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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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benötigen, einen anderen, der unseren Willen erfüllt«, schloss der Sohn.
    Ja. Sie waren klug genug, um zu sehen, dass sie niemals jene Autorität genießen würden, die sie sich erwünschten. Zu ungewöhnlich waren sie, zu Angst einflößend wirkten sie auf die Dorfbewohner.
    Eine sonderbare Fügung des Schicksals war es schließlich, die die Wende brachte. Denn zwischen all den Fäden und Wollknäueln lagen eines Morgens in einem Bastkorb die Zwillinge und krakeelten fröhlich vor sich hin.
    7.
    »So, so«, knurrte der Rabbadaag, der auf den Namen Ezio hörte. »Du bist also während der Fahrt aufgesprungen, hast Aluur gezwungen, dich aufs Dach hinauf zu bringen, und schließlich den kleinen Disput mit diesem unnützen Kaal gewonnen.«
    »So ist es«, bestätigte Aruula. Sie hielt die Arme stolz vor der Brust verschränkt und blickte auf den feisten Mann. Soeben verschwand der halb abgenagte Knochen eines Federviehs in seinem breiten Maul. Fett troff ihm übers Kinn hinab auf den Wanst.
    »Und du bist der Meinung, dass du den mir entstandenen Schaden mit der Kraft deiner Arme abarbeiten kannst?«, fragte der Rabbadaag schmatzend.
    »Mir ist nicht bewusst, dass ich irgendeinen Schaden verursacht hätte.« Aruula zog die Augenbrauen hoch. Der Rabbadaag wollte sie über den Tisch ziehen. »Ich bitte dich, mich ein Stück des Weges mitzunehmen. Ich bin gerne bereit, meinen Teil zum Schutz von OZZ beizutragen und deine Leute zu unterrichten. Wenn ich mir den armseligen Haufen Söldner ansehe, den du um dich versammelt hast, erkenne ich, dass sie es dringend nötig haben.«
    Ezio begann lautstark und in viel zu hoher Tonlage zu lachen. Sein Bauch wabbelte mit jedem Ton mit. »Dein Selbstbewusstsein und deine Frechheiten sind bewundernswert«, sagte er schließlich. »Aber gut. Ich bin ein Freund mutiger Entscheidungen. Du sollst deine Chance bekommen. Melde dich im Turm bei Tello. Er wird sich mit dir absprechen und dir sagen, was zu tun und zu verbessern ist.«
    Er gluckste belustigt. »Drehe ihm aber niemals den Rücken zu. Er ist seit mehr als einem Jahr mein Hauptmann und duldet keine Konkurrenz. Du darfst nun gehen.« Er achtete nicht weiter auf Aruula und holte mit einem Wink seiner Rechten Aluur zu sich heran. »Wir beide müssen uns mal wieder ausgiebig unterhalten«, sagte er.
    »Ich verstehe, Vater«, entgegnete der Junge leise. »Ich werde zur üblichen Zeit am üblichen Ort sein.«
    ***
    Tello war ein Widerling sondergleichen; seine Niederträchtigkeit allen und jedem gegenüber machten ihn zu Aruulas Glück leicht berechenbar. Der hagere, von mehreren Narben im Gesicht gezeichnete Krieger mit der knallroten Haut intrigierte für sein Leben gern.
    Die anderen Söldner mochte Tello mit seinen Finten im Schach halten. Aruula hingegen durchschaute ihn vom ersten Moment an und wusste, worauf sie sich bei diesem Kerl einließ.
    »Der Wachturm ist das Ein und Alles unserer Verteidigung«, sagte er mit heiserer Stimme, während er sie in den Ausguck hinauf bat. »Vor uns befinden sich jene zwanzig Abteile, in denen die reichsten Händler samt Gefolge reisen. In ihrem Besitz befinden sich Schätze, wie du sie noch niemals zu Gesicht bekommen hast. Sollte OZZ irgendwann einmal in Gefahr geraten, auf seiner gesamten Länge angegriffen zu werden, werden all jene Waggons, die sich hinter dem Wachturm befinden, abgekoppelt. Mit dem verkürzten Roodtren kommen wir wesentlich rascher voran, sodass uns keine Macht der Welt mehr wird folgen können. Das Gesindel in den hinteren Wagen ist es ohnehin nicht wert, um es zu kämpfen. Kleinhändler und Marketenderinnen leben dort; ebenso die Alten, Frauen und Kinder des Trosses.« Tello grinste schleimig. »Dein Schlafplatz befindet sich selbstverständlich weiter vorne, in Abteil sechzehn, in unmittelbarer Nähe des Rabbadaags.«
    »Ist der Roodtren denn schon jemals überfallen worden?«, fragte Aruula, ohne auf die menschenverachtenden Bemerkungen des Söldners einzugehen.
    »Jedes Jahr versuchen es einzelne Irre oder schlecht organisierte Meucheltruppen.« Er klopfte sich voll Stolz auf die Brust. »Seitdem ich hier das Sagen habe, hat sich die Zahl der Überfälle weit reduziert. Niemandem gelang es mehr, in die vorderen zwanzig Wagen vorzudringen.«
    »Niemandem?«, fragte Aruula.
    »So wahr ich hier stehe«, antwortete Tello arglos.
    »Und was ist mit mir? Hast du nicht soeben gesagt, dass ich in Abteil sechzehn schlafen werde? Bin ich denn nicht erst vor wenigen Stunden

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