1890 - Shaogen-Himmelreich
es aus der Öffnung Geräusche gab. Nach einer Weile schoben sie die Klappe beiseite und verschafften sich Einlaß.
Der vermeintliche Belüftungsschacht entpuppte sich als Wartungszugang. Die beiden Swoons folgten dem Gang durch das halbe Schiff. Es war, als hätten sie einen Mikrokosmos entdeckt, eine eigene Welt innerhalb der KAURRANG. Hunderte von Abzweigungen führten in Schiffssektionen, deren Existenz ihnen vorher nicht bekannt gewesen war. Das Wartungsnetz erschloß auf trickreiche Weise den kompletten Innenraum der Balkenspindel.
Einige Gänge mündeten im Inneren von Aggregaten, einer sogar mitten im Antriebsblock.
Treul und Goriph berührten nichts, veränderten nichts. Ein Fehler an einer sensiblen Stelle konnte leicht in die Katastrophe führen.
Es gab noch mehr Wartungsroboter. Sie besaßen alle unterschiedliche Gestalten, gemeinsam war ihnen nur die geringe Größe.
Die Swoons nahmen als sicher an, daß die Minimaschinen sich absichtlich von der Besatzung fernhielten.
Die KAURRANG wollte möglicherweise ein Geheimnis bewahren. Welches das aber sein konnte, darüber fanden Treul und Goriph nichts heraus. Vielleicht täuschten sie sich auch, und das Versteckspiel der Wartungsrobs erfolgte ohne besonderen Plan.
Am dritten Tag der Reise stöberten sie durch den Antriebssektor, als plötzlich ein graues, ungeschlachtes Wesen vor ihnen auftauchte.
Das Ungetüm war fünfzig Zentimeter groß. Es wog bestimmt dreißig Kilogramm. Als es die beiden Swoons bemerkte, hob es einen biegsamen, rüsselförmigen Aufsatz und stieß ein trötendes Geräusch aus.
Treul hätte fast der Schlag getroffen. Er wollte schon wegrennen, in heller Panik, da hielt seine Gefährtin Goriph ihn fest.
„Warte!" rief sie. „Das ist der Elefant, den diese Frau an Bord gebracht hat. Diese Artistin, weißt du?"
„Nein, weiß ich nicht!" stieß Treul hervor. „Ich habe dieses Ungeheuer noch nie gesehen!"
Das graue Etwas wiegte sich auf seinen Säulenbeinen hin und her. Es sah so aus, als wüßte das Geschöpf mit den beiden Swoons nichts anzufangen.
Goriph trat beherzt nach vorne. Sie berührte den Rüssel des Wesens und sagte ein paar freundliche Worte, die das Ungeheuer wohl beruhigen sollten.
Seltsamerweise wirkte ihre Taktik. Nach ein paar Minuten war das Eis gebrochen. Treul begriff, daß sie es nicht mit einem intelligenten Wesen zu tun hatten, sondern mit einem Tier.
„Er ist noch sehr jung", behauptete Goriph. „Und er ist wirklich ein freundlicher Kerl."
„Ach ja?" machte Treul argwöhnisch. „Woher weißt du denn, daß es ein Er ist?"
Goriph verweigerte ihm schamhaft die Antwort. „Oh ... Entschuldige."
So verlief ihre erste Begegnung mit Norman, dem indischen Elefanten. Es fiel den beiden Swoons nicht schwer, sich mit ihm anzufreunden.
Allerdings mußten sie stets aufmerksam bleiben; Norman war ein verspieltes Kerlchen, und wenn man nicht aufpaßte, konnte man als Swoon von einem Brocken dieser Größe leicht erdrückt werden.
*
Goriph spielte mit dem Elefanten, während Treul die Wartungsschächte erforschte. Immer noch konnte man Neues entdecken, obwohl sie theoretisch jedes Detail innerhalb der KAURRANG längst hätten kennen müssen.
Durch eine Wartungsklappe schwebte er in die Zentrale. Perry Rhodan und Reginald Bull saßen gerade unten, außerdem ein ertrusischer Riese, ein echter Widerling namens Poulton Kreyn, der aus unerfindlichen Gründen an Bord des Schiffes gesund gepflegt wurde.
Kreyn und Bull sprachen so laut, daß sich der Swoon nicht verständlich machen konnte. Die Unterhaltung sollte wohl freundlich sein. Wenn man aber daran gewöhnt war, präzise zu beobachten - so wie ein Swoon -, konnten einem die aggressiven Zwischentöne nicht entgehen.
Keiner hörte ihn, keiner sah ihn kommen. Und dann fiel wieder das Wort.
Treul trat sofort den Rückzug an, zutiefst gekränkt über einen Ausdruck, den er an Bord dieses Expeditionsraumers nicht zu hören erwartet hatte.
Durch die Wartungsschächte begab er sich in den Triebwerkssektor.
Treul trat schockiert vor seine Gefährtin hin. „Er hat uns als Gurken bezeichnet", sagte er tonlos.
„Wer?" fragte Goriph.
„Reginald Bull."
5.
Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, über wessen Beteiligung an der Expedition ich am längsten nachgedacht habe. So etwas wie einfache Fälle gibt es an Bord der KAURRANG nicht.
Wahrscheinlich müßte die Antwort lauten: Tautmo Aagenfelt.
Aagenfelt ist ein städtischer
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