilder Haufen drängte sich durch die alte Schleuse und benutzte Fenster und Maueröffnungen, um sich draußen im Innenhof beim Stabschef der Truppe zu sammeln. Dr. Alexandra Cross nannte den schwarzen Hünen bei sich selbst »Stabschef«, Trashcan Kid nannte ihn einfach nur »Dirty« oder »Buck, du Sau«.
    »Buck, du Sau!«, rief er dem schwarzen Hünen von der Schleuse aus zu. »Schick ein paar Späher zur Mauer und zu Sabreena! Sie sollen die Lagen peilen!«
    »Aber nur, weil du es bist!«, grölte Dirty Buck quer durch das alte Foyer, bevor er durch eine Fensteröffnung sprang und in das Wäldchen abtauchte, in den sich der Innenhof der Bibliothek im Lauf der letzten Jahre verwandelt hatte. General Garrett rümpfte die Nase über so viel Disziplinlosigkeit, und seine Offiziere zogen die Brauen hoch.
    Den Namen »Sabreena« hörte Cross nicht zum ersten Mal. Diese Frau schien eine wichtige Rolle für die Bande zu spielen.
    Die Soldaten der WCA verteilten sich im zerfallenen Foyer der Bibliotheksruine. Neunzehn Männer und elf Frauen hatte General Diego Garrett mit auf diesen Feldzug genommen; den ersten und zugleich wohl letzten, den der Weltrat in Koalition mit einer Truppe der Oberirdischen durchführte. Mit einer Bande aus Straßenräubern, korrigierte Dr. Alexandra Cross sich selbst. Die Präsidentin konnte und wollte sich einfach nicht vorstellen, wie man sich auf Dauer mit diesem wilden Haufen arrangieren sollte. Sie hoffte, die bevorstehenden Kämpfe mit dem noch unbekannten neuen Feind würden Trashcan Kids Banditen empfindlich dezimieren. Jedenfalls hatte Garrett seine Offiziere angewiesen, sie bei ernsthafter Feindberührung im Stich zu lassen. Unten im Pentagon arbeitete eine Strategiegruppe bereits an Plänen zur Befreiung des von den wilden Kids eroberten Bunkersegments.
    »Wir gehen in Kleingruppen und bleiben in Sichtkontakt«, schlug Garrett vor. Trashcan Kid und Loola waren einverstanden. Der General kommandierte zwei Soldaten ab, die gemeinsam mit der Präsidentin und ihren Leibgardisten Christie und Amoz Calypso in die Stadt gehen sollten. Trashcan Kid und seine Amazone schlossen sich ihnen an. Der General, sein Adjutant sowie Ozzie und Peewee bildeten die nächste Gruppe, und so weiter.
    Die Haupttruppe der WCA und der Straßenbande sollte in der Bibliothek auf weitere Befehle warten. Dirty Buck organisierte eine Kette aus Boten und Kundschaftern, sodass die Kämpfer mit den Kleingruppen und Spähern in Verbindung blieben.
    Dann verließen sie die Ruine. Alexandra Cross’ Herz schlug, als sie ins Freie traten. Wie lange schon hatte sie den Himmel nicht mehr gesehen! Er war grau und dunkle Wolken hingen tief über der Stadt, sodass sie schnell überzeugt davon war, nichts versäumt zu haben.
    Als sie sich über Schutthügel und durch Gestrüpp hindurch dem nächsten bewohnten Straßenzug Waashtons näherten, schwebten kleine weiße Flocken auf den schmutzigen Mantel der Präsidentin. Sie musste zweimal hinschauen, bis sie begriff: Es begann zu schneien.
    Der abgetragene Mantel war nicht viel mehr als ein Lumpen. Wie alle ihre Leute trug Cross so ein Teil, um ihre Uniform zu tarnen. In diesen Zeiten war es nicht ratsam, auf den Gassen Waashtons als Bewohner des Pentagonbunkers erkannt zu werden; als »Engerling«, wie die Barbaren hier oben zu sagen pflegten.
    Schutzanzüge trugen Garretts Leute schon lange nicht mehr, wenn sie auf Aufklärungsmissionen in der Stadt unterwegs waren. Erstens funktionierten die Systeme nicht mehr, zweitens hätten die Barbaren von Waashton sich auf jeden Helmträger gestürzt, und drittens machte das Serum die Anzüge überflüssig.
    Das Serum. Dr. Alexandra Cross fröstelte. Nicht, weil es kalt war, sondern weil sie an den neuralgischen Punkt der Bunkergesellschaft unter der Pentagonruine dachte.
    Die Kämpfe und das Chaos, das vor fünfzehn Monaten nach dem Versiegen der Energiequellen ausgebrochen war, hatten einen hohen Blutzoll gefordert.
    Nur noch hundertsiebenundachtzig Menschen lebten im Bunker. Und wöchentlich wurden es weniger. Niemand wagte eine Prognose, wann die Produktion des Serums wieder anlaufen würde. Vielleicht nie mehr. Ohne Energie keine Serumsproduktion, ohne Serum keine Zukunft der Bunkergesellschaft – so einfach war das.
    Viele waren schon an Infektionen

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