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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist nur die, daß es uns ganz gleich ist, welche Waffe wir in die Hand bekommen. Bist du fertig?“
    „Ja.“
    „So kannst du gehen.“
    Der letzte Teil des Gespräches war nicht im Stehenbleiben gesprochen worden, denn Halef hatte sich während desselben nach unserm Lagerplatze gewendet, und wir gingen nebenher, der Ben Khalid auch. Anstatt sich nun nach der Verabschiedung, welche ihm von dem Hadschi geworden war, von uns zu trennen, blieb er noch. Weshalb, das erfuhren wir, denn er erkundigte sich:
    „Du sagtest, o Scheik, daß du selbst mitkämpfen werdest. Ist das wahr?“
    „Ja“, nickte Halef. „Ich sage nie etwas, was nicht wahr ist.“
    „Wer sind die beiden andern?“
    „Warum fragst du?“
    „Weil ich sie gern sehen möchte.“
    „Ihr alle werdet sie ja zu sehen bekommen.“
    „Ich will sie jetzt sehen!“
    „Will? Du willst? Allah! Das ist ja sehr gütig von dir, daß du willst! Erlaubst du mir vielleicht einmal, auch zu wollen?“
    „Was?“
    „Sie dir nicht zeigen! Also, du kannst gehen!“
    Wir waren jetzt bei dem Brunnen angekommen, auf dessen Rand der gefüllte Ledereimer stand. Der Ben Khalid folgte der Aufforderung nicht; er blieb zudringlich stehen und sagte:
    „Ich wollte sie gern sehen, weil ich selbst es mit einem von ihnen zu tun bekommen werde.“
    „Du?“ fragte der Hadschi, indem er einen forschenden Blick über die sehnige Gestalt der Beduinen gleiten ließ.
    „Ja, ich! Ich bin einer der Kämpfenden!“
    Auf seinem Gesichte war die deutliche Aufforderung zu lesen, daß wir ihn bewundern sollten.
    „Bist du etwa der Ringer?“
    „Nein.“
    „Der Schütze?“
    „Nein.“
    „Also der Mann mit den drei Speeren, welche unbedingt treffen werden!“
    Da warf der Mann den rechten Arm empor, daß der weite Ärmel von ihm zurückfiel und wir die stark entwickelte Muskulatur sehen konnten, und rief in selbstbewunderndem Ton aus:
    „Ja, der bin ich! Seht diesen Arm und diese seine Muskeln! Kein Speer ist mir zu schwer und keine Entfernung zu weit! Entferne dich vierzig Schritte von mir; hebe die Hand empor und sage mir, welchen Fingernagel ich treffen soll – – – ich treffe ihn!“
    Das war eine Prahlerei, welche dem Hadschi das Blut in die Stirn trieb. Seine Augen irrten nach dem Eimer hin, und er fragte:
    „Du triffst ihn also wirklich?“
    „Gewiß! Natürlich treffe ich ihn!“
    „Und bist also überzeugt, nachher zu siegen?“
    „Natürlich!“
    „Dem Haddedihn drei Speere in den Leib zu geben?“
    „Natürlich!“
    „So will ich dir zur Abkühlung deiner glühenden Einbildung auch etwas geben, zwar nicht in, sondern auf den Leib; aber helfen wird es doch!“
    Er griff schnell nach dem Eimer, schwang ihn hoch empor und goß dem Ben Khalid den ganzen Inhalt mit solcher Geschicklichkeit über den Kopf, daß ihm das Wasser in regelrechten Kaskaden an allen Seiten herunterlief, worüber die Haddedihn in ein ungeheures, laut schallendes Gelächter ausbrachen. Der Stolz des Beduinen kennt außer den tödlichen Beleidigungen nichts Schlimmeres, als der Lächerlichkeit preisgegeben worden zu sein. Dieser Ben Khalid stand für einige Augenblicke bewegungslos; dann aber riß er mit einer blitzschnellen Bewegung das Messer aus dem Gürtel und stieß zu, um es in Halefs Herz zu bohren. Der Hadschi wäre bei der Raschheit dieses Angriffes unbedingt getroffen worden; aber ich hatte seinen nach dem Eimer gerichteten Blick gesehen und seine Absicht erraten; ich wußte, wie gefährlich es ist, einen Beduinen in solcher Weise zum Gegenstand der Belustigung zu machen, und hatte aufgepaßt. Ich griff sehr schnell zu, aber doch beinahe zu spät; es gelang mir einstweilen nur, dem bewaffneten Arme eine andere Richtung zu geben, so daß das Messer nur die Kleidung Halefs traf und da einen langen Schnitt verursachte. Dann aber nahm ich den Mann an den beiden Oberarmen fest, drückte ihm diese so an den Leib, daß er sich nicht bewegen konnte, und herrschte ihn an:
    „Mensch, du hast gestochen! Du hast als Abgesandter eures Stammes die Waffe gegen einen von uns gebraucht! Weißt du, was das heißt? Weißt du, welche Strafe das Gesetz der Wüste auf eine solche Schändung deiner Unverletzlichkeit vorschreibt?“
    Er war sofort von unsern Kriegern umringt worden. Die zogen alle ihre Messer und ließen drohende Worte hören. Er versuchte vergeblich, sich von mir loszumachen, und stieß dabei die abgerissene Entschuldigung hervor:
    „Er hat – hat – hat – mich beleidigt –

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