1869 - Gesang der Kleinen Mütter
Galaktiker.
Tarad Sul fürchtete sich nicht. Er vertraute auf Presto Gos Erfahrung, andere einschätzen zu können, und auf sich selbst. Er besaß die nötige Ruhe und Gelassenheit. Er war alt, für ihn gab es sowieso kaum mehr eine Zukunft. Aber er konnte dazu beitragen, daß es für die Jüngeren seines Volkes eine Zukunft geben würde.
Er fand es schrecklich, daß es immer noch keinen Zyklus gab. Er hätte in dieser neuen Zeit gerne noch ein paar Kinder heranwachsen sehen.
Aber vielleicht kam der Tag noch, wenn sie jetzt alles gaben. Diese menschliche Frau, Bré Tsinga, hatte gesagt, daß erst dann alles gut werden könne, wenn die Normalität wiederhergestellt sei. Natürlich würde Trokan dann nicht wieder im Zwielicht versinken, das war Tarad Sul klar. Diese Zeit war für immer vorbei, nun gab es Tag und Nacht, und seine Welt begann auch zu blühen. Die Mühsal als Bauer ‘der vergangenen Zeit würde es nicht mehr geben.
Doch in eine solche neue und vielleicht sogar schönere Welt gehörten Kinder, das war schon immer so gewesen. Wie hätten sich die Herreach sonst entwickeln können? Es gab keine schrecklichere Vorstellung für Tarad Sul, als daß sein Volk zum Aussterben verurteilt wäre.
Der Feind mußte also sterben. Und er würde seinen Beitrag dazu leisten. Die anderen Herreach, die mit ihm an Bord gegangen waren, hatten dieselbe Überzeugung. Das war schon eine sehr gute Voraussetzung für eine erfolgreiche Gebetstrance. Sie akzeptierten ihn als Gebetsleiter. Keiner von ihnen verspürte den Drang, diese schwierige Aufgabe übernehmen zu wollen.
Tarad Sul wußte, daß die Kommandantin, Nora Flaving, anfangs ein wenig nervös gewesen war.
Immerhin hatte sie noch nie etwas mit den Herreach zu tun gehabt, doch hatte er ihr versichert, daß alles in bester Ordnung sei. Die klimatischen Bedingungen entsprachen genau ihren Wünschen, und auch ansonsten klappte alles gut. Sie hatten kein Verlangen, mit irgend jemandem der Besatzung in Kontakt zu treten, sondern blieben still unter sich.
Und machten sich auf den Weg in den Hangar, als es an der Zeit war.
*
Das Verth-System wirkte ruhig und friedlich, als die VULPECULA in den Normalraum zurückkehrte.
Gatas schwieg, aber das war nicht verwunderlich. Dort hatte das Kritzelsyndrom bereits genügend Zeit gehabt, sich gründlich auszubreiten.
Es schien alles in bester Ordnung zu sein, eher wirkte der große Kugelraumer der NOVA-Klasse als störender Eindringling.
Kein Schiff war unterwegs, keine Funkrufe schwirrten durch das System. Nur automatische Rechneranfragen und die Antworten anderer Computereinrichtungen waren auszumachen. Intelligente Wesen waren anscheinend alle mit Kritzeln beschäftigt.
„Genau das, was einen normalerweise ganz schön kribblig macht", murmelte die Kommandantin vor sich hin, während sie die Ortung anwies, die Hyperraumblase ausfindig zu machen.
Sie war eine erfahrene Raumfahrerin, die schon lange in den Diensten der LFT stand; mit „ihrem" Schiff sozusagen verheiratet. Die Kommandantin wurde von niemandem als Schönheit bezeichnet, besaß aber ein ausgesprochen freundliches, unerschütterliches und geradezu mütterliches Gemüt, das sie bei der Besatzung rasch sehr beliebt gemacht. hatte. Sie ließ sich aber nicht auf der Nase herumtanzen, sondern formulierte ganz deutlich ihre Anordnungen und erwartete, daß diese auch unverzüglich erledigt wurden. Darüber hinaus konnte sie schnelle Entscheidungen treffen und kannte sich in der Führung eines Schiffes bestens aus.
„Die Hyperraumblase wurde rund hundert Kilometer über Gatas geortet. Wir haben uns ihr bis auf 300 Kilometer genähert, um die Kleine Mutter nicht vorzeitig zu verjagen", gab sie von der Zentrale aus an alle durch. „Tarad Sul, ich hoffe, daß dir diese Entfernung genügt."
Entfernungen spielen nur eine geringe Rolle, hatte Caljono Yai gesagt.
„Selbstverständlich", versicherte der alte Herreach ruhig.
„Wir sind also auf alles gefaßt", fügte Nora Flaving hinzu. „Sollte die Kleine Mutter sich dünnemachen, sind wir sofort hinterher. Ansonsten darf ich jetzt die Herreach bitten, mit der Aktion zu beginnen."
Tarad Sul merkte bald, daß die Aufgabe zu bewältigen war. Die Herreach versenkten sich tief in Trance, und nachdem er sich auf sie eingestellt hatte, fiel es ihm ganz leicht, sie zu führen. Er hatte es längst gelernt, sich auf die Gebetsleiter einzustellen, deshalb fiel es ihm nicht schwer, nun seinerseits 400 Herreach sich wie
Weitere Kostenlose Bücher