19 - Am Jenseits
Ben Schahid nicht eingefallen ist, auf den Kanz el A'da zu verzichten. Er weiß, daß ihn der Perser hat, von dem er ihn nur dadurch erlangen kann, daß er ihm unterwegs auflauert. Wenn er diese Absicht verfolgt, kann er nicht hier stecken, sondern ist in einem weiten Bogen um den Bir Hilu zurückgeritten, um sich jenseits desselben dem Basch Nazyr in den Weg zu legen. Wir haben es also mit zwei verschiedenen Annahmen zu tun: Entweder sind die Beni Khalid hier, um uns aufzulauern, oder sie sind jetzt nördlich vom Bir Hilu zu suchen.“
„Aus welchem Grund wären sie da aber hierhergeritten?“
„Des felsigen Bodens wegen, auf welchem die Spuren schwer zu lesen sind. Sie halten unsere Augen nicht für besser als die ihrigen und sind darum überzeugt, daß wir ihre Fährte hier verlieren werden. Zugleich haben sie wohl an den Vorteil gedacht, den sie über uns erringen, wenn sie sich zuerst den Perser holen, denn dadurch kommen sie uns in den Rücken, während wir glauben, sie vor uns zu haben. Es ist auch ein dritter Fall möglich, nämlich der, daß der Scheik seine Leute geteilt hat. Wenn dies geschehen sein sollte, so werden wir von der einen, wahrscheinlich größeren Abteilung hier erwartet, während er selbst mit der andern nach Khutab Agha sucht. Ich werde mir sogleich darüber Klarheit verschaffen. Wir halten, um ihnen nicht zu nahe zu kommen, jetzt hier an, und ich suche, ob es eine Spur gibt, welche zurück nach Norden führt.“
„Das wird hier auf diesem harten Felsen lange dauern!“
„Nein, denn ich gehe bis zur Grenze des Sandes hinüber. Reite ich dieser entlang, so muß ich die Eindrücke, wenn es überhaupt welche gibt, unbedingt finden. Auch lange dauert das nicht, weil ich ja weiß, nach welcher Seite sich Tawil gewendet hat; ich habe also nicht die ganze Höhe zu umreiten.“
„Darf ich mit?“
„Ja. Wir nehmen aber unsere Pferde. Die Kamele sind mir zum Spurensuchen zu hoch. Komm!“
Halef bestieg seinen Barkh, ich meinen Assil Ben Rih. Wir ritten seitwärts ab, bis wir den Sand erreichten; und bogen dann links um, wodurch wir auf die Spur einer etwa nach Norden gerittenen Ben Khalid-Schar treffen mußten. Mich zur Seite des Pferdes möglichst tief herunterneigend, um die Augen dem Boden nahe zu bringen, ließ ich meinen Rappen schlank vorwärts fliegen und hatte sehr bald die Genugtuung, ihn anhalten zu müssen, denn wir trafen auf eine sehr deutliche Fährte, welche von der Höhe hierher- und dann in nördlicher Richtung weiterführte. Wir stiegen ab, um sie zu betrachten. Diese Beni Khalid waren so eng zusammen geritten, daß die Einzelspuren nicht auseinander gehalten werden konnten; es gelang uns also nicht, sie zu zählen, doch glaubte ich, der Wahrheit nahe zu kommen, wenn ich über dreißig und höchstens vierzig Reiter schätzte. Diese Zahl war ja auch vollständig ausreichend, den Perser mit seinen zwanzig Soldaten zu überwältigen, zumal Scheik Tawil gewiß annahm, daß der Khutab Agha auf so einen Überfall gar nicht vorbereitet sei.
Jetzt wurde es auch dem Hadschi angst.
„Effendi, deine Befürchtung ist eingetroffen!“ sagte er. „Ich wette, daß unser Freund jetzt, in diesem Augenblicke, schon tot ist! Was tun wir? Sage es schnell, sehr schnell!“
„Es kommt alles darauf an, ob er meine Warnung beachtet hat, den Herweg zu meiden. In diesem Fall kann er den Beni Khalid entgangen sein.“
„Ich befürchte, daß er sie nicht befolgt hat, denn er nahm sie nicht so ernst auf, wie du sie meintest. Denkst du, daß er noch zu retten ist?“
„Vielleicht. Wir dürfen keinen Augenblick versäumen. Steig schnell auf! Wir müssen alle umkehren!“
Während wir zu unseren Leuten zurückjagten, teilte ich ihm meinen Entschluß mit:
„Wir reiten so schnell wie möglich nach dem Bir Hilu zurück, nicht auf dem Weg, den wir gekommen sind, denn er bildet einen rechten Winkel, sondern auf der geraden Schnur von hier nach hin. Von dort aus halten wir uns auf der Spur des Persers und werden dann wohl bald erfahren, wie es mit ihm steht. Da ich das Schlimmste befürchte, so reite ich voraus, denn wenn es notwendig ist, halte ich mit meinem Henrystutzen die ganze Beni Khalid-Schar in Schach, und ihr habt hinter mir nur meiner Spur zu folgen.“
„Warum wir hinterher und nicht gleich mit?“
„Weil eure Kamele nicht schnell genug sind; sie müssen ja zurückbleiben!“
„Aber unsere Pferde doch!“
„Ich nehme Maschurah, die Hedschihnstute. Selbst wenn ihr den Pferden
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