1868 - Hoffnung der Tolkander
immer das Gefühl, daß du genau wüßtest, was in mir vorging .."
„Das meiste jedenfalls", bohrte sie vergnügt in der Wunde herum. „Ich kann mich daher sehr gut auf andere einstellen, wie ich es auch bei den Herreach tat. Ich empfing ihre Emotionen und reflektierte sie entsprechend. Obwohl sie sehr fremd sind, konnte ich ihre Körpersprache und ihre Empfindungen ausloten und verstehen, so daß ich mich in sie hineinfühlte und ihnen das vermittelte. Daher rührt mein psychologisches Talent. Aber ein bißchen Verstand gehört natürlich auch dazu, den mir meine Eltern mitgegeben haben."
„Empathin", murmelte er, immer noch fassungslos. „Dabei ist es so einfach. Ich konnte doch spüren, daß du äußerst sensibel bist und sofort auf jede Stimmungsänderung reagierst. Das kann von Nachteil sein, wenn die Stimmung schlecht ist, aber auch von Vorteil für dich bei besonderen Gelegenheiten. Wenn du willst, kann man sich in deiner Nähe sehr wohl fühlen."
„Natürlich. Ist das ein Problem für dich?"
Jetzt lachte er. „Keineswegs", sagte er freundlich. „Ich würde eher sagen, im Gegenteil."
Der Arkonide streckte der jungen Sabinnerin die Hand hin. „Auf weitere gute Zusammenarbeit!"
Sie drückte die Hand, vollkommen versöhnt. „Wir machen gemeinsam weiter?"
„Nach diesem Erfolg möchte ich um nichts in der Welt auf deine Anwesenheit verzichten", versicherte er. „Gerade mit deiner besonderen Gabe kannst du vielleicht gefährliche Situationen eher erahnen als ich. Und da ich ohnehin fast alle NOVARaumer benötige, würde ich sagen, daß die FARGO, die inzwischen repariert sein dürfte, umgehend die ersten 400 Herreach aufnimmt, dazu mich und dich. Bist du einverstanden?"
Bré Tsingas Zusage stand außer Frage.
8.
Nach Plophos Zur GILGAMESCH zurückgekehrt, gab es einige Neuigkeiten.
Bevor er sich mit ihnen beschäftigte, schickte Atlan die FARGO und weitere 800-Meter-Raumer nach Trokan, um Herreach an Bord zu nehmen.
Dann erfuhr er, daß von weiteren galaktischen Ballungszentren Meldungen über das Auftreten des Kritzelsyndroms eingetroffen waren: von Unith, Gäa in der Provcon-Faust, Rolfth und Lingora, der Ursprungswelt der Linguiden. Auch diese blieben also vom Einfluß der Philosophen nicht verschont! Hinzu kamen weitere dichtbesiedelte Welten aller Milchstraßenvölker - bisher waren insgesamt 32 neue Philosophensitze bekannt geworden.
Damit fehlten weiterhin zwanzig Welten. Atlan war sich inzwischen sicher, daß alle 52 Philosophen überlebt und damit natürlich ebenso viele Planeten heimgesucht hatten.
„Wir müssen sie so schnell wie möglich orten!" spornte er Myles an, der sich mit seinem Stab ohnehin um nichts anderes kümmerte.
Nach und nach trafen die angeforderten Raumer der NOVA-Klasse ein; Cistolo Khan hatte vor, sich und sein Flaggschiff PAPERMOON ebenfalls in den „Herreach-Einsatz" zu schicken.
Atlan hatte sich bisher nicht geäußert, in welchen Einsatz er die FARGO zu schicken gedachte. Bré Tsinga hatte natürlich eine Vermutung, aber sie schwieg, und dafür war er ihr dankbar.
Er hatte vor, Arkon anzufliegen und vom Philosophen zu befreien. Aber dazu brauchte er natürlich die Zustimmung des Kristallimperiums und stellte daher per Hyperfunk eine zweite offizielle Anfrage, in der er seine Hilfe anbot.
Die Antwort oder auch NichtAntwort wollte er in seinem Quartier abwarten; immerhin wußte er nicht, ob nicht neue Demütigungen auf ihn warteten. Außerdem hatte er seine Absicht den anderen gegenüber noch nicht deutlich gemacht.
Einmal meldete sich Dao-Lin-H’ay bei ihm, die sich inzwischen über alles informiert hatte, und teilte mit, daß sie sich auf einem der Schiffe einfinden würde, sobald die Einsatzorte festgelegt seien. Der Arkonide dankte ihr dafür, zeigte sich aber ein wenig zerstreut.
Er wartete auf Antwort von Arkon.
Ich kann ihnen doch helfen, verdammt! dachte er. Das können sie einfach nicht ablehnen! Dafür wird ja nicht einmal ein Dank von ihnen erwartet!
Der Summer ertönte, und er fuhr hoch. Bré dachte er. Er wußte es einfach. Und freute sich darüber. Sein Logiksektor hatte sich schon über die beginnende leise Zuneigung zu der jungen Frau lustig gemacht; mußte jedoch einräumen, daß sie in der Tat faszinierend war.
Sie kam herein, mit einer langhalsigen, nach unten zu bauchigen Karaffe, in der eine seltsam blaugrüne Flüssigkeit mit kleinen silberfarbenen Kristallen schwamm.
„Es gibt nichts Öderes als Warten", sagte sie.
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