1848 - Wir jagten die rote Hexe
Stelle und schaute sich um. Wie nebenbei fragte sie: »Sind Sie allein hier?«
Vorsicht!, dachte Erica. Vorsicht!
»Was geht Sie das an, ob ich allein bin oder nicht?«
Die Besucherin lachte. »Ja, eigentlich nichts. Manchmal bin ich eben zu neugierig. Das hat auch seine Gründe.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Ach, das ist nicht so wichtig. Manchmal ist Zuhören besser. Das finde ich, Sie nicht?«
»Nein. Oder auch ja. Ich weiß es nicht.«
Die Rothaarige nickte, dann sagte sie: »Ich bin jemand, der gern sein Ding durchzieht. Ich habe auf dieser Welt nicht viele Freunde, nur wenige, doch auf sie kann ich mich verlassen, was sehr wichtig ist. Finden Sie nicht auch?«
»Ja, das ist möglich.«
»Es ist sogar wahr.« Kim lächelte. »Und die wenigen Freunde muss man in Ehren halten. Man muss dafür sorgen, dass ihnen nichts geschieht, man muss sie schützen, erst dann ist man richtig befreundet. Sehen Sie das ebenso?«
»Ich habe darüber noch nicht nachgedacht.«
»Sollten Sie aber. Und so ist es auch zwischen mir und Larissa. Wir sind zwar unterschiedlich, aber wir gehören trotzdem zusammen. Die eine passt auf die andere auf. Wir verstehen uns prächtig. Wir wollen, dass uns kein Leid geschieht.«
»Finde ich richtig.«
Kim lächelte breit. »Es freut mich außerordentlich, dass Sie so denken, meine Liebe. Dann werden Sie auch bestimmt für alles Weitere Verständnis haben.«
Erica runzelte die Stirn. »Was meinen Sie damit? So genau kenne ich mich da nicht aus.«
»Sie werden es noch hören.«
»Gut.« Nein, es war nicht gut!, schoss es ihr durch den Kopf. Es war gar nicht gut. Sie fühlte sich immer mehr in den Hintergrund gedrängt und hatte den Eindruck, so etwas wie ein fünftes störendes Rad am Wagen zu sein.
»Ja, wir werden uns hier treffen.«
»Das sagten Sie schon.«
»Und wir möchten dabei allein sein, wenn Sie verstehen?«
»Ja und nein. Sie meinen, dass ich mich zurückziehen soll und schon jetzt nach Hause gehe?«
»Genau.«
»Aber ich wohne auch hier. Und deshalb werde ich bleiben. Ich lasse mich nicht so leicht vertreiben, darauf können Sie sich verlassen.«
»Ja, das dachte ich mir. Aber das möchte ich nicht. Es braucht uns wirklich niemand zu sehen, wenn wir uns hier treffen.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Es ist auch nicht mehr nötig. Ich habe mich längst entschieden.« Sie lächelte und nickte.
Erica Hold war durcheinander. Das ließ sie sich nach außen hin nicht anmerken. Aber in ihr kroch so etwas wie Furcht hoch. Die andere Frau war wesentlich jünger als sie und auch stärker. Zudem machte sie den Eindruck, dass sie sich mit Worten nicht überzeugen lassen würde. Die zog ihren Part eiskalt durch.
»Und jetzt?«, fragte Erica. »Was haben Sie jetzt vor? Ich denke, dass Sie von hier weggehen sollten, um Ihre Freundin zu suchen. Es kann sein, dass sie am Fluss entlang gegangen ist und schon von irgendwelchen Leuten gesehen wurde.«
»Nein, das ist sie nicht.«
»Wissen Sie das genau?«
»Ja.«
»Und was macht Sie so sicher?«
»Ich hätte Bescheid bekommen.« Kim schaute Erica Hold scharf an. »Manchmal muss man eben improvisieren. So wie jetzt. Es tut mir leid um Sie.«
Erica hatte die Worte gehört, auch verstanden und schüttelte den Kopf. »Was meinen Sie?«
»Das ist ganz einfach. Ich habe Ihnen schon einiges gesagt, aber das Wichtigste folgt noch.«
»Da bin ich gespannt.«
»Das sollen Sie auch. Sie werden sterben, meine Liebe …«
***
Das wiederum war ein Satz, den Erica Hold nicht gern hörte. Sie sagte auch nichts und blieb auf ihrem Stuhl sitzen. Nur die Augen hatte sie etwas verengt. Aber sie merkte auch, dass das Gefühl der Furcht und das des Ärgers in ihr hochstieg und dafür sorgte, dass sie einen roten Kopf bekam. Sie hatte den Satz gehört, aber sie wollte ihn vergessen, und sie fühlte sich auch angemacht. Diese Person meinte es nicht gut. Sie war wie eine böse Hexe.
»Was werde ich?«, hakte sie noch mal nach.
»Sterben.«
»Und warum?«
»Weil meine Freundin und ich keine Zeugen gebrauchen können, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich es kurz und schmerzlos machen werde. Sie müssen nicht lange leiden.«
»Meinen Sie?«
»Aber ja!«, erwiderte Kim beinahe fröhlich.
»Dann – dann sind Sie eine Mörderin!«
»Auch.«
»Und was sind Sie noch?«
»Eine Hexe.« Sie lachte jetzt. »Ja, schauen Sie mich nur an. Sie haben es mit einer echten Hexe zu tun. Rote Haare, grüne Augen, das passt doch, oder?«
Sie
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