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1851 - Dreizehn Seelen für den Satan

1851 - Dreizehn Seelen für den Satan

Titel: 1851 - Dreizehn Seelen für den Satan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Breuer
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ich.
    Mein Kreuz zeigte keine auffällige Reaktion, aber das musste nichts heißen.
    Aus einer Ecke des Raums war ein Rascheln zu hören. Es kam aus dem Beichtstuhl. Einen Moment später öffnete sich der Vorhang und ein schwarzgekleideter, älterer Pfarrer trat hinaus. Seine hellen, wachen Augen musterten mich mit neugieriger Skepsis.
    Kurz runzelte ich die Stirn und fragte mich, was er wohl allein in dem Beichtstuhl getrieben haben mochte. Es wirkte fast, als habe er sich darin förmlich verkrochen. Doch wovor?
    »Guten Abend, mein Sohn«, begrüßte er mich.
    Ich trat zu ihm, um ihm die Hand zu schütteln und mich vorzustellen. Sofort runzelte er die Stirn. Mit einem Mal wirkte sein faltiges Gesicht verschlossen und abweisend.
    »Scotland Yard?«, fragte er.
    Ich nickte.
    »Aber Sie sind sicher nur auf der Durchreise«, vermutete er. »Was könnte es in unserem schönen Dorf für Sie zu tun geben?«
    Ich lächelte. »Wer weiß«, antwortete ich geheimnisvoll. Aber sofort wurde ich wieder ernst. In knappen Worten erzählte ich, was Mike Dawson zugestoßen war. Seine Verwandlung in einem Untoten übersprang ich jedoch wohlweislich. Schließlich wollte ich nicht, dass mich der gute Landpfarrer für einen Verrückten hielt.
    »Wie schrecklich«, fand der Reverend.
    Da konnte ich ihm nur beipflichten. »Wissen Sie vielleicht etwas über eine Hütte im Wald?«, fragte ich ihn dann.
    Der Pfarrer überlegte angestrengt. Schließlich blickte er mich an. »Im Norden, hinter der Landstraße, steht die alte Hütte von Dayna Atkins«, erklärte er. »Ich weiß nicht, ob dort noch jemand lebt. Das Haus soll ziemlich verfallen sein.«
    Ich nickte dankbar. Das klang ziemlich vielversprechend.
    »Ich werde mich mal umsehen«, kündigte ich an. »Im Norden, sagten Sie?«
    »Genau«, bestätigte der Pfarrer und beschrieb mir grob den Weg. »Aber da gibt es bestimmt nichts zu sehen …«
    Es sah fast danach aus, als versuche er mich vom Besuch des Waldes abzuhalten.
    »Wer ist denn diese Miss Atkins?«, wollte ich wissen.
    Der Pfarrer zuckte mit den Schultern. Sein Gesicht wirkte plötzlich noch abweisender, sofern das überhaupt möglich war. Offensichtlich bereitete es ihm Unbehagen, über die Frau zu sprechen. Dennoch antwortete er.
    »Eine Einsiedlerin«, sagte er knapp. »Ich kann mich nicht erinnern, sie in den letzten Monaten gesehen zu haben. Sie muss schon sehr alt sein. Ins Dorf kam sie nur sehr selten.«
    Er verzog das Gesicht. »Und den Gottesdienst hat sie noch nie besucht«, fügte er an.
    »Lebt sie denn überhaupt noch?«, fragte ich neugierig. Dass die Dorfgemeinschaft es nicht für nötig befand, einmal bei der älteren Dame nach dem Rechten zu sehen, veranlasste mich zum Heben einer Augenbraue.
    Der Pfarrer mochte jedenfalls diese Miss Atkins nicht, das merkte man ganz deutlich. Warum das so war, wusste ich noch nicht, aber ich war entschlossen, mehr über die Dame herauszufinden.
    Ich lächelte mein Gegenüber offen an.
    »Sie können mir vertrauen, Reverend«, erklärte ich ihm. »Es bringt doch nichts, wenn Sie um den heißen Brei herumreden. Was geht hier vor?«
    Die knappe Frage traf ihn völlig überraschend. Der Pfarrer riss die Augen auf und schnappte nach Luft.
    »Was meinen Sie?« fragte er.
    Ich deutete mit dem Daumen hinter mich, auf das geöffnete Eingangsportal.
    »Wo sind die ganzen Menschen?«, wollte ich wissen. »Der Ort wirkt wie ausgestorben. Ich glaube, dass in Morley etwas nicht stimmt.«
    Das Gefühl hatte ich schon, seit ich meinen Wagen abgestellt hatte. Das Verhalten des Pfarrers trug nicht gerade dazu bei, meine bösen Ahnungen zu zerstreuen.
    »Wo sollen sie schon sein?«, lautete die Gegenfrage des Geistlichen. »Daheim, wo alle braven Bürger um diese Zeit sein sollten! Morley ist ein gutes Dorf. Hier hat noch alles seine Ordnung.«
    Ich blickte den Pfarrer skeptisch an, sah aber für den Augenblick davon ab, ihn weiter in die Enge zu treiben. Er wollte nicht reden, das war deutlich zu spüren.
    Freundlich nickte ich ihm noch einmal zu.
    »Ich möchte Sie nicht länger stören, Reverend«, erklärte ich. »Ich denke, ich werde jetzt einen kleinen Waldspaziergang machen …«
    »Leben Sie wohl, Mister Sinclair«, verabschiedete mich der Pfarrer knapp. Diesmal gab er mir nicht die Hand.
    Als ich zurück auf die Straße trat, blickte ich mich nachdenklich um. Der Geistliche hatte eine Aura der Furcht verströmt, die man fast körperlich greifen konnte.
    Keine Frage, der Mann hatte

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