1846 - Lockvogel Larissa
war die Tür nicht ins Schloss gefallen. Ich konnte an ihnen vorbeischauen, aber ich sah nicht in den dahinter liegenden Raum hinein. Vielleicht war es auch nur ein im Dunkeln liegender Gang.
Von den Zuhältern tat niemand etwas. Und das wunderte mich, denn sonst ließen sie sich zu irgendwelchen Aktionen nicht lange bitten. Die Kerle, die sonst nichts anbrennen ließen, sahen gelähmt aus. Sie standen da, sie glotzten. Sie schüttelten die Köpfe, und einige von ihnen zogen auch die Nasen hoch, weil sie plötzlich etwas rochen, das sie sonst nicht kannten.
»Die stinken«, rief einer. »Die stinken sogar so stark wie alte Leichen, glaube ich.«
»Das sind Leichen.«
Jemand lachte.
»Das sind sogar Zombies, glaube ich.«
»Scheiße, die gibt es nicht.«
Der Besitzer wandte sich an uns. Er kam auf uns zu, blieb aber schon nach einem Schritt stehen. Er schüttelte den Kopf und fuhr uns an: »Verdammt, wer ist das? Wisst ihr mehr?«
»Das kann euer Schicksal ein.«
»Wie?«
»Ghouls«, sagte ich, »habt ihr schon jemals etwas von Ghouls gehört?«
Zwei, drei Augenpaare starrten mich an. Dann lachte jemand auf, der meine Antwort gehört hatte.
»Ja, die kenne ich. Habe ich mal in einem Film gesehen. Das sind doch Leichenfresser.« Das letzte Wort hatte er besonders laut ausgesprochen, damit es alle hören konnten.
»Aber wir sind keine Leichen!«
»Was nicht ist, kann noch werden.«
Jemand lachte, bevor er sagte: »Ich habe was dagegen, schon heute tot zu sein.«
»Ja, ich auch.«
»Wir machen sie fertig.«
Suko und ich hielten uns bewusst zurück. Wir wollten nicht noch Öl in die Flammen gießen und warteten ab, wie die andere Seite reagierte. Die Ghouls taten noch nichts, was uns im Moment gefährlich werden konnte, aber sie stellten sich so hin, dass sie jeden der Zuhälter im Blick hatten.
»Was wollen die?«
Die Antwort gab Suko. »Es kann sein, dass sie darüber nachdenken, wen sie als Ersten in die Hölle schicken.«
»Wieso?«
»Ich würde vorschlagen, dass ihr verschwindet und uns die Bande überlasst.«
»Ach, das ist doch lächerlich.«
»Sagen Sie das nicht.«
Die Zuhälter hatten sich noch nicht entschlossen. Sie warteten ab. Sie schauten zu, wie sich die Gestalten veränderten.
Es lag an dem Schleim, der sich aus den Poren drückte. Er fand seinen Weg nach außen, und er war eine glänzende Masse, die auf seiner Oberfläche schillerte.
»Was ist das denn?«, schrie jemand.
»Das sind Ghouls.«
»Schleimbeutel, die stinken.«
»Auch.«
Ich wusste nicht, ob ich recht hatte, aber ich glaubte, dass die Zuhälter das Geschehen nicht richtig einschätzten. Ihre Blicke wechselten zwischen Suko und den Wesen hin und her, ohne jedoch zu einer Lösung zu kommen, die sie befriedigte.
Dann zog der Besitzer seine Waffe. Es war ein Trommelrevolver. Er nickte, dann schaute er uns an und schrie: »Es ist mir alles egal, verdammt noch mal. Ob nun die Bullen hier sind oder nicht. Das ist meine Bude. Hier habe ich das Sagen, und das lasse ich mir von keinem nehmen.«
Er riss den Arm in die Höhe, senkte ihn dann wieder und drückte ab.
Der Raum schien zu explodieren, so laut hörte sich der Schuss an. Und der Zuhälter hatte gut gezielt. Der Ghoul, der ihm am nächsten war, bekam die Kugel in den Leib. Sie schlug in der Körpermitte ein, und der Ghoul wurde zurückgestoßen. Er fiel nicht, er konnte sich halten und schwang sich wieder nach vorn.
Mir gelang ein Blick in sein Gesicht.
Unter der Maske schien es sich zu einem bösen Grinsen verzogen zu haben. Der Schleim verzerrte alles, er stank, er waberte auf der Haut, und der Ghoul ging weiter. Die Kugel, die in seinem Körper steckte, hatte ihm nichts ausgemacht.
»Scheiße, was ist das denn?« Die Stimme des Schützen überschlug sich. »Den habe ich doch getroffen!« Er trat mit dem rechten Fuß auf. »Ihr habt es alle gesehen …«
»Ja, hast du«, sagte Suko, »aber nicht so, wie es sein muss.«
»Was heißt das?«
»Pass auf!«
Suko hatte in der Zwischenzeit seine Dämonenpeitsche gezogen. Es war überhaupt alles recht langsam abgelaufen. Besonders durch die Ghouls. Sie schienen Zeit zu haben.
Nicht so Suko.
Er ging einen Schritt auf den Leichenfresser zu. Den Arm brauchte er nicht anzuheben. Er beherrschte die Peitsche perfekt, und so schlug es aus dem Handgelenk zu.
Treffer.
Die drei Riemen falteten sich noch auseinander, bevor sie gegen den Körper prallten. Man sah es ihnen nicht an, aber in ihnen steckte eine geballte
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