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1866 - Am Ende einer Hoffnung

Titel: 1866 - Am Ende einer Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sich auch hier, im Zentrum der Stadt, nur wenige Blues auf den Straßen. Aber wenn die schlimmsten Befürchtungen wirklich zutrafen, dann blieben ohnehin fast alle infizierten Bewohner in ihren Wohnungen und suchten dort verzweifelt nach einer geometrischen Figur, die sie über kurz oder lang finden würden, und es half auch nichts, wenn ihnen ein Außenstehender zeigte, wonach sie suchten. Dieses Symbol mußten sie aus eigener Kraft finden.
    „Sie suchen den Kreis", stieß Dao-Lin-H’ay zerknirscht zwischen den Zähnen hervor. „Wenn das wirklich wahr ist ..."
    Ein sternförmiges Gebäude zu ihrer Linken; die gläserne, jedoch keineswegs transparente Fassade wirkte wie ein Spiegel, der Teile des Straßenzugs, der Tunnelröhren und der gegenüberliegenden Bauten in eigenwilliger Verzerrung und Vergrößerung wiedergab. Dao-Lin entdeckte auch sich selbst, in zehn Metern Höhe stakste ihr Abbild mit irrwitzigen Verrenkungen über die Hausfront. Im Brennpunkt zweier Sternzacken existierte sie plötzlich in hundertfacher Ausfertigung.
    Sie drang in das Bauwerk ein. In den unteren Geschossen weitläufige Gewerbeflächen, ein Markt, in dem bis vor kurzem alles angeboten worden war, was das Bluesche Imperium an Genüssen zu bieten hatte. Jetzt wirkte die planetaren Besonderheiten nachempfundene Kauflandschaft öde. Lediglich die Robotterminals blinkten einsam ihre unermüdliche Aufforderung zum Kauf.
    Ein holographischer Werbeträger entstand vor der Kartanin. Sie achtete nicht darauf, was ihr mit unterschwelliger Aufdringlichkeit offeriert wurde, sondern schritt durch die heftig gestikulierende Gestalt hindurch, die im gleichen Moment in einem glitzernden Sternenmeer zerfiel.
    Hier hatten die dem Kritzelwahn verfallenen Apasos ebenfalls ihre Spuren hinterlassen. Umgestürzte Regale, Waren, scheinbar wahllos über den Boden verstreut, aber bei näherem Hinsehen doch erkennbare geometrische Muster. Beschmierte, zerknüllte, achtlos wieder weggeworfene Schreibfolien fanden sich überall.
    Ein Werbeholo, zwischen künstlicher Wüstenlandschaft und einem Meer ineinander verschlungener Würmer, zerfloß zu immer neuen Verschlingungen. Leuchtende Dreiecke rotierten um verschiedene Achsen, veränderten sich zu Linien, zu Spiralen, explodierten in grell aufstiebenden Funken, und jeder dieser Funken wurde selbst zur neuen Linie, die sich schlangengleich durch die Luft wand.
    Die Kartanin fand mehrere Blues, die das Holo manipulierten. Auch sie waren durchaus bei Verstand und ansprechbar, gaben aber kaum sinnvolle Antworten.
    „Wir suchen nach der Lösung eines wichtigen Problems." Mehr war von ihnen nicht zu erfahren. Und während sie das sagten, kritzelten sie unentwegt weiter.
     
    *
     
    Myles Kantor hatte ein paar Sorgenfalten mehr aufzuweisen. Nachdenklich blickte er die Kartanin von der Bildfläche ihres Armbandkoms an.
    „Die Verhaltensmuster der betroffenen Blues sind exakt so, wie wir sie aus dem Bannkreis der Philosophen kennen", faßte er zusammen. „Ich wünschte, es wäre anders, aber ich kann diese Übereinstimmung nur bestätigen."
    Dao-Lin-H’ay stieß ein dumpfes, grollendes Fauchen aus. „Wie kriegen wir ihn? Notfalls töte ich ihn mit bloßen Händen, aber wir müssen Apas von dieser Bestie befreien."
    Myles Augenaufschlag war bezeichnend. Nur zu gut konnte er Dao-Lins Gefühle nachempfinden. Das war keine plötzliche Mordlust, die aus ihr sprach, sondern schlicht und einfach das Gefühl einer beginnenden Ohnmacht vor den Invasoren. In einer Zeit, in der es nur die Wahl gab, du oder ich, entschied sich jedes denkende Wesen zwangsläufig fürs eigene Überleben.
    „Ich schließe nicht mehr gänzlich aus, daß ein Philosoph die Explosion des Brutkosmos überlebt haben könnte", sagte Myles Kantor tonlos. „Er hätte sich überall einnisten können, aber der Zufall hat ihn wohl nach Apas verschlagen."
    „Er scheint noch sehr schwach zu sein und keinen sonderlich starken Einfluß auszuüben."
    „Das wird sich rapide ändern, schneller, als uns allen lieb sein kann. Je länger der Philosoph die Blues von Rabaka manipuliert, desto stärker wird er."
    - Dao-Lin hob die Schultern. Es war keine sehr zuversichtliche Geste.
    „Bislang habe ich keine Anzeichen entdeckt, daß einige Apasos sich noch seltsamer verhalten als andere, daß bereits ein innerer Kreis im Entstehen begriffen ist. Aber vier Stunden sind für das Areal einfach zuwenig."
    „Sobald die Blues erst den Kreis entdeckt haben und nichts anderes

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