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1881 - Chaostage

Titel: 1881 - Chaostage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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aus verfolgte er den Report, den Katie Joanne und Occar Singh ausstrahlten.
    Eine Reihe von Mitarbeitern hielten sich bei ihm im Büro auf. Bleich und verstört beobachteten die meisten das Kampfgeschehen, das ihnen von verschiedenen Sendern hautnah ins Haus geliefert wurde.
    „Ich wußte, daß Katie es schafft?" rief der Leitende Redakteur. „Sie ist genau richtig für diesen Job."
    „Die Dscherro greifen uns an", stammelte Assal Ylani, die Chefin vom Dienst.
    „Ja, ja, das sehe ich", entgegnete er, ohne den Blick von den faszinierenden Bildern zu wenden, die Katie Joanne einfing.
    Sie liefen in dem größten der Holowürfel ab, die sich an einer Wand aufgebaut hatten. Das Logo von SolTel war allzu deutlich darin zu sehen.
    „Begreifst du denn nicht?" fragte Assal Ylani. Sie war eine dunkelhaarige Frau mit dem Habitus einer Intellektuellen. „Wenn es so weitergeht, werden sie die Verteidigungslinien durchbrechen und früher oder später auch hier bei uns im Sender sein."
    „Ach Quatsch!" lachte er. „Der ganze Spaß dauert vielleicht noch zehn Minuten. Dann ist alles vorbei, und die gehörnten Monster sind wieder hinter der Barriere."
    Er wandte sich ihr zu, und ihm fiel auf, wie blaß sie war und daß Tränen in ihren Augen standen.
    Er grinste breit. Genüßlich trank er einen Schluck Rotwein.
    Ist nicht wahr, Mäuschen", staunte er. „Du hast tatsächlich Angst."
    „Und ob ich die habe!"
    „Du läßt dich von dieser brillant gemachten Reportage bluffen?" staunte er. „Das ist wirklich toll. Ein Wahnsinnskompliment für Katie Joanne! Dabei wissen wir, wie so was gemacht wird. Die Zuschauer da draußen haben keine Ahnung."
    „Cruno", unterbrach sie ihn. „Begreifst du denn nicht? Es ist wirklich ernst."
    „Ach was", winkte er ab. „Es dauert nicht mehr lange. Schau dir diese Bilder an und genieße sie. Ich bin sicher, Katie Joanne wird in diesem Jahr den Pressepreis damit gewinnen."
    Er war nicht von der Überzeugung abzubringen, daß es sich bei dem Angriff der Dscherro um ein kurzes Intermezzo handelte, dem man nicht allzuviel Gewicht beimessen durfte.
    Begeistert von der Arbeit seines Teams ließ er sich wieder in seinen Sessel sinken, legte die Füße auf den Tisch, griff nach dem Weinglas und genoß die rote Flüssigkeit Schluck für Schluck.
    Seine Mitarbeiter konnten ihn mit ihrer Angst nicht aus der Ruhe bringen.
    „Unglaublich!" schwärmte er. „Stellt euch mal vor, wie dieser Report auf unsere Zuschauer wirkt. Panik wird die meisten erfassen, und noch nach Jahren wird man von SolTel als dem Sender reden, der den absoluten Spitzenreport gebracht hat. Und Katie wird den begehrtesten Preis einheimsen, den die Presse der Liga zu vergeben hat."
    Die Männer und Frauen im Raum mußten zugeben, daß kein Bericht so gut und so überzeugend war wie der von Katie Joanne. Die Reporter der anderen Sender waren offenbar von dem Angriff ebenso überrascht worden wie die terranischen Kämpfer im Verteidigungsring.
    Keiner von ihnen war zur Zeit so nah am Geschehen wie die junge Frau, die von SolTel in die Schlacht geworfen worden war. Sie waren auf dem Weg zum Schlachtfeld und hatten nicht mehr einholbare Zeit verloren.
    In einem der Monitorwürfel wechselte das Bild.
    Cruno DeFaas richtete sich ein wenig auf. „Das habe ich befürchtet", sagte er.
    „NATHAN hat sich eingeschaltet!" Assal Ylani atmete erleichtert auf.
    „Richtig", bestätigte er ärgerlich. „Viel zu früh für uns. Damit dürfte die Arbeit für Katie beendet sein."
    Der Redakteur blickte auf sein Chronometer.
    „14.07 Uhr. Ich gebe ihr noch fünf Minuten."
     
    4.
     
    „Am leichtesten erträgt man die Gewalt, die man eines Tages selbst auszuüben hofft."
    „Das hat etwas für sich, Abraham."
    „Und ob es das hat! Trifft es nicht genau den Kern dessen, was wir tun?"
    „Du machst mich nachdenklich. Es ist eine Form der Gewalt. Eine besondere. Bisher habe ich es eigentlich mehr als ein intellektuelles Vergnügen angesehen."
    „Das ist es sicherlich, doch seine Konsequenzen sind anderer Art."
    „Hast du Bedenken?"
    „Ein wenig. Wer sich gegen Gewalt ausspricht, sollte nicht nur mahnend den Zeigefinger gegen andere erheben, sondern bei sich selbst beginnen."
    „Da hast du allerdings recht. Ich werde darüber nachdenken. Aber warte! Es ist etwas geschehen. Ich fürchte, die Realität hat uns eingeholt. Sieh aus dem Fenster!"
     
    *
     
    Viel früher, als Cruno DeFaas bemerkt hatte und sich vielleicht auch vorstellen konnte,

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