1846 - Lockvogel Larissa
Mal war sie nackt, mal halb angezogen. Mal rekelte sie sich auf irgendwelchen Laken oder Kissen – es kam immer darauf an, was sich der Freier wünschte.
Sex und die moderne Technik, das war es, was diese Schau ausmachte.
Man konnte sich die Frau aussuchen, man kommunizierte mit ihr über Skype, man erklärte ihr, was sie zu tun hatte, und da gab es kaum Grenzen.
Ray Parker war Stammkunde. Praktisch seit einem halben Jahr. Da war er geschieden worden. Während seiner Ehe hatte er ab und zu einen derartigen Ausflug unternommen, was seiner Frau nicht gefallen hatte. Da hatte es dann Szenen gegeben, und zu einer Einigung war man nicht gekommen. Es blieb nur die Scheidung, und die hatte Ray Parker wunderbar überstanden. Er konnte jetzt tun und lassen, was er wollte. Niemand redete ihm rein, niemand verurteilte ihn deswegen, und Larissa war für ihn ein echtes Sahneteilchen.
Dunkelhaarig, mit einer tollen Figur, und sie war jemand, die sich nicht schämte, die sich nicht zu schade war und Rays Fantasien in wilde Höhen steigen ließ.
An diesem Sonntag hatte er sich vorgenommen, Nägel mit Köpfen zu machen. Er wollte sehen, wie sie reagierte, und er hoffte, dass sie zustimmte. Er wollte sich mit ihr treffen. Er war wahnsinnig scharf auf sie, und er würde sich dieses Treffen auch etwas kosten lassen.
Er hatte sich mit ihr für den frühen Nachmittag verabredet. Bisher war sie bei ihren Treffen immer pünktlich gewesen, das würde auch hoffentlich jetzt so sein.
Auf die Minute genau kam die Verbindung zustande. Ray Parker saß auf der Couch und starrte den Bildschirm an. Larissa war da und lächelte.
Angeblich stammte sie aus der Ukraine. Das musste nicht stimmen, und es war Parker auch egal.
Jetzt war sie da. Das stimmte. Nur das zählte, und er starrte sie an.
Sie trug wie immer einen langen Mantel aus dünnem Stoff. Er war durchsichtig, aber nicht so, dass man alles sehen konnte.
»Danke, dass du gekommen bist, Larissa.«
Sie lachte. Es klang leicht kehlig. Oder auch verrucht. Und genau das liebte er so. Zudem drückte sie den Kopf dabei in den Nacken und spielte oft mit ihren Brüsten.
Heute würde das nicht so sein. Heute würde er mit ihren Brüsten spielen, das hatte sich Ray Parker fest vorgenommen.
»Und? Was möchtest du? Soll ich es mir selbst besorgen? Soll ich mir noch eine Freundin holen, oder was hast du vor?«
Ray Parker hatte feuchte Hände bekommen. Jetzt musste er raus mit der Sprache. Er hatte sich auch vorgenommen, nicht lange um den heißen Brei herum zu reden. Er wollte zwar nicht mit der Tür ins Haus fallen, aber recht schnell zur Sache kommen.
»Sag mal, wie lange kennen wir uns schon?«
»Oh, das weiß ich nicht mehr.«
»Es sind Monate – oder?«
»Ja, das kann stimmen.«
»Wunderbar.« Jetzt lachte Ray Parker. »Und wir sind doch miteinander vertraut geworden …«
»Kann man so sagen.«
»Gut, gut …« Durch seinen Kopf schossen die herrlichsten Gedanken. Es lief besser, als er es sich vorgestellt hatte. »Deshalb – ähm – deshalb habe ich mir gedacht, dass wir unter Umständen mal zusammenkommen könnten. Verstehst du?«
»Ja, aber das sind wir doch.«
»Wie?«
»Wir sind doch zusammen«, erklärte sie in ihrem leicht gutturalen Tonfall. »Wir sind zusammen und das ist okay für uns beide. Oder bist du nicht mehr zufrieden?«
»Doch, doch, das bin ich.«
»Aha, und wo ist dein Problem?«
Ray Parker fing an zu schwitzen. Ja, wo war sein Problem? Er wischte über seine Stirn, überlegte sich den Satz ganz genau, den er sagen wollte, und sprach ihn aus.
»Ich will dich sehen!«
»Du siehst mich doch.«
»Anders.«
»Wie?«
Er wusste, dass Larissa Bescheid wusste und das Gespräch nur in die Länge zog. Sein Atem pfiff, als er sprach. »Na ja, in echt. Verstehst du? Ich will, dass wir uns treffen.«
»Aha.« Mehr sagte sie erst mal nicht.
Und Ray Parker, eigentlich ein knallharter Typ, saß da und zitterte vor Erwartung. Hatte er sich verspekuliert? Hatte er zu hoch gepokert? Er wusste es nicht, aber er würde es bald herausbekommen, wenn sie ihm eine Antwort gab.
Wenn …
Sie ließ sich Zeit. Lachte dann und stellte auch lachend die nächste Frage. »Du bist ganz schön geil auf mich, wie?«
»Ja, das kann man wohl sagen. Außerdem soll es dein Schaden nicht sein, Larissa.«
»Nett hast du das gesagt.« Sie schleuderte die dunklen Haare zurück. »Und wann hast du dir dieses Treffen vorgestellt?«
»So schnell wie möglich.«
»Genauer!«,
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