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1864 - Vorabend der Apokalypse

Titel: 1864 - Vorabend der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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die Kinderstadt.
    Sie fand eine Vielzahl von Anrufen gespeichert vor und hörte sie alle an. Es waren Berichte von neuen Übergriffen in Baaken Bauu. Während ihrer Abwesenheit waren sechs Galornen getötet worden, und überall kam es zu Kämpfen unter Nachbarn, meist wegen Bagatellen.
    Ein Anrufer hatte nur seine Adresse hinterlassen. Als sie sie anwählte, stellte sie zu ihrem Erstaunen fest, daß es Pega Mrion war.
    „Du hast inzwischen ja unseren Meister kennengelernt", sagte Mrion. „Ich bin nicht seiner Meinung und einige andere auch nicht. Wenn es dir recht ist, dann treffen wir uns - an einem Ort deiner Wahl,"
    „Ich bin sehr einverstanden", gestand sie. „Komm zu der Raumstation, von wo aus ich mit dir gesprochen habe. Da sind wir vor der Strahlung und den Irritationen sicher."
    Sie nannte ihm die Koordinaten der Station.
    „Ich werde kommen", versprach der junge Drachenbauer. „In einer halben Stunde?"
    „Das genügt", stellte Kaif fest.
    Sie versuchte, einen möglichst unbeteiligten Eindruck zu machen, aber sie hatte das Gefühl, daß er sie durchschaute.
    Zum erstenmal - es war lächerlich, gerade in dieser Situation und ohne seine Aura gespürt zu haben! - fühlte sie sich nach Lopt Zadhevens Tod wieder zu einem männlichen, jungen Galornen hingezogen - und wie sehr!
    Kaif fieberte dem Augenblick ihrer ersten persönlichen Begegnung entgegen. Sie erfrischte sich, konferierte mit Doni Bolster und einigen anderen Galornen, die sich um die Ordnung in der Metropole bemühten, und begab sich nach zwanzig Minuten zum Transmitter.
    Pega Mrion wartete schon auf sie.
     
    *
     
    Kaif hatte versucht, sich vorzustellen, wie seine Aura sein würde. Sie hatte gehofft, daß sie so positiv war wie sein zweidimensonaler Abdruck, und gefürchtet, daß sie von seinem Aussehen und seiner Gestik nur getäuscht worden war.
    Doch diese Sorge war vollkommen unbegründet.
    Die Begeisterung der Jugend (dabei war sie viel jünger als er, fast nur halb so alt!), die Aufrichtigkeit, der Wille, gegen das Böse zu kämpfen - all das und noch mehr strömten auf sie ein, und sie spürte ihren Herzschlag, als sie ihm gegenüber auf der die Wände des Kontrollraums umlaufenden Sitzbank Platz nahm.
    „Ich war dabei, als Duum Trelber dir seinen Vortrag hielt", sagte er mit einem Lächeln. „Du darfst es ihm nicht übelnehmen. Er hat sein halbes Leben lang die Verantwortung für den Drachen getragen, und er glaubt mit Herz und Seele an seine heilbringende Wirkung. Allein die Tatsache, daß seine Mitbürger am Drachen zweifeln, bringt sein Weltbild an den Rand des Einsturzes. Und er wehrt sich natürlich dagegen. Für ihn ist es schlimmer als der Tod, der in seinem hohen Alter der ständige Begleiter ist. Duum Treiber spürt dies, Kaif Chiriatha, und er versucht nun mit allen Mitteln, eine Untersuchung des Drachen zu verhindern. Für ihn kann nicht sein, was nicht sein darf."
    Kaif sah ihm in die Augen und entdeckte nur Ehrlichkeit.
    „Ich weiß", sagte sie langsam. „Er hat es mir unverblümt angekündigt."
    Pega Mrion beugte sich zu ihr vor. Sie schalt sich eine-Närrin, doch das Gefühl war nicht abzustellen.
    Es kam ihr vor, als kenne sie ihn ihr halbes Leben lang.
    „Er ist unser Oberhaupt, der Kopf der Gilde", hörte sie ihn sagen. „Aber in der Gilde kann nicht nur eine Meinung herrschen. Wir sind fünfzig fünfzig Drachenbauer. Diese Zahl wird so gut wie möglich beibehalten.
    Für den, der stirbt, rückt ein Schüler nach. Doch das dürfte dich momentan nicht interessieren."
    „Ehrlich gesagt, nein", meinte sie. „Obwohl ich mich über deine Offenheit freue."
    Pega Mrion nickte. „Einige andere Drachenbauer denken wie ich, daß eine gründliche und baldige Untersuchung des Drachen nötig ist."
    „Dann tut es doch", appellierte Kaif an ihn.
    Der junge Galorne lehnte sich zurück.
    „Es ist leider nicht so einfach. Um den Drachen zu untersuchen, müßten einige von uns in ihn hinabsteigen. Du weißt, wie es in ihm aussieht. Jedenfalls glaubst du das, denn du hast nur einen Teil des Schachts gesehen."
    „Ich war auf seinem Grund", sagte Kaif.
    „Das glaubst du, aber es trifft nicht zu. Bitte erspare mir die Preisgabe weiterer Geheimnisse, ich könnte es nicht verantworten. Ich danke dir auch dafür, noch nicht gefragt zu haben, wie der Drache funktioniert und aufgebaut ist. Auch das dürfte selbst dir keiner von uns je verraten. Was dich interessieren muß, ist, daß eine Mehrheit der Drachenbauer Duum Trelber

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