1892 - Als das Sternlicht erlosch
zwei oder drei Nachkommen zu zeugen. Das war alles.
Doch daran verschwendete er jetzt nicht mehr als einen flüchtigen Gedanken. Er war viel zu erschüttert über die Entwicklung der Namwoggs. So, wie es aussah, wurden sie von einem einzigen, allmächtigen Priester regiert Twolgg. Was war mit den anderen geschehen? Gab es keinen weltlichen Häuptling?
Sie waren zu Kannibalen geworden! Und das im Zeichen des Shaogen-Sternlichts. Allein der Gedanke war ungeheuerlich. Siebenton fragte sich, wie er angesichts dessen so relativ kaltblütig hatte bleiben können.
Egal, er mußte es bleiben, wenn die Frauen gerettet werden sollten.
Der junge Priester nahm vom Boot aus Kontakt mit dem Mutterschiff auf. Nur Proxx und Falagen waren jetzt draußen und hielten Wache. Die Eingeborenen würden jetzt nach ihnen suchen, und sie kannten die Richtung, aus der sie durch die Luft gekommen waren.
Siebenton schilderte Bessen, dem 205jährigen Kommandanten des Mondschiffs KRAHAL, was sie erlebt hatten, und beschwor ihn gleichzeitig, noch nichts zu überstürzen, sondern weiterhin ihm die Initiative zu überlassen. Statt dessen bat er ihn, ihm bestimmte astronomische Daten in den Bordcomputer des Boots zu überspielen, die beim Einflug in das System gesammelt und gespeichert worden waren.
Bessen wußte nicht, was der junge Mönch damit wollte, tat ihm aber den Gefallen. Kurz darauf saß Siebenton vor dem Bildschirm des Computers und rief gezielt Informationen ab.
Er hatte sich nicht getäuscht.
In seiner Zeit bei den Caliguren hatte er es sich angewöhnt, bei jedem Einflug in ein fremdes Sonnensystem die Konstellationen der Planeten, ihrer Monde und des Zentralgestirns genau zu betrachten.
Daraus ließen sich interessante Schlüsse ziehen - und im vorliegenden Fall vielleicht überlebenswichtige.
Wenn er es klug anfing, konnte er die Frauen befreien, ohne daß ein Tropfen Blut floß. Es kam alles darauf an, ob Twolgg und die Wilden ihn noch einmal anhörten.
Als Siebenton sich darüber den Kopf zerbrach, wurde er von Minderhout auf etwas aufmerksam gemacht, was sich außerhalb des Bootes tat. Auf einem großen Bildschirm waren Proxx und Falagen zu sehen, die ihre Strahler gezogen hatten und auf etwas zielten, das offenbar aus dem Nebel kam.
Konnten das schon die Namwoggs sein? Minderhout schaltete einige Außenscheinwerfer ein, und ihr Lichtkegel erfaßte eine mönchische Gestalt, die aus der grauen Suppe auf die beiden Posten zugelaufen kam, die Arme zum Zeichen der Wehrlosigkeit weit in die Höhe gereckt.
„Eine Frau!" stellte Devior überrascht fest. „Sie trägt gelbe Schärpen."
Viel war von dem Gelb allerdings nicht mehr zu sehen. Die Mönchin war mit Schmutz verkrustet. Kaum ein Quadratzentimeter Haut schimmerte durch den getrockneten Schlamm. Die Außenmikrofone übertrugen in das Beiboot, was sie Proxx und Falagen zurief: „Nicht schießen! Ich bin Arratax, die euch gerufen hat! Ich konnte mich bis heute im Dschungel verstecken, aber jetzt bin ich ..."
Sie brach vor den Füßen der Wächter zusammen, vollkommen entkräftet, vollkommen ausgezehrt.
Siebenton befahl, sie unverzüglich an Bord zu bringen, um sie zu waschen und ihr stärkende Mittel zu verabreichen. Fast konnte er es nicht glauben. Diese tapfere Frau mußte es monatelang in der Einsamkeit des Urwalds ausgehalten haben, immer in der Gefahr, von Twolggs Kannibalen entdeckt zu werden.
Aus einem ersten Gespräch wurde vorerst nichts, denn kaum hatte die Fremde die Reinigungsprozedur über sich ergehen lassen und die Stärkungsmittel erhalten, sank sie auf der für sie bereitgestellten Liege in einen tiefen, ohnmachtsähnlichen Schlaf. Erst am anderen Morgen, als sich der Nebel zu heben begann, wachte sie auf und sah sich benommen um.
„Du bist in Sicherheit", sagte Siebenton, der bei ihr gewacht hatte. „Du hast von Twolggs Wilden nichts mehr zu befürchten."
Siebenton reichte ihr eine Schüssel mit Brei und einem Trinkrohr darin. Er wartete, bis Arratax sie vollständig geleert hatte. Dann nahm er sie zurück und stellte sie beiseite. Arratax richtete sich auf der Liege auf.
„Ich bin unter Mönchen", sagte sie halblaut, „unter richtigen Mönchen. Fast hätte ich nicht mehr daran geglaubt." Ihr Blick wurde mißtrauisch. „Ihr kennt Twolgg?"
Noch einmal mußte Siebenton die Geschichte ihrer ersten Begegnung mit den Degenerierten erzählen.
Er stellte dabei auch sich und seine Begleiter vor. Als er schwieg, nickte die Schiffbrüchige.
„Die
Weitere Kostenlose Bücher