Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
hatte seine Pistole noch in der Rechten und das Gewehr in der Linken. Die erstere auf mich richtend, drückte er ab. Ich schnellte mich sofort zur Seite und wurde nicht getroffen. Ohne dies in seinem Eifer zu bemerken, legte er das Gewehr auf Halef, welcher der vorderste war, an und schoß. Auch diese Kugel ging fehl. Nun sprang er zu den Gewehren der Mekkaner, welche in meiner Nähe lagen. Ich mußte annehmen, daß sie geladen seien, und es lag noch so viel Raum zwischen ihm und meinen Helfern, daß es für ihn, ehe sie ihn erreichen konnten, genug Zeit zu mehreren Schüssen gab, denn das, was er tat, geschah so schnell, daß es in dem winzigen Zeitraum einiger Sekunden lag.
    Jetzt war es an mir, ihm den Gebrauch dieser Waffen unmöglich zu machen! Das war nicht allzu schwer, denn indem er sich zu ihnen niederbückte, kehrte er mir den Rücken zu. Ich stemmte die Hände und die Füße ein und arbeitete mich mit einigen kräftigen Stößen zu ihm hin. Als ich ihn erreichte, hatte er sich schon wieder aufgerichtet und das ergriffene Gewehr im Anschlag. Ich konnte trotz der Fesseln den Fuß packen, auf welchen er den Schwerpunkt legte. Ein Ruck, und er stürzte nieder, wobei er das Gewehr fallen ließ. Im Begriff, sich augenblicklich wieder emporzuraffen, sah er, wer ihn zum Fall gebracht hatte, und machte den Fehler, den ihm noch zustehenden Augenblick mit mir zu versäumen. Er schleuderte sich herum, faßte mich mit der Linken an der Brust und griff mit der andern Hand nach dem Messer.
    „Du lebst noch, Hund?“ schrie er. „Also zuerst noch dich!“
    Es kam mir darauf an, ihn beim Halse nehmen zu können; darum gab ich ihm in die Ellbogenbeuge einen Stoß, welcher seinen Arm zusammenklappte und seinen Oberkörper zu mir nieder brachte. Sofort hatte ich ihn bei der Kehle und preßte sie ihm so zusammen, daß es ihm alle Kraft benahm. Das Messer blieb stecken; sein Körper fiel vollends nieder, und seine Arme und Beine bewegten sich krampfhaft in der Todesangst.
    „Halte ihn fest, Sihdi! Ich bin schon da!“ rief da der kleine Hadschi.
    Er hatte mich erreicht, parierte sein Pferd, sprang ab und griff auch mit zu.
    „Ich halte ihn schon fest. Bindet ihn!“ sagte ich.
    „Mit Wonne und mit Stricken!“ lachte er. „Den lassen wir ja nicht wieder laufen; er weiß nichts, als nur Unheil anzurichten!“
    Nun standen auch Kara und Omar da. Sie banden mir die Fesseln los, welche zu den Händen und Füßen des Scheiks hinüber wanderten, auch eine unmittelbare Gerechtigkeit! Erst jetzt, als ich mich aufgerichtet hatte und die Arme streckte, fühlte ich den ganzen Schmerz meiner verletzten Handgelenke.
    „Allah erbarme sich!“ klagte Halef nun, indem er rund umherblickte. „Alle Soldaten tot, alle!“
    „Und dort der Basch Nazyr auch!“ machte ich ihn aufmerksam, indem ich auf die in der schon erwähnten Blutlache liegende Leiche zeigte.
    Sie lag mit dem Rücken nach oben. Der Hadschi ging hin, zog sie auf das Trockene, drehte sie um und untersuchte sie.
    „Mich schaudert, Sihdi!“ sagte er, fast stöhnend. „Warum hat er dir nicht gefolgt! Der Ärmste ist ganz vom Blut durchtränkt! Hier sehe ich das Loch im Gewand. Die Kugel ging ihm in die Brust, grad in das Herz! Und dieses Gesicht, so todesstarr und bleich! Ich kann es nicht länger ansehen!“
    Er wendete sich ab.
    „Und nicht etwa im Kampf erschossen, sondern als gefesselter Gefangener von dem Ghani mit Bedacht ermordet!“ erklärte ich.
    Da sah mich Halef stumm an; dann trat er zu dem Mekkaner hin und sprach:
    „Ungeheuer! So also dankst du es ihm und uns, daß wir euch eine Nachsicht zeigten, die man fast für unmöglich halten sollte! Mit dieser deiner Kugel hast du nicht nur ihn, sondern auch dich selbst erschossen! Du wirst in kurzer Zeit eine Leiche sein wie er!“
    Er kehrte sich mit der Gebärde des Abscheus wieder von ihm ab, betrachtete die umherliegenden Leichen, schüttelte traurig den Kopf und fuhr dann fort:
    „Es ist mir, als ob ich gar nicht daran glauben könne! Wie ist das nur gekommen. Zwanzig, zwanzig Asaker tot, und doch nur der Scheik mit den Mekkanern hier, die noch dazu gefesselt sind. Das ist mir unerklärlich, vollständig unerklärlich! Und wie bist du in die Hand dieses Teufels gefallen, welcher im Körper des Scheiks der Beni Khalid steckt? Erzähle es doch, Effendi!“
    „Wann kommen unsere Krieger!“ fragte ich.
    „Sie werden gleich hier sein. Unser Vorsprung vor ihnen war nicht groß.“
    „So will ich mit meiner

Weitere Kostenlose Bücher