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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gaben dir in inniger Teilnahme und scheinbar gut meinend, einen schlechten Rat, und kamst du durch die Befolgung desselben zu Schaden, so wußten sie die Schuld auf dich zu schieben und höhnten dich innerlich aus. Schau jetzt hinüber zu ihnen! Ja, sie drücken sich innig die Hände, und ihre Gesichter glänzen in Freundschaftswonne; aber dabei denkt ein jeder in seinem Innern, daß er hinüberkomme, die andern aber nicht. Denen, welche unter dem Zeichen ‚Kerem‘ stehen, ist der Himmel verschlossen! Sprich weiter!“
    „Es naht eine unabsehbare Menge, welcher ein Panier mit dem Worte ‚Hakk‘ (Das Recht) vorangetragen wird. In ihr scheinen alle Stände vertreten zu sein, denn ich sehe unter ihnen Hoch und Niedrig, Reich und Arm, Gelehrt und Ungelehrt, Fürsten, Beamte, Krieger, Kaufleute, Bauern, Handwerker und sogar auch Bettler. Sie kommen getrost und wohlgemut heran, mit festen, sicheren Schritten und unbeirrten Blicken. Die Gewißheit, daß sie die Brücke in kräftigem Marsche überschreiten werden, ist ihnen allen anzusehen.“
    „Warte, bis sie an die Waage kommen, wie sie da so ganz anders blicken und angstvoll weiterschleichen werden“, sagte die Stimme Ben Nurs. „Sie folgen dem Banner ihrer vermeintlichen Rechte; aber sie meinen damit nicht die Menschenrechte, die ihnen von Gott für die Erde verliehen waren, sondern die von ihnen selbst erfundenen. Sie sind nicht das, wofür sie sich ausgeben, sondern das genaue Gegenteil davon, nämlich Aufrührer und Empörer. Mit diesem Wort Aufruhr meine ich nicht die Verschwörung gegen irdische Herrscherthrone, sondern die Auflehnung gegen göttliche und von Gott geheiligte menschliche Gesetze. Es geht über die Erde eine ununterbrochene Revolution gegen diese Gebote, hier in stillwühlender Verborgenheit, da in sichtbarer, immer weitergreifender Gärung und dort in offener, gewalttätiger Angriffsweise. Die Menschen haben verlernt, zu gehorchen; sie wollen alle befehlen. Der Reiche verlangt von Goldes Gnaden und der Bettler auf Befehl der Mildtätigkeit Gehorsam. Der Arbeitgeber stützt sich auf das Recht seines Unternehmergeistes, seines kaufmännischen Talentes, und der Arbeiter auf den Wert seiner Geschicktheit und seiner Fäuste. Die Großen der Erde betonen die Vorrechte der Geburt, und die andern heben dagegen ihre persönlichen Errungenschaften hoch empor. Hier dieser fordert in seinem eigenen Interesse Gehorsam für im Laufe von Jahrhunderten bewährte Einrichtungen, und dort jener verlangt aus demselben Grunde, daß man den Anforderungen der Neuzeit folgsam sei. Es werden neue Rechte und neue Pflichten angefertigt, denen man wohlklingende Namen gibt. Da wird von einem Recht auf Gleichheit in den verschiedensten Beziehungen gesprochen, von einem Recht des freien Denkens, der Arbeit, des Lohns, der Verbindung und Verbrüderung. Jeder stellt sich kampfbereit, um grad das Recht, welches er für das seinige hält, zu verteidigen, und erkennt dabei nicht, daß in dieser Verteidigung schon der Angriff gegen andere Rechte liegt. So wirkt einer gegen den andern, und die eigentliche, wirkliche Wahrheit ist doch, daß sie alle unrecht haben. Denn nach Gottes Ratschluß besitzt der Mensch nur ein einziges Recht und nur eine einzige Pflicht, nämlich das Recht und die Pflicht der Liebe. Wie aber steht es bei euch damit im Erdenleben? Gibt es einen einzigen Menschen, welcher auf dieses Recht der Liebe verzichtet? Und wie viele aber sind es, welche, wie Gott es doch gebietet, ihr ganzes Leben der Pflicht der Liebe weihen? Schau sie an, die da vorüberziehen. Sie alle haben nach Gerechtigkeit geschrien, aber keine Gerechtigkeit gegeben, weil sie keine Liebe besaßen. Sie haben gesprochen und geschrieben, gestritten und gebrüllt für ihre einander widerstreitenden, einander aufhebenden Rechte; sie haben gehadert gegen die Menschen und gegen Gott, von welchem sie mit erhöhter Stimme Gerechtigkeit verlangten, wobei sie sogar hier mit derselben Forderung herangeschritten: Sie verlangen die Seligkeit als ihr Recht; sie bringen das große Ausrufungszeichen nach Gottes Gerechtigkeit getragen und ahnen nicht, daß sie dort an der Waage nach der ihrigen gewogen werden. Sie haben sich gegen sein großes Gesetz der Liebe empört, ihm den Gehorsam verweigert, ihm den Glauben versagt, ihn verleugnet und aus ihrem Leben gestrichen, und nun übt er dasselbe Recht wie bisher sie, nämlich, sie ebenso nicht zu kennen, wie sie ihn nicht gekannt haben. Sie sind vorüber. Wer

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