1880 - Die Dscherro
jeglicher Grundlage entbehrte.
Es war eine mißliche Lage, in der sich Taka Poulones und sein Stamm befanden. Doch fühlte er sich in der Lage, die Situation zu meistern, wie es einem verantwortungsvollen Taka zustand.
Zuerst galt es jedoch, seine Feinde aufzuspüren und auszutilgen.
*
„Es gibt Aufrührer in unserer Burg, die unsere mißliche Lage für ihre persönlichen Machtgelüste ausnützen wollen", sagte Taka Poulones zu seinem Besucher, während er ihn lauernd umkreiste. „Das ist gewiß nicht zum Wohle des Stammes. Als Taka habe ich keine andere Wahl, als diese schädlichen Elemente zu entfernen. Das verstehst du doch, Fellokk?"
„Du bist der Taka, Poulones", antwortete der Krieger. „Du weißt, was zu tun ist."
„Könnte es nicht sein, daß du manche meiner Anordnungen im Zuge der Säuberungsaktion vielleicht doch nicht akzeptieren kannst, Fellokk?"
Fellokk sah auf, als sich der Taka vor ihm aufbaute, und erwiderte seinen Blick fest.
„Wenn du auf die Hinrichtung von Konnack und Schickor abzielst, dann muß ich gestehen, daß ich eine Begründung dafür nicht ganz nachvollziehen kann", sagte Fellokk, ohne den Blick zu senken. „Doch akzeptiere ich deine Entscheidung. Ein Taka weiß, was zu tun ist, und braucht sich für seine Taten nicht zu rechtfertigen."
„Wenn es nur so einfach wäre, Fellokk!" sagte Taka Poulones seufzend. „Es gibt jedoch Situationen, wo auch -ein Taka sich erklären muß. In einer solchen Situation befinde ich mich. Konnack und Schickor waren in vielen Einsätzen deine Kameraden. Und du bist einer meiner besten Krieger. Ich kann es mir nicht leisten, dich im ungewissen darüber zu lassen, warum ich sie richten mußte. Ich sehe es als meine Pflicht, dir gegenüber Rechenschaft über meine Motive abzulegen."
Taka Poulones machte eine Pause, in der er sein Gegenüber belauerte. Er sog einige Male tief die Luft ein, doch konnte er keinen verräterischen Hormonausstoß an Fellokk wahrnehmen.
„Konnack und Schickor mußten sterben, weil sie meine Position in Frage gestellt haben", fuhr Taka Poulones fort. „Sie haben die Krieger gegen mich aufgehetzt, indem sie mich als einen Schwächling bezeichneten, der sich nicht gegen die Terraner Krieg zu führen getraut. Was sagst du dazu, Fellokk?"
„Wer sich in der Öffentlichkeit so intrigant über einen Taka äußert, der hat nichts anderes als den Tod verdient."
„Das höre ich gerne aus dem Mund eines ruhmreichen Kriegers", sagte Taka Poulones anerkennend.
„Doch weißt du, was die beiden behauptet haben? Sie sagten, daß du sie dazu aufgewiegelt hättest. Sie verbreiteten überall, daß der Krieger Fellokk der Ansicht sei, man dürfe mit den Terranern nicht verhandeln. Sie sagten, du seist der Auffassung, man müsse den Terranern mit aller Härte begegnen und sie in die Knie zwingen. Oder hat man mich da falsch informiert?"
„Das ist meine persönliche Meinung, und dazu stehe ich", antwortete Fellokk. „Ich habe sie auch gegenüber dem Serofen Onkerk geäußert. Ein Krieger muß nicht unbedingt derselben Ansicht wie sein Taka sein. Doch hat er die Entscheidungen des Taka zu akzeptieren."
Als Fellokk das sagte und Poulones geradewegs in die Augen sah, da nahm der Taka keinerlei wie auch immer gearteten verräterischen Geruch wahr.
Fellokk war ein Heißsporn und kritischer Geist, doch war er kein Aufwiegler, sondern ein ehrlicher Charakter, der geradeheraus seine Meinung sagte. Zu diesem Schluß mußte Taka Poulones kommen. Etwas anderes war gar nicht denkbar, weil Fellokk nicht in der Lage war, einen Taka zu täuschen.
„Ich finde es aufrichtig bedauernswert, daß du nicht einer Meinung mit deinem Taka bist, Fellokk", sagte Taka Poulones. „Andererseits achte ich deine Meinung und deine aufrechte Haltung. Hätte ich nur mehr von deinem Schlag, der du manchmal zwar unbequem bist, aber dafür aufrecht und loyal. Ich hoffe jedoch, daß die Zukunft dir zeigen wird, daß meine Entscheidung, sich mit den Terranern auf dem Verhandlungsweg zu einigen, die richtige ist."
„Davon bin ich überzeugt, Taka Poulones, auch wenn ich in meiner Einfalt anders entscheiden würde."
Dieser Fellokk ist im Geiste so rein und unverdorben wie ein Neugeborenes, dachte Taka Poulones.
Wenn er lauter solche Dscherro um sich hätte, würde ihm die Führung des Stammes viel leichter gemacht werden.
„Du bist entlassen, Fellokk", sagte der Taka nur noch und sah dem jungen, starken Krieger nach, bis er seinen Kommandostand
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