1884 - Botschaft des KONT
er sich um, stierte Down an, als ob er diesen attackieren wollte. Er tat es nicht, stammelte statt dessen unverständliche’ Worte und rannte davon.
Down Kempesch Kort richtete sich zögernd auf. Im Inneren seines Schädels schien sich eine dämpfende, klebrige Masse breitgemacht zu haben; das Denken und Fühlen des Nonggo hatte sich verlangsamt, auf einen Bruchteil seiner normalen Fähigkeiten. Jeder Gedanke schien sich auf den Nervenbahnen zubewegen, als müsse er sich durch eine sirupzähe Flüssigkeit vorankämpfen.
Down Kempesch Kort wußte, daß er dergleichen schon einmal erlebt hatte, vor langer Zeit. Vielleicht lag es daran, daß er jetzt wenigstens noch halbwegs aktionsfähig blieb, während seine Gefährten zu keiner vernünftigen Reaktion mehr fähig zu sein schienen. Was sie in der Umgangssprache der Nonggo, dem Nod, von sich gaben, war, ein unzusammenhängendes Gestammel, dem kein Sinn zu entnehmen war.
Down Kempesch Kort war unter den Nonggo ein Ausnahmefall, von Geburt an hatte er sich anders entwickelt. Die genauen Gründe dafür hatte Down Kempesch Kort niemals erfahren, aber er war zur Zeit der einzige lebende Nonggo, dem nicht schon vor der Geburt oder spätestens danach ein SBS-Chip eingepflanzt worden war, eine syntronischbionische Schnittstelle zum sogenannten Mikro-Neuron.
Ein Mikro-Neuron umfaßte nicht nur ausgewählte technische Geräte im Haushalt des gerade geborenen Nonggo, es verband das Neugeborene auch mit allen Mitgliedern seiner engeren Familie. Die Schnittstelle sorgte für einen reibungslosen und ultraschnellen Datenfluß, sowohl zwischen Nonggo und allen technischen Geräten in seiner Umgebung als auch - im Prinzip zumindest - mit allen Individuen der Nonggo-Zivilisation.
Entsprechend der körperlichen und geistigen Entwicklung des Kindes wurde die Reichweite der Schnittstelle in Stufen erweitert. Halbwüchsige hatten Zugriff auf das sogenannte Meso-Neuron und damit auf eine Vielzahl von Personen und Geräten, die sorgfältig ausgewählt wurden. Die Beschränkung in der Nutzung der neuronischen Netze der Nonggo-Zivilisation hatte zum einen die Absicht, den Halbwüchsigen nicht zu überfordern, zum anderen sollte er daran gehindert werden, in diesem Netz Schaden anrichten zu können.
Der Begriff Meso-Neuron umfaßte deshalb die beschränkten Zugriffsmöglichkeiten eines Kindes oder Halbwüchsigen; zudem war damit ein Netzwerk gemeint, das einen bestimmten Lebensbereich umfaßte, sei es ein Haushalt, ein Stadtteil, ein Raumschiff oder dergleichen.
Erwachsene Nonggo waren mit dem Makro-Neuron verbunden, mit der Gesamtheit aller technischen Geräte und Individuen eines Sphärenrades. Es lag in der Natur der Sache, daß der Umgang mit einem großen Neuron ein hohes Maß an Verantwortung erforderte, die unbedingte Zuverlässigkeit eines jeden Benutzers. In der Regel nahmen es die Nonggo mit dieser Verantwortung außerordentlich genau; nur äußerst selten kam es zu Fehlern oder Mißgriffen.
Spannungen traten bei der Neuron-Nutzung meist nur dann auf, wenn ein erwachsener Nonggo ausschließlich auf ein Meso-Neuron zurückgreifen konnte, beispielsweise in einer Raumstation oder während eines längeren Raumfluges, wenn der Kontakt zum Makro-Neuron des Sphärenrades unterbrochen war.
Bei den Nonggo machte sich diese neuronische Einschränkung meist in einem Gefühl von Unsicherheit bemerkbar; man fühlte sich in den engen Grenzen eines Meso-Neurons nicht im gleichen Maße wohl und geborgen wie in einem Makro-Neuron mit seinen schier unendlichen Möglichkeiten. Es gab allerdings immer wieder abenteuerlustige und wagemutige Nonggo, die bereit waren, sich einer solchen seelischen Belastung auszusetzen. Der besondere Anreiz eines solchen Unternehmens bestand darin, daß dabei Informationen und Erkenntnisse gesammelt werden konnten, die bisher über das neuronische Netz nicht jedermann zur Verfügung gestanden hatten.
Ein solches Abenteuer aber war unter gar keinem Umstand zu vergleichen mit der Katastrophe eines NeuronAusfalls oder dem Zusammenbruch eines ganzen Meso-Neurons. Nonggo, die davon betroffen waren, gerieten sehr oft in die Gefahr, nicht nur kurz- bis mittelfristig außerordentlichen seelischen Belastungen ausgesetzt zu sein; mitunter kam es dabei auch zu schwerwiegenden Persönlichkeitsstörungen, die sich erst nach vielen Jahren leidlich beheben ließen.
Was sich aber in diesen Minuten im Kenteullen-Rad abspielte, ging sogar noch über diese verheerenden Ausfälle
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