187 - Die Wolfshexe
Gehörnte sie mit einem schmerzhaften Schlag nieder und wandte sich der schwer verletzten Wölfin zu.
Schaum hing an den Lefzen des Tieres. Es knurrte immer noch haßerfüllt und starrte Nalphegar mit mordlüsternen Lichtern an.
Der Gehörnte sank vor der Wölfin auf die Knie und hieb seine Hauer dem Tier in den Leib.
Ein letztes Jaulen stieg steil auf, ging in ein klagendes dünnes Winseln über und verwehte. Nalphegar sog Mut und Kampfkraft aus der verendenden Wölfin. Ein Wort von ihm genügte, und der Kadaver löste sich auf. Lacona befürchtete ein ähnliches Ende. Sie flehte und bettelte um ihr Leben, doch Nalphegars Entschluß stand fest:, Auch sie mußte sterben, damit er neues Leben schaffen konnte.
Als er sich neben ihr auf die Knie niederließ, kreischte sie ihre entsetzliche Angst heraus, doch das nützte nichts. Mit geöffnetem Maul beugte sich der Gehörnte über sie und beendete ihr Gekreische mit einem Biß in die Kehle.
Er nahm ihr alles, was sie an Vorzügen in sich hatte und vereinte es mit der Energie der getöteten Wölfin. Auch ihren Leichnam besprach er, damit er sich auflöste, und dann ging er unverzüglich daran, neues Leben zu bilden.
Gutturale Laute entrangen sich seiner Kehle. Sie waren so schwer, daß sie auf seine Handflächen sanken und sichtbar wurden. Zunächst waren es blaue Dämpfe, die sich auf seinen Händen ballten und verdichteten.
Allmählich entstand in ihnen ein schwefelgelber Kern, der rasch keimte und größer wurde. Er überzog sich mit einer seifig schillernden Haut, die das Blau mehr und mehr verdrängte.
Magische Reaktionen liefen in jener im Moment noch undurchsichtigen Fruchtblase ab. Leben entstand darin!
Die schillernde, widerstandsfähige Haut begann, einem Herzschlag gleich, zu pulsieren. Spiegelnde Flächen bewegten sich darauf hin und her. Nalphegar gab von sich, was er vorhin an sich genommen hatte. Alles fand seinen Weg in die Fruchtblase, die sich regelmäßig zusammenzog, um sich gleich wieder auszudehnen.
Das schwefelige Gelb zog sich von den Blasenwänden zurück, konzentrierte sich zu einer länglichen Form, deren Konturen noch sehr verschwommen waren.
Aber die Entwicklung setzte sich stetig fort, aus dem gelben Nichts wurde allmählich ein Etwas.
Leben entstand in dieser magischen Ursuppe, ein Körper wuchs - ein Mädchenkörper, zierlich und schlank, jung und schön. Die Muskeln unter der glatten, geschmeidig-weichen Haut zuckten, als würde Strom sie durchfließen.
Nalphegar legte jetzt eine Krallenhand auf die Blase. Der Druck verformte sie, aber sie platzte nicht. Schützend umhüllte sie das Mädchen weiter.
Sie war sehr schön und blond und hatte aufregend dunkle Augen. Ihrem Liebreiz und ihrer Anmut würde sich niemand entziehen können.
Sie würde jedermann mit spielerischer Leichtigkeit täuschen, denn niemand würde auch nur im entferntesten auf die Idee kommen, sie für gefährlich zu halten.
Aber das war sie - eine reißende Wölfin und eine tückische Hexe. Ein Wesen, dem man nicht über den Weg trauen durfte.
Sie war nackt, hatte die schlanken Beine angezogen, lag auf den Knien und stützte sich mit den Armen ab. Jetzt regte sie sich, richtete sich auf, und Nalphegar sah ein eiskaltes Feuer in ihren samtbraunen Augen flackern.
Er grinste zufrieden und war stolz auf sein Werk.
Es gab Lacona und die Wölfin nicht mehr. Dafür gab es dieses neue Wesen, das alle Vorzüge ihrer Vorgängerinnen in sich vereinigte.
Ihr langes Haar umrahmte wie Hunderttausende von Goldfäden ein makelloses Gesicht und floß in weichen Wellen bis zu den üppigen Brüsten hinunter.
Sie schaute Nalphegar - der gewissermaßen ihr Vater, auf jeden Fall aber ihr Schöpfer war - ohne Furcht an, obwohl er grauenerregend aussah.
Seine schreckliche Fratze verzerrte sich zu einem häßlichen Grinsen, und sie lächelte ihm in inniger Verbundenheit zu, wußte sie doch, daß sie ihm ihr Leben verdankte.
»Du bist mir vortrefflich gelungen«, stellte Nalphegar fest. »Mein Meisterwerk bist du geworden. Du wirst mir sehr viel Freude machen. Nun brauchst du nur noch einen Namen.«
Er dachte kurz nach.
Sie strich sich mit beiden Händen die goldene Flut ihres Engelshaars aus dem Gesicht und wartete auf seine Entscheidung, die sie akzeptieren würde.
»Wie wäre es mit Moma?« fragte Nalphegar. »Ja, ich werde dich Moma nennen. Bist du damit zufrieden?«
Moma sprach zum erstenmal. »Jeder Name ist mir recht«, sagte sie. Ihre Stimme hatte einen weichen,
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