1914 - Schmelztiegel Kristan
bleiben.
Sie warf einen Blick aus dem Fenster ihres Büros im Lagerschuppen und musterte das Hafenareal. Zwischen mehreren Schiffen mit Kasten- und Walzenform konnte sie die kleine Kugel nur erahnen, die ihren Namen nicht von ungefähr trug. Mit der GOOD HOPE hatte einst alles angefangen.
Perry Rhodan hatte das Beiboot des auf Luna gestrandeten arkonidischen Kreuzers so genannt. Mit ihm hatte er auf der Erde ein überlegenes Machtmittel besessen, um die Dritte Macht zu gründen.
Gleichzeitig aber war das winzige Raumschiff die einzige Chance der Menschheit gewesen, mit ihm stießen Rhodan und einige wenige Gefährten in die Weiten der Milchstraße vor.
Eineinhalb Jahrtausende später tauchte der Schwarm in der Galaxis auf und verdummte die Bevölkerung aller Planeten. Nur eine Handvoll Mutanten und immuner Menschen konnte Rhodan um sich scharen, um dann gegen die Übermacht des Schwarms anzutreten. Und folgerichtig nannte er das kleine Schiff, mit dem er den Kampf aufnahm, GOOD HOPE II.
Die Symbolik, aus der heraus die Zweihunderttausend auf Thorrim gestrandeten Bewohner des terranischen Stadtteils Alashan ihr einziges flugfähiges Kleinschiff auf den Namen GOOD HOPE III tauften, ließ sich deutlicher nicht zum Ausdruck bringen.
Der Armbandkom der Kommandantin gab ein leises Piepsen von sich. Fee schaltete ihn ein. „Was gibt es?"
„Jon hier. Posten vier meldet eine Bewegung neben dem Hauptgebäude des Raumhafens. Jemand hat das Landefeld betreten und benutzt eines der Gleitbänder, das in unsere Richtung führt."
Auf dem Raumhafen herrschte gewöhnlich rund um die Uhr Betrieb. Ungewöhnlich war, daß sich seit mehr als acht Stunden überhaupt niemand mehr bei den Schiffen hatte blicken lassen.
Die Kommandantin runzelte die Stirn.
„Deiner Stimme entnehme ich, daß etwas nicht in Ordnung ist. Laß mich raten. Es ist kein Companeii, Prolongide, Hamarade oder Hamaraude. Ein Tsk?"
„Ein unbekanntes Wesen, über das wir keine Daten besitzen. Ich habe versucht, die Thorrimer in ihrem Schiff anzufunken und zu befragen. Sie antworten nicht."
Das hatten sie bereits seit dem Zeitpunkt nicht mehr getan, als die Alashaner ihnen den Artgenossen übergeben hatten.
„Ist schon gut, Jon. Gib mir Bescheid, sobald du mehr weißt. Noch besser, leg mir die Aufnahmen in mein Büro."
Einer der Monitoren erhellte sich und lieferte ein Bild des Gleitbandes. Augenblicke später geriet die Gestalt in den Erfassungsbereich der Aufnahmeoptik.
Ein Baum! durchzuckte Fee Kellind der Gedanke. Das Wesen sieht aus wie ein Baum.
Tatsächlich ähnelte der kleine, höchstens achtzig Zentimeter große Körper einem knorrigen Baum. Vier kurze Stummelbeine und acht lange, fast bis zum Boden reichende Arme ergänzten den Körper. Auf der Oberseite des Stammes ruhte eine kleine, warzige Kugel von der Größe einer Kinderfaust.
„Zoom!" verlangte Fee. „Ich will mir das Wesen näher ansehen."
Die Kugel besaß Augen, Ohren und einen Mund sowie eine leicht nach unten gekrümmte Nase, die dem Schnabel eines Greifvogels ähnelte. Die acht Arme endeten in sechsfingrigen Händen, während die Enden der Beine aus krallenbewehrten Verdickungen bestanden.
Wieder meldete sich Cavalieri. „Achtung, es verläßt das Band. Es gibt keinen Zweifel, daß es zu uns will."
„An alle!" sagte sie. „Vervierfacht die Wachen am Eingang! Durchleuchtet den Fremden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln!"
„Ist das nicht ein wenig übertrieben?" wollte Ors Tecken im Schiff wissen.
„Nein", fauchte sie. „Nach unseren Informationen gibt es auf Kristan kein solches Wesen. Also ist Vorsicht geboten. Bevor ihr es zu mir durchlaßt, will ich genau wissen, was von ihm zu halten ist."
Sie beorderte zusätzlich zwanzig schwerbewaffnete und durch SERUNS geschützte Spezialisten unter Lyjda Meyers Kommando zum Schuppen. Die Chefwissenschaftlerin stellte ihre Tod-Qualifikation zusätzlich unter Beweis, indem sie fünf Kampfroboter mitbrachte. Zwei postierte sie am Eingang, die anderen drei verteilte sie rund um das Gebäude.
Inzwischen versuchte Fee ebenfalls, über Funk Informationen einzuholen. Sie befragte die Companeii in der Hafenzentrale und danach die diensthabende Familie im Gründerviertel. Die Mühe war umsonst. Niemand wußte etwas über dieses Wesen. Es schien weder zu Kristan noch zu einem der Schiffe zu gehören.
Die Nervosität der Kommandantin stieg übergangslos an. Hastig setzte sie sich mit der GOOD HOPE III in
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