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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Erzählung warten, bis sie da sind, sonst müßte ich sie dann wiederholen. Kara mag auf die Höhe steigen und sie auf die eingesunkene Stelle aufmerksam machen, sonst geht es, wenigstens den Vorderen von ihnen, so wie mir. Ich bin nämlich mit dem Hedschihn abgestürzt, von oben herunter bis hierher.“
    „Oh! Und darum konnten sie dich erwischen, nur darum?“
    „Ja. Ich hatte dem Kamel das Geheimnis gegeben, und so entwickelte es eine Schnelligkeit, welche es mir unmöglich machte, mitten im Lauf vor dem Loch anzuhalten.“
    „Und da mußten diese Halunken auch grad hier unten sein!“
    „Wahrscheinlich hatten sie nur dieser Stelle wegen sich für hier entschieden. Freilich weiß ich nicht, ob sie sie vorher kannten.“
    „Sie werden auch stürzen, und zwar nicht von da oben herunter in den weichen Sand, sondern von der Brücke des Todes hinab in El Halahk, den Abgrund des Verderbens! Denn das versteht sich doch nun ganz von selbst, daß wir von jetzt an nur die größte Strenge walten lassen. Blut um Blut, Leben um Leben! So wie die Kerls hier liegen, werden sie erschossen, und dann suchen wir die Beni Khalid auf. Wir sind zwar nur fünfzig Mann; aber auch wenn sie tausend zählten, würde ich nicht eher ruhen, als bis für jeden ermordeten Soldaten wenigstens zwei oder drei von ihnen tot am Boden liegen!“
    Jetzt kamen unsere Haddedihn, deren Kamelen man es ansah, daß sie zur größten Eile angetrieben worden waren. Am meisten schwitzten und außer Atem waren die beiden, welche den Tachterwahn zu tragen hatten. Dieser Ritt, immer auf und nieder, war eine große Anstrengung für Hanneh gewesen, die ihr aber nicht hatte erspart werden können, weil auch schon nur der Gedanke, sie einstweilen irgendwo zurückzulassen, sich unter den gegenwärtigen Verhältnissen ganz von selbst verbot.
    Auf sie, die Frau, machte der Anblick der Leichen natürlich noch einen ganz anderen Eindruck als auf die rauheren Männer, und doch gab es auch unter diesen wohl keinen, der jetzt das Verlangen nach Rache nicht empfunden hätte!
    Als alle abgestiegen waren, lagerten sie sich, um meine Erzählung zu hören, in einem Kreis, der die Gefangenen umschloß. Diese wagten kaum, eine Bewegung zu machen, und gar vom Sprechen war erst recht keine Rede. Auch der Münedschi war still. Er saß aufrecht und mit geschlossenen Augen da wie ein lebloses Bild; er war nach der Aufregung von vorhin wieder in seinen Zustand der In-sich-selbst-Versunkenheit gefallen.
    Ehe ich meinen Bericht begann, schickte ich einen Haddedihn auf die Höhe, um dort Wache zu stehen. Da sie die andern Dünen überragte, hatte er einen weiten Fernblick und mußte also jede Annäherung so rechtzeitig bemerken, daß wir nicht überrascht werden konnten. Es war zwar, wenigstens für jetzt, kein Grund vorhanden, unsere Sicherheit für gefährdet zu halten, aber wir hatten annehmen müssen, daß die Hauptabteilung der Beni Khalid sich an dem westlichen Bergeszug befand, in dessen Nähe wir umgekehrt waren. Da war es denn leicht möglich, daß sie uns gesehen und beobachtet hatten. Ihr Scheik war mit einer kleinen Schar wieder nordwärts geritten, und da auch wir in dieser Richtung zurückgingen, konnten sie sich denken, daß wir dies in der Absicht taten, ihm zu folgen. Sie wußten ihn also von uns bedroht, und so wäre es eine unverzeihliche Nachlässigkeit von ihnen gewesen, wenn sie unterlassen hätten, uns nachzukommen oder uns wenigstens eine hinreichend starke Rotte nachzuschicken. Hatten sie aber dies getan, so war die von mir getroffene Vorsichtsmaßregel gar nicht überflüssig, zumal wir nicht wußten, wohin die Begleiter des Scheiks geritten waren, deren größter Teil sich schon vor meinem Eintreffen von hier entfernt hatte, während der Rest dann nach dem Angriff auf die Mekkaner von ihm fortgeschickt worden war.
    Meine Erzählung fand einen Zuhörerkreis, der so bei der Sache war, daß ich sie sehr oft unterbrechen mußte, um den vielfältigen Ausrufungen des Beifalles, des Staunens, des Zornes und des Abscheus Raum zu lassen. Die Empörung gegen die Mörder wuchs immer mehr, und als ich geendet hatte, waren die braven Haddedihn kaum vor sofortigen Gewalttätigkeiten zurückzuhalten.
    Während die Stimmen der aufgeregten Leute wirr durcheinander klangen und die Interjektionen hin und her flogen, wobei niemand auf die Umgebung achtete, geschah etwas, was so unerwartet und so außerordentlich war, daß ich es noch heut, nach Jahren, so deutlich vor mir sehe,

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