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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Kurtisane führte ein strenges Regime.
    »Es gibt nichts, das es hier nicht gibt«, sagte sie Aruula während der Kontrollrunde. »Syd mag viel von dörflicher und städtischer Hygiene verstehen. Ich und meine Mannschaft verschaffen den Menschen eine andere Form der Reinigung. Ohne uns gäbe es an Bord von OZZ tagtäglich Mord und Totschlag. Was glaubst du, wie lange es die Trossleute in dieser Enge aushalten würden, wenn wir uns nicht um ihr persönliches Wohlbefinden kümmerten? Gut die Hälfte meiner Kundschaft kommt bloß hierher, um zu reden oder für kurze Zeit alles zu vergessen.« Prüfende Blicke wanderten an Aruulas Körper hoch und nieder. »Wenn du das Söldnerwesen irgendwann einmal aufgeben willst, mein Täubchen, würde ich dir einen Platz bei mir anbieten. Du bist sauber und siehst intelligent aus, auch wenn du nicht mehr die allerjüngste zu sein scheinst…«
    Aruula nickte unbeholfen und wanderte weiter. Zorn erfasste sie. Zorn auf die offene Frechheit der Hure. Zorn auf ihr Schicksal, das sie durch die Welt trieb und ihr keinen Moment zum Atemholen ließ.
    Sie musste Franny Recht geben. Die Jahre vergingen. Jener Mann, dem zuliebe sie sesshaft geworden wäre, war verschollen, vermutlich tot. Sexuelle Befriedigung konnte sie sich an jeder Ecke holen – aber Glück und Zufriedenheit waren Dinge, die sie aus ihrem Leben hatte streichen müssen.
    Die Barbarin balancierte vorsichtig über den schmalen Verbindungssteg, der über eine massive Kupplung hinweg führte. Unter ihr zeigten sich die tiefen Spuren, die der Roodtren in den mittlerweile sandigen Untergrund grub. OZZ kam nun langsamer voran. Der vorderste Steuermann, ein grimmiger Zweimeterriese namens Long Joon, verrichtete seine Arbeit seit Jahren zur Zufriedenheit aller. Er schien wie seine beiden Kollegen, die die anderen Schichten fuhren, die richtigen Geschwindigkeiten für den jeweiligen Untergrund erahnen zu können. Wenn er sich ausnahmsweise einmal nicht schlüssig über die Fahrtstrecke war, schickte er einen Trupp berittener Spurensucher vorneweg.
    Aruula betrat Wagen Nummer 15. Hier saß ein selbsternannter Mineraloge und klopfte mit einem kleinen silbernen Hämmerchen auf einem glänzend nassen Stein herum. Ihm gegenüber saß ein Waffenschmied, der an einer Handfeuerpistole herumfeilte und selbst gebastelte Patronenhülsen zusammenlötete. Er ließ sich durch das beständige Ruckeln des Roodtrens nicht aus der Ruhe bringen…
    Am Ende des Tages hatte sich Aruula einen ersten Überblick verschafft.
    »Nun?«, fragte sie der Rabbadaag und reichte ihr ein Glas mit ätzend riechender Flüssigkeit.
    »Es gibt viel zu tun.« Die Barbarin nippte kurz an der trüben Brühe und stellte sie angewidert beiseite. »OZZ ist beeindruckend, auch die Sicherheitsvorkehrungen waren einmal ausgezeichnet. Ich bin mir allerdings sicher, dass seit zehn oder mehr Jahresläufen nichts mehr repariert wurde.«
    »War auch nicht notwendig.« Ezio rülpste ungeniert.
    »Warum sollte man die Zeit wertvoller Arbeitskräfte und damit Geld verschwenden, wenn ohnehin alles glatt läuft?«
    Maddrax hätte dem Fettwanst: »Weil man in die Zukunft investieren muss, du Idiot!« ins Gesicht gebrüllt. Aruula jedoch hatte die Absicht, sich weitaus höflicher zu verhalten. »Nur verantwortungslose Taratzenärsche hören mit dem Ende des Tages zu denken auf«, sagte sie möglichst diplomatisch. »Aber so, wie ich dich einschätze, erkennst du Fehler, wo sie gemacht werden, nicht wahr?«
    »Ähm… sicherlich.« Der Rabbadaag rieb sich übers unrasierte Kinn.
    »Ich habe eine Liste jener Dinge erstellt, die so rasch wie möglich in Ordnung gebracht werden müssen. Viele der seitlichen Holzplanken sind morsch oder von Würmern zerfressen. In jedem Wagen gibt es rostbefallene Metallsprossen oder -wände. Der Zustand der Verteidigungswaffen ist, gelinde gesagt, erschreckend. Der Wachturm stürzt wohl nur deswegen nicht ein, weil sich dort oben während des Dienstes niemand bewegt. Die eine Hälfte des Personals sieht schlecht, die andere ist zu dick und behäbig, und wenn man diese beiden Teile zusammenfügt, beinhalten ihre Mägen derartige Mengen an Alk, dass sie ganze Seen damit füllen könnten. Insgeheim hege ich den Verdacht, dass das Schwanken des Roodtrens zu einem Gutteil von den Söldnern verursacht wird…«
    »Das sind keine guten Nachrichten, nicht wahr?«, fragte Ezio vorsichtig.
    »Nein, sind es nicht. Ich empfehle dir dringend, augenblicklich etwas gegen

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