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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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du?“
    „Ja.“
    „Es war doch noch alles da?“
    „Jawohl.“
    „So komm! Ich stütze dich. Dann aber machen wir uns augenblicklich fort!“
    „Wo sind die andern?“
    „Bei den Kamelen am Feuer. Wir brauchen nur aufzusteigen. Spring!“
    Er hatte an meiner gedämpften Stimme nicht erkennen können, daß er nicht mit demjenigen sprach, dem seine Worte galten. Ich tat den letzten Sprung, und zwar mit Absicht so, daß ich ihn niederriß.
    „Paß doch auf – – –!“
    Mehr konnte er nicht sagen, denn ich hatte ihn schon mit den beiden Händen an der Gurgel. Der Schreck darüber machte ihn stumm. Es war der Sohn des Alten, ebenso feig wie sein Vater. Er ließ sich, ohne Widerstand zu versuchen, die fünfzehn oder zwanzig Schritte bis zu dem Haddedihn schleppen, dem wir unsere Kamele gelassen hatten.
    „Hole schnell aber still die fünf nächsten Krieger herbei!“ befahl ich diesem.
    In kaum zwei Minuten waren sie da. Ich übergab ihm und einem von ihnen den Sohn des Ghani und ging mit den andern vier rasch hinüber zu dem Brunnen, wo das Feuer noch nicht ausgegangen war und ich die Gefährten des ‚Lieblings des Großscherifs‘ erwartungsvoll bei den Kamelen stehen sah, welche schon bepackt und zum Besteigen bereit an der Erde lagen. Diese Männer ahnten nicht, was mit ihrem Anführer und seinem Sohn geschehen war; sie hatten geglaubt, wir seien fort, und waren daher über unser unerwartetes Erscheinen nicht nur erstaunt, sondern sogar betroffen, weil wir ja das Paket nicht sehen durften, mit welchem El Ghani ihrer Überzeugung nach jetzt erscheinen mußte.
    „Ihr seid wieder hier?“ fragte mich einer von ihnen. „Warum seid ihr zurückgekehrt?“
    „Um euch zu fragen, wo euer Anführer ist“, antwortete ich.
    „Er ist einmal fortgegangen.“
    „Wohin?“
    „Das wissen wir nicht. Wir haben ihn nicht gefragt.“
    „Ihr wolltet doch beten. Seid ihr damit schon fertig?“
    „Was geht das dich an? Wer hat dir erlaubt, dich in dieser Weise um uns zu bekümmern?“
    Es wurde mir erspart, ihm hierauf die richtige Erwiderung zu geben, denn in diesem Augenblicke kam Halef eiligst herbei und sagte:
    „Sihdi, ich habe deinen Auftrag ausgeführt und bin dann zu Hanneh, der Krone aller Frauentugenden, gegangen, um ihre etwaige Bangigkeit zu zerstreuen. Da sah ich euch hier und bin herübergekommen, um dich zu fragen, ob du mich jetzt vielleicht brauchst.“
    „Du kommst zur richtigen Zeit; auch deine Leute können kommen.“
    Er legte, um den Schall zu verstärken, die Hände an den Mund und rief nach den Haddedihn, welche sich rasch einstellten und der Mekkaner versicherten. Der Sohn des Ghani wurde von den betreffenden zwei Kriegern gebracht; dann ging ich mit Halef und Kara nach dem Felsen, um auch den Alten zu holen. Der Scheik der Beni Khalid und der Perser standen noch oben bei ihm und zwangen ihn jetzt, herabzusteigen. Dann wurde er mit seinem Paket nach dem Feuer geschafft, in welches wir, um es jetzt anzufachen, eine Anzahl von Dschilal warfen, von welchen die Beni Khalid einen Vorrat danebengelegt und nicht mitgenommen hatten, weil sie früh doch wiederkommen wollten. Es sind das Fladen aus getrocknetem Kamelmist, die in der Wüste als Brennmaterial dienen.
    Wir hatten die Mekkaner nicht gefesselt, denn diese Leute waren viel zu feig, als daß sie zum Zwecke der Flucht einen gewalttätigen Widerstand hätten wagen mögen. Sie saßen beisammen, und wir bildeten einen Kreis um sie. Tawil Ben Schahid hatte zwischen Halef und mir Platz genommen. Ihn interessierte die Entdeckung der gestohlenen Gegenstände so sehr, daß er gar nicht mehr an den ‚Geist‘ dachte, vor welchem er doch vorhin mit allen seinen Leuten geflohen war. Er hatte sich des Pakets bemächtigt, was Halef außerordentlich ärgerte, mir aber heimlichen Spaß machte, denn es verstand sich doch von selbst, daß er es nicht behalten durfte, obgleich es wahrscheinlich seine Absicht war, nichts, aber auch gar nichts davon herzugeben. Er nestelte an der Burnusschnur herum, um es zu öffnen. Halef war zornig darüber; ich winkte ihm aber, ebenso zu schweigen, wie ich still war.
    Der liebe Scheik der Beni Khalid befand sich in sichtbarer Verlegenheit. Er hatte die Mekkaner als seine Freunde und Gäste bezeichnet und mußte sich also demgemäß verhalten. Durfte er da nehmen, was sie mitgebracht hatten? Als Diebe konnte er sie bezeichnen, und zwar ganz ohne Besorgnis, sie dadurch zu beleidigen, denn der Raub ist, zumal wenn er an einem

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