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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verraten, daß wir dem Perser auflauern wollen. Ihr seid also nicht als meine Gäste und Freunde mitgeritten, sondern als zudringliches Ungeziefer, dessen man sich entledigt, wenn es zu frech geworden ist. Und das tue ich jetzt. Was den Kanz el A'da betrifft, so ist diese Angelegenheit durch den Zweikampf vollständig für euch erledigt worden. Er gehörte euch nicht, denn ihr hattet ihn gestohlen, und er wurde dem rechtmäßigen Besitzer zugesprochen. Wolltet ihr ihn wiederhaben, so konntet ihr ihn ja zum zweitenmal stehlen; dagegen hatte ich nichts, und es war allein eure Sache; ihr hättet euch also von uns trennen sollen! Ebenso hatte ich das Recht, ihn mir zu holen, denn euer Recht ist nicht größer als das meinige, nämlich gar keins! Ich habe das unternommen, und der Fang ist mir gelungen; nun seid ihr an der Reihe, nichts dagegen zu haben! Anstatt dessen aber sehe und höre ich, daß ihr es wagt, mich um den wohlerworbenen Lohn zu bringen. Ihr seid trotz eurer Schwäche und Erbärmlichkeit so dreist, ihn mir streitig zu machen. Ihr bezahlt meine Güte mit Feindschaft, meine Gastfreundlichkeit mit Undank, und es ist für mich also Pflicht der Selbsterhaltung, daß ich mich gegen euch sicherstelle. Da ich euch weder durch Güte noch durch ernste Vorstellungen loswerden konnte, muß ich zu einem anderen Mittel greifen, mich eurer zu entledigen. Bis vorhin war ich gewillt, kein Blut zu vergießen. Ich wollte euch gefesselt hier liegen lassen, bin aber anderer Meinung geworden. Ihr würdet langsam verschmachtet sein, ohne daß ich mir die Schuld zu geben hätte, weil ihr gegen meinen Willen mit hierhergeritten seid. Doch seit ich vorhin gesehen habe, welche Freude es dir macht, mit eigener Hand das Blut eines Unschuldigen zu vergießen, kann ich euch denselben Dienst erweisen, ohne mir den geringsten Vorwurf machen zu müssen. Ja, eine Kugel ist nur die wohlverdiente Strafe für euch, und indem ich euch den Weg von der Erde zeige, befreie ich die Menschheit von einer Anzahl von Schurken, welche der allerärgsten Verbrechen fähig sind!“
    Es war gewiß eine sonderbare Logik, welche dieser langen Rede zugrunde lag! Machte es die Plötzlichkeit, mit welcher der Scheik jetzt seine Feindseligkeit enthüllte, oder die Angst vor der angedrohten Kugel, kurz, es ließ keiner ein Wort der Entgegnung hören. Auch der Münedschi war still. Ich kann die Art und Weise, in der er dem Ben Khalid zugehört hatte, wohl nicht besser bezeichnen, als indem ich sage, daß er ihm mit den Ohren die Worte von den Lippen las. Seine blaustrahlenden Augen standen weit auf, und sein Mund war geöffnet; sein Gesicht schien plötzlich versteinert zu sein, denn kein Zug desselben, kein einziges Haar seines Bartes wollte sich bewegen. Es war mir mehr, weit mehr als interessant, ihn zu beobachten. Er hatte das Geständnis des Ghani gehört, ebenso alles, was von dem Scheik gesagt worden war, und mußte nun also wissen, was es mit dem Kanz el A'da für eine Bewandtnis hatte. Obgleich es wohl eigentlich nicht nötig ist, will ich doch erwähnen, daß er weder einen Kolbenschlag empfangen hatte, noch gefesselt worden war. Dieser Gewaltmaßregeln bedurfte es bei ihm, dem Blinden, nicht.
    Während ich den Blick beobachtend auf ihn gerichtet hatte, sah ich, daß die Starrheit aus seinen Zügen wich. Er stand auf, langsam, sehr langsam, wie jemand, der aus einem tiefen Schlaf mit süßem Traum zur ganz entgegengesetzten, harten Wirklichkeit erwacht.
    „Darf ich reden?“ fragte er.
    „Du? – Ja“, antwortete der Scheik.
    „Ich hörte alles, was du sprachst. Ich bitte dich bei Allah und allem, was dir heilig ist, mir die Wahrheit zu sagen! Haben meine Gefährten wirklich den Kanz el A'da in Meschhed Ali gestohlen?“
    „Ja.“
    „Es ist ihnen wirklich nachgewiesen? Sie sind wirklich überführt worden?“
    „Ja. Der Ghani hat es doch jetzt sogar gestanden!“
    „Und sie haben die Gegenstände des Raubes bei sich gehabt?“
    „Gewiß! Du hast es ja gehört! Im Zweikampf handelte es sich doch nur um sie!“
    „So hatte der erschossene Perser recht?“
    „Vollständig recht!“
    „Bedenke, was du damit sagst! Du wühlst damit in mir das größte Unglück auf, welches es im Leben der Bewohner dieser Erde geben kann!“
    „Es ist so, wie ich sage. Der Basch Nazyr hat nichts als seine Pflicht getan und wurde dafür von der ruchlosen Hand des Hauptdiebes umgebracht.“
    „So ist der Ghani also nicht nur Dieb, sondern auch

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