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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Roodtren abrupt stehen.
    8.
    Die Zwillinge waren wie Sohn, Vater und Großvater – und doch ganz anders. Niemand im Dorf wusste, woher die Kinder stammten. Vielleicht wollte es auch niemand wissen?
    Dass sie Abkömmlinge verbotener Liebe waren, wurde mit dem ersten Blick ersichtlich. Nussbraune Hautfarbe und kräftiger Knochenbau vereinten sich mit hellen Augen und dunkelblondem Haar auf eigentümliche Art und Weise.
    Mischlinge waren sie, Weiße und Anangu gleichermaßen.
    So wie Großvater, Vater und Sohn.
    »Sie haben hier nichts zu suchen!«, zeterte der Älteste. Er nahm ein winziges Garnknäuel aus den Händen des einen Kindes und legte es vorsichtig beiseite.
    »Sie sind wie wir«, meinte der Vater. »Vielleicht besitzen sie auch dieselben Gaben!«
    »Waren wir denn nicht auf der Suche nach Verbündeten, die uns helfen würden?«, ergänzte der Sohn.
    »Es wird Jahre dauern, bis wir sie so weit haben, dass sie uns unterstützen können«, widersprach der Großvater. »Wer weiß, ob ich diesen Tag noch erlebe?«
    »Das wirst du; dafür sorgen wir«, meinte der Jüngste liebevoll.
    »Dennoch sollten wir in Erfahrung bringen, welche Fähigkeiten diese beiden besitzen.« Der Vater sah die Zwillinge prüfend an. Sie lagen nebeneinander in der Wiege und kreischten energisch. Sie waren einander so ähnlich, dass er keinerlei Unterschiede feststellen konnte.
    »Ihre Chancen stehen gut. Kinder zweier Welten sind immer etwas Besonderes.« Der Sohn knotete hastig ein zerrissenes Stückchen Garn zusammen und legte es zu den anderen geflickten. Ihnen galt verstärktes Augenmerk.
    »Sie sind noch zu klein, zu jung, zu dumm«, murrte der Großvater. »Es wird Jahre dauern, bis wir wissen, ob wir sie gebrauchen können.«
    Alle drei nickten im Gleichklang, während sie heruntergefallene Garnknäuel ordneten, länger gewordene Bändchen von Knoten befreiten und Überschneidungspunkte entwirrten.
    Sie irrten.
    Denn plötzlich, mit urtümlicher Macht, traten die Zwillinge in ihre Geister und schrien, dass sie gefüttert werden wollten.
    9.
    »Keine Anangu zu sehen«, knurrte der Rabbadaag. »Sehr gut. Das bedeutet weniger Probleme und fette Einnahmen.«
    Aruula sagte nichts, während sie neben dem Dicken her auf die vier Parlamentarier des Dorfes zu marschierte.
    Der Hass der Volksgruppen aufeinander beruhte auf Gegenseitigkeit. Beide Seiten wollten miteinander nichts zu tun haben; zu verschieden dachten und handelten sie. Bevorzugten die Anangu eine bescheidene Lebensweise auf der Grundlage dessen, was das Land hergab, so gierten die Weißen nach Macht, Einfluss und Reichtum. Aruulas Sympathien lagen bei den Dunkelhäutigen, die im Einklang mit der Natur lebten.
    Andererseits hatte sie aber auch nichts gegen ein bequemes Bett und wohlschmeckendes Essen einzuwenden.
    »Ich grüße euch«, sagte der zuvorderst stehende Dorfbewohner reserviert. Er war hellhäutig und trug sein langes, schlohweißes Haar zu einem Zopf gebunden. »Ein derartiges Monstrum aus Blech und Holz wie das eure haben wir niemals zuvor zu Gesicht bekommen. Was führt euch nach Toon?«
    »Wir danken euch, dass ihr uns empfangt«, erwiderte der Rabbadaag mit ungewohnter Demut in der Stimme. »OZZ ist eine fahrende Händlerstadt. Wir bieten außergewöhnliche Waren und Dienste an. Es würde uns freuen, wenn ihr uns erlaubt, den Bazar im Inneren eurer Siedlung aufzubauen. Ich garantiere, dass es euer Schaden nicht sein wird.«
    Der ältere Mann zögerte kurz, dann trat er vor und hielt Ezio die offene Hand hin. »Es ist ein einsames und bescheidenes Leben, das wir hier verbringen. Die Bewohner von Toon freuen sich natürlich, fremde Gesichter zu sehen«, sagte er, »zumal wir sicherlich das Eine oder Andere brauchten. Allerdings zweifle ich daran, dass wir eure Händler bezahlen können.«
    »Darüber mach dir bloß keine Sorgen«, sagte der Rabbadaag rasch. »Ihr seid niemals zuvor von einem Roodtren aufgesucht worden, sagst du? Nun – dann gibt es sicherlich Möglichkeiten, über langfristige Verträge zu beiderseitigem Vorteil zu verhandeln. Ich möchte dir nun die wichtigsten Vertreter der Handelszunft vorstellen…«
    Ezio legte dem Alten seine Rechte vertraulich und plump auf die Schulter, zog ihn mit sich, laberte ihn mit billigen und nichts sagenden Phrasen voll. Er führte ihn zu den in respektvollem Abstand wartenden Handelsfürsten, deren gierige Blicke sich auf die sauberen und schön gewebten Kleider der Dörfler richteten.
    Hier war bescheidener

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