19 - Am Jenseits
mir Wasser – – – Wasser über – – –“
„Er hat nichts getan, als sein Versprechen erfüllt, welches er dir vorhin gab, als er dich warnte, nicht so siegesbewußt aufzutreten und unsere Niederlage nicht für so selbstverständlich und ‚natürlich‘ zu halten. Das war eine Beleidigung für uns! Ein Abgesandter hat seinen Auftrag auszurichten und sich dabei jedes Wortes zu enthalten, was nicht zur Sache gehört. Du hast dich deiner Arme und ihrer Muskulatur gerühmt; jetzt fühlst du, was du kannst! Wenn ich will, drücke ich dir den Atem aus dem Leibe! Wir haben, da du zur Waffe gegriffen hast, das Recht, dich sofort und ohne vorherige Beratung niederzuschießen; aber da wir neugierig auf dein unvergleichliches Speerwerfen sind, so wollen wir dich laufen lassen. Das Messer behalten wir zur Beweisführung hier, falls dein Scheik auf den Gedanken kommen sollte, uns darüber zur Rechenschaft zu ziehen, daß ich mich an dir, seinem Boten, vergriffen habe. Mach dich schleunigst fort, ehe es die andern reut, daß ich dich entkommen lasse!“
Ich gab ihn frei. Er ließ das Messer, welches ihm infolge meines ihn schmerzenden Druckes aus der Hand gefallen war, liegen und entfernte sich rasch, indem die Haddedihn auseinander traten, um ihn durchzulassen. In einiger Entfernung blieb er stehen, hob drohend den Arm und rief uns zu:
„Das sollt ihr büßen! Für diese Nässe des Wassers fordere ich die Nässe eures Blutes!“
„Natürlich, natürlich! Vollständig einverstanden!“ lachte Halef.
„Höhne nur jetzt! Nach unserm Sieg wird dir der Hohn vergehen! Meine sausenden Speere werden euch zum Geheul des Jammers zwingen!“
„Natürlich, des Jammers, natürlich!“
Als hierauf das Gelächter der Haddedihn wieder erscholl, zog er es vor, zu schweigen und zu verschwinden.
Hanneh kam besorgt herbei und freute sich herzlich, als sie sah, daß der Messerstich kein Blut gekostet habe und mit Hilfe von Nadel und Zwirn zu heilen sei.
Wir wußten nun zwar, welche Art von Kampf uns erwartete, aber leider das Nötigste nicht: welche Waffe auf jeden von den dreien fallen werde. Es klang eigentlich rührend, als Halef, der doch so geschickt, geübt und vielerfahren war, in bescheidener Weise zu mir sagte:
„Es wäre freilich viel, viel besser, Effendi, wenn wir in dieser Beziehung nicht im unklaren wären. Wir könnten mit dir darüber sprechen, und ich weiß, wenn die Rede auf solche Dinge kommt, so kann man immer noch von dir lernen.“
„Schwerlich, lieber Halef! Denn was ich kann und weiß, das ist dir alles schon bekannt.“
„Noch lange nicht! Weißt du, Sihdi, bei dir ist es nämlich so: Während du über den Gebrauch dieser oder jener Waffe sprichst, fallen dir immer noch mehr und noch weitere Erlebnisse ein, bei denen du dich dieser Waffen bedient hast. Da ist jeder Fall anders, jede Anwendung und jeder Erfolg anders! Da werden Messer, Flinte und Pistole lebendig, da fühlen sie; da denken und berechnen sie; da sprechen sie förmlich mit!“
„Wie deine Peitsche!“ warf ich scherzend ein.
„Lache nicht über sie! Sie ist eine vornehme Haremsdame, die ihre guten Seiten, aber auch ihre Mucken hat. Wir reden jetzt nicht von ihr. Fällt dir nichts ein? Kein guter Rat? Keine nützliche Verhaltungsmaßregel, die wir befolgen könnten?“
„Ihr wißt ja alles schon! Aber auf eins will ich euch doch aufmerksam machen: Richtet eure Augen ja nur auf den Gegner; alles andere schadet, weil es zerstreut. Bei den Zuschauern kann geschehen, was nur immer will, es geht euch nichts an! Oft ist ein fester, unbeirrter Blick schon der halbe Sieg; ich habe das erlebt! Für das Gewehr habe ich keine Bemerkung, für die drei Dscheride aber doch. Ich würde es folgendermaßen machen: Ich ließe den Gegner seine Speere erst verschießen, weil ich da nur auf ihn und nicht auch auf mich aufzupassen hätte. Bei dieser ungeteilten Aufmerksamkeit ist es kinderleicht, seinen Würfen auszuweichen. Hat er dann keinen mehr und hat mich auch nicht getroffen, so weiß er sich machtlos und mich als ihm über. Das gibt ihm ein Gefühl der Unsicherheit, welches mir Vorteil bringt.“
„Aber er macht es dann auch wie du: Er braucht nur auf dich aufzupassen und weicht also deinem Speerwurf leicht aus!“
„Diese Sicherheit nehme ich ihm, indem ich eine Zeitlang die Bewegung des Werfens mache, aber doch nicht werfe. Das erscheint ihm lächerlich, und er paßt weniger auf. Wenn ich merke, daß er bei diesen Finten ruhig
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