1905 - Zwischen den Zeiten
nicht mehr als ein Übergang in eine andere Existenzform, in ein anderes Leben war und daß er den Konflikt auf keinen Fall mit hinübernehmen würde.
Plötzlich bemerkte er eine schwache, bläuliche Verfärbung über den Büschen auf der anderen Seite der Lichtung und Schreckte aus seinen Gedanken auf.
Ein Feld veränderter Zeit rückte heran!
Es war ein Feld mit sogenannter Müder Zeit, in dem die Zeit ganz erheblich langsamer ablief als in der Realzeit.
Kalmat spürte, wie es ihm kalt über den Rücken lief. Er fürchtete sich vor einem derartigen Zeitfeld. Er suchte den Tod, und er wollte ihn bald. Geriet er jedoch in das Feld mit Müder Zeit, lief alles ab wie in einer Zeitlupe - und der Tod rückte in weite Ferne, Genau das wollte er aber nicht.
„Was ist los?" fragte Jengtschek.
Kalmat streckte den Arm aus und zeigte auf die gegenüberliegende Seite der Lichtung.
„Ein Zeitfeld rückt heran", erklärte er. „Es könnte den Zeittaucher erfassen, bevor ich dort bin. Wenn das geschieht, müssen wir vielleicht noch viele Jahre warten, bis wir starten können."
Der Anführer der Zeitlosen begriff, daß er ihn nicht länger aufhalten durfte. Er trat zur Seite.
„Beeil dich!" befahl er und blickte nur flüchtig in die Richtung, aus der sich das Zeitfeld näherte. Er konnte es nicht wahrnehmen. „Und nimm keine Rücksicht! Wenn du töten mußt, um den Zeittaucher für uns zu sichern, dann töte!"
Kalmat gab ihm mit einer knappen Geste zu verstehen, daß er zu allem entschlossen war, und lief an ihm vorbei. Er duckte sich, um nicht gesehen zu werden. Geschickt arbeitete er sich durch das Unterholz an den Zeittaucher heran, um den nun heftiger gekämpft wurde.
Hin und wieder forderte jemand mit einer so lauten und mächtigen Stimme das Ende der Kämpfe, wie Kalmat sie nie zuvor vernommen hatte. Es war ein riesiges Wesen mit vier Armen und einem roten Kampfanzug. Mal bewegte es sich aufrecht auf seinen beiden Säulenbeinen, mal ließ es sich auf ein Armpaar herunterfallen, um dann unglaublich schnell und mit der Gewalt eines Stahlgeschosses durch die Reihen der Zeitlosen zu fahren und sie durcheinanderzuwirbeln.
Rawwen, Shuuken und ein Aioia hatten den Zeittaucher verlassen, feuerten mit Energiestrahlern auf die angreifenden Zeitlosen und töteten einige von ihnen.
Die Aufmerksamkeit des Riesen und der anderen Männer der Besatzung war in nur eine Richtung gelenkt. Kalmat aber näherte sich aus der entgegengesetzten Richtung, aus der niemand eine Attacke zu befürchten schien. Unbemerkt arbeitete er sich an den Zeittaucher heran, dessen Unterseite bei dem Aufprall stark beschädigt worden war.
Er kauerte sich auf den Boden, wartete einen günstigen Moment ab und schlüpfte durch die Schleuse ins Innere der Maschine. Er war allein.
Ruhig ging er zum Maschinenraum und deponierte den Sprengsatz neben der Energiezelle des Antriebs. Er schaltete die Zündung ein und lehnte sich danach gelassen gegen die Wand.
Fünf Sekunden blieben ihm noch bis zur Explosion.
Danach würde er endlich in jene Welt übergehen, nach der er sich sehnte.
Kalmat konnte es kaum erwarten.
Er konzentrierte sich auf das Ende seiner Existenz in dieser Welt.
*
Seine Appelle an die Vernunft verhallten wirkungslos. Dennoch versuchte Gucky immer wieder, die Zeitlosen vom Angriff abzuhalten.
Er beobachtete Icho Tolot, der von einem der Gestrandeten zum anderen eilte, um sie zu entwaffnen. Mit einem dünnen Grinsen kam er zu dem Schluß, daß der Haluter auch nicht erfolgreicher war als er, denn die Zeitlosen rückten auch ohne Waffen immer weiter gegen den Zeittaucher vor, mit dem sie Curayo verlassen wollten.
Als er einen Rawwen entdeckte, der sich mit einem schweren Energiestrahler bedrohlich nahe an den Haluter herangearbeitet hatte und auf ihn schießen wollte, ließ er sich aus der Höhe hinabfallen, fing sich unmittelbar über dem Echsenähnlichen ab und schlug ihm die Waffe telekinetisch aus den Händen.
Gucky hockte sich unmittelbar vor dem Rawwen auf den Boden und tippte sich demonstrativ mit dem Finger gegen die Schläfe.
„Ihr tickt doch nicht richtig", sagte er. „Wir wollen euch den Zeittaucher freiwillig geben, und ihr schießt in der Gegend herum. Warum glaubt ihr uns nicht?"
Der Zeitlose war so überrascht, daß er kein Wort hervorbrachte. Verwirrt suchte er nach seiner Waffe. Als er sie in einer Höhe von etwa fünf Metern auf einer weitgehend verrotteten Querstrebe liegen sah, verschlug es ihm den
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