187 - Die Wolfshexe
dafür.
Panische Angst erfaßte sie. Sie wollte um Hilfe schreien, doch aus ihrer zugeschnürten Kehle entrang sich nur ein unglückliches Schluchzen.
Sie überwand ihre entsetzliche Angst, und ihr Verstand wurde erstaunlich klar. Du mußt fliehen! sagte sie sich. Auf der Stelle!
Sie handelte sofort.
Mit der Schulter rammte sie das Raubtier zur Seite und stürmte aus dem Schlafzimmer. Moma folgte ihr mit langen Sätzen.
Die Wölfin war schneller bei der Wohnungstür. Mit vorgestreckten Pranken erwartete sie ihr Opfer. Da dieser Fluchtweg verstellt war, schwenkte Jane Lawford ab und schloß sich ins Bad ein.
Aber eine verriegelte Tür konnte die starke Wölfin nicht aufhalten. Mit harten Prankenhieben traf sie das Holz. Ihre langen Krallen rissen lange Splitter heraus.
Schluchzend starrte Jane auf den Riegel, der dem wilden Ansturm der Bestie nicht gewachsen war. Er wackelte bereits. Bald würde er brechen.
Verzweifelt preßte Jane die Hände auf die Ohren. Diese dumpfen, kräftigen Hammerschläge, die immer wieder die Tür trafen, machten sie wahnsinnig.
Sie stieg auf die Wanne und öffnete das schmale Milchglasfenster. Sie war entschlossen hinauszuklettern, obwohl sie nicht wußte, wie es dann weitergehen sollte.
Wahrscheinlich würde sie drei Stockwerke tief fallen, aber war das nicht besser, als von dieser fürchterlichen Bestie zerrissen zu werden?
Jane schob sich nach draußèn.
Im selben Augenblick flog die Tür zur Seite und knallte gegen die Wand. Moma stürzte sich auf das Opfer, riß es zurück. Jane Lawford fiel in die Wanne, und die Wölfin ließ sich sofort auf sie fallen. Schwer preßte das Tier sie gegen den Wannenboden.
Jane schlug wie von Sinnen um sich, soweit dies möglich war. In ihrer Todesangst krallte sie die Finger in das Fell des Raubtiers und drückte es mit aller Kraft von sich, doch sie erreichte damit nichts.
Die Wolfsschnauze stieß nach unten. Jane sah die langen Reißzähne, spürte den beißenden Atem der Bestie auf ihrem Gesicht - und im nächsten Moment die Zähne an ihrer Kehle.
Gnadenlos nahm die Wölfin ihrem Opfer das Leben.
***
In Tucker Peckinpahs Haus empfing uns eine strahlende Festbeleuchtung. Die Wagenflotte vor dem großen Gebäude konnte sich sehen lassen.
Wenn Tucker Peckinpah eine Party gab, kamen immer sehr viele Leute. Sehen und gesehen werden, lautete die Devise. Der Industrielle hatte bereits Dutzende Hände geschüttelt, griff aber immer noch fest zu, als er uns begrüßte.
»Freut mich, daß Sie kommen konnten…« - »Nett, Sie zu sehen…« - »Schön, Sie in meinem Haus begrüßen zu dürfen…« Das ließ Peckinpah bei den anderen Gästen vom Stapel.
Zu mir sagte er: »Hallo, Tony, wie geht’s?«
»Heute sehr gut, Partner«, antwortete ich. »Und wie ist Ihr wertes Befinden?«
»Der Abend hat ein wenig stressig angefangen, aber ich bin dennoch fest entschlossen, ihn zu genießen.«
Wir gingen weiter und bemerkten Cruv, den sympathischen, häßlichen Gnom von der Prä-Welt Coor. Heute trug er keine Melone. Ich hatte irgendwie den Eindruck, daß er kleiner war als sonst, aber das stimmte selbstverständlich nicht.
Er war Peckinpahs Leibwächter, ein mutiger Kämpfer mit dem Herz eines Löwen. Man sah es ihm nicht an.
»Sag mal, Kleiner, bist du geschrumpft?« erkundigte sich Mr. Silver grinsend. »Das kannst du dir bei deiner geringen Größe nicht leisten.«
Die beiden neckten einander nahezu jedesmal, wenn sie sich begegneten, und fast immer fing der Ex-Dämon damit an, aber Cruv blieb ihm nichts schuldig.
»Selbst auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, kann ich nur sagen, daß du nicht größer bist als ich, sondern bloß länger«, erwiderte Cruv trocken.
»Mit dieser Antwort konnte schon Napoleon keine Freunde gewinnen«, konterte der Hüne.
»Sag mal, kannst du mir verraten, weshalb du dich als Oberkellner verkleidet hast? Willst wohl möglichst dicht an den Getränken bleiben?«
»Tony!« rief mir Tucker Peckinpah nach. »Ich möchte Ihnen später ein paar interessante Leute vorstellen.«
»Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, Partner«, gab ich zurück, und dann stürzten wir uns ins Getümmel.
Vicky kannte durch ihre schriftstellerische Tätigkeit eine Menge Leute. Ich hatte sie nicht lange für mich. Sie mußte mit diesem und jenem ein paar Worte wechseln.
Ich hatte Verständnis dafür, daß sie nicht unhöflich sein wollte. Daheim würde ich sie dann wieder für mich allein haben. Heute abend gehörte sie auch
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