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184 - Die Herren von Sydney

184 - Die Herren von Sydney

Titel: 184 - Die Herren von Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn und Stephanie Seidel
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vergessenen Hydiitenstadt zurückkehrte, würde sie ihn nie wieder warten lassen, ganz bestimmt nicht.
    Ich mache sie zu meiner Königin! Agat’ol lächelte.
    Nebenfrauen werde ich natürlich auch haben, aber Tara’nea wird immer an erster Stelle stehen! Die Stadt soll das Zentrum der alten Lehre sein. Der Mar’os-Kult wird wieder Staatsreligion, vegetarische Hydriten schließen sich uns entweder an oder werden versklavt. Und den Menschen erkläre ich den Krieg!
    Es war eine herrliche Zukunft, die sich auf den bunten Flügeln seiner Fantasie entfaltete. Allerdings gab es da einen Wermutstropfen. Agat’ol runzelte die Stirn. Der Hydrit und die Menschenwesen würden ihm ihre Entdeckung nicht überlassen, das verstand sich von selbst.
    Ich hefte mich an ihre Fährte, und sobald wir die Stadt erreicht haben, töte ich sie! Der Krieger in Agat’ol erwachte.
    Seine Waffen mussten her, und ein Plan für die Verfolgung der Fremden. Jagdfieber ließ den Mar’osianer erschauern, pumpte ihm Energie durch den Körper und brannte in seinen Augen, als er sie aufschlug. Doch statt des Nachthimmels spiegelte sich in ihnen ein merkwürdiger Umriss. Er hatte die Form einer Kiwi; vorne dran steckte ein platter Schnabel mit zwei Vampirzähnen, die im Mondlicht rot aufblitzten.
    »Nat-nat!«, scholl es unmittelbar über Agat’ols Gesicht.
    Er öffnete den Mund zu einem lautlosen Fauchen.
    Mehr war nicht nötig.
    Marsias kleines Entenhirn schlug Alarm – ein Zufall musste zwei Synapsen korrekt verbunden haben, sodass sie begriff, was sie vor sich hatte. Agat’ol wollte den dünnen Vogelhals packen und ihn umdrehen, aber dessen Besitzerin war schneller. Marsia tauchte unter seiner Hand weg und wackelte davon.
    ***
    Bis zur Dämmerung verbarg sich Roney in einem Hohlraum auf einer Schrotthalde am Rand des Hafens.
    Nicht weit von seinem Versteck entfernt verlief eine ein- bis zwei-, in seltenen Fällen dreistöckige Häuserzeile. Die Großeltern der jetzigen Bewohner hatten die Gebäude vor Jahrzehnten restauriert. Neben Fischern und ihren Familien hatten sich Handwerker hier heimisch gemacht und im Laufe der Zeit einen dazu gehörenden kulturellen Rahmen aufgebaut. Die Kultur der Hafengasse spielte sich weitgehend in zwei bis drei Schänken ab, in denen sich auch Musikanten und hübsche Damen umtaten, die sich jener Männer annahmen, die für Liebe und Zärtlichkeit zahlten.
    Eben diese Straße behielt Roney, der mit knurrendem Magen die Dunkelheit abwartete, pausenlos im Blick.
    Anfangs hatte er vermutet, man würde die Pseudo-Stadtratzen auf ihn ansetzen, doch dies war nicht der Fall: Kein ihm bekannter Agent hatte sich blicken lassen.
    Irgendwann war ihm bewusst geworden, dass man seine in der Stadt operierenden Kollegen möglicherweise deshalb aus dem Schussfeld genommen hatte, um ihnen nicht zu schaden. Wenn der Renegat Roney ein Doppelagent war oder sich bei einer der nach der Macht strebenden Gruppen angedient hatte, konnte er seine Kollegen nun auffliegen lassen.
    Im Vertrauen darauf verließ Roney schließlich sein Versteck. Hunger und Durst trieben ihn hinaus.
    Den Blick in bestimmten Abständen auf den Himmel und die Hausdächer gerichtet, durchquerte er vorsichtig den Busch zwischen der Häuserzeile und den Zelten, die auf dem Platz vor dem phantastisch anmutenden Bau des Opernhauses standen.
    Roney hatte zeit seines Lebens darauf geachtet, nicht in die Nähe der Kristianer zu kommen, weil er sie respektierte und nicht in Versuchung kommen wollte, sie anzulügen. Die Männer in den hellgrauen Roben, deren Mützen den Dachaufbauten der alten Oper ähnelten, arbeiteten seit Jahren daran, die abgesoffene linke Hälfte des uralten Bauwerks vor dem Untergang zu retten. Im Gegensatz zu gewissen anderen Gläubigen, die so lästig waren, dass man versucht war, sie zu erschlagen, um sie los zu werden, nervten die Kristianer niemanden. Wer mit ihnen beten wollte, war willkommen. Wer für sie arbeiten wollte, wurde mit heißer Suppe, altbackenem Brot und einem Schlafplatz belohnt.
    Es war genau das, was Roney jetzt brauchte.
    Der Mönch, dem er zuerst begegnete, kam aus einem der Zelte. Er war groß und schlank, hatte blaue Augen und edel geschnittene Züge. Er wirkte ausgeschlafen, was sicher damit zu tun hatte, dass er Alk und Tobakk mied, früh zu Bett ging und früh aufstand.
    »Du siehst hungrig und abgekämpft aus, Bruder«, sagte der Mönch freundlich. »Ich bin Kaplan Willie. Darf ich dich zum Essen einladen? Wir haben

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