1914 - Schmelztiegel Kristan
Analyse der bisher geführten Gespräche ergab darüber hinaus, daß es sich bei mehr als siebzig Prozent aller Interessenten um finanziell wenig leistungsfähige oder um kriminelle Vereinigungen handelte. Sie bestanden aus Angehörigen aller auf Kristan vertretenen Völker einschließlich der Companeii. Sogar die KrisPol hatte ihre Finger im Spiel.
Von Anfang an war klar gewesen, daß sie den ZZ-89-Mehrzweckorter nur an ,verantwortungsvolle Persönlichkeiten oder Organisationen verkaufen würden, nicht jedoch an kriminelle Gruppen, die mit dem Vorteil des neuen Geräts Krieg und Zerstörung über die Welten der Galaxis bringen wollten. Daß dies auf Kristan nicht unbedingt die leichteste Aufgabe war, hatten die Männer und Frauen der GOOD HOPE III schon vorher geahnt. Jetzt wußten sie es mit Sicherheit.
Tuck Mergenburgh gähnte demonstrativ.
„Hast du etwas von Wichtigkeit für mich? Ansonsten nutze ich meine Freizeit für etwas Sinnvolles."
„Tu das nur", sagte Fee Kellind sehr kühl.
Tuck setzte sich mit dem Syntroniker in Verbindung.
„Tsu, wie wär's mit uns beiden?" erkundigte er sich. „Ich bin dir noch eine Revanche schuldig."
„Mit dem größten Vergnügen. Diesmal wirst du dich wundern."
Ob es die siebzigste Revanche war oder die achtzigste, spielte keine Rolle. Oder zumindest keine große. Sie hatten die Partien nicht gezählt, und besonders Tsualar Gross wollte keinen Syntron danach befragen. Tuck Mergenburgh tat ihm den Gefallen und unterließ es ebenfalls.
Sie saßen sich in Tsus Kabine gegenüber und betrachteten eine Weile das Brett und die Figuren. Tuck spielte traditionell mit Schwarz, Tsu mit Weiß. Als der Syntroniker ruckartig den Kopf hob, war es wie immer das Zeichen, daß er mit dem Eröffnungszug beginnen wollte.
„Ich bin mit meinem Projekt immer noch nicht weitergekommen", sagte er und griff nach einem seiner Bauern.
Tuck schaute ihn aus großen Augen an. „Du sprichst von der künstlichen Erzeugung einer Faktordampf-Barriere. Richtig?"
„Ja."
„Vergiß sie einfach! Du brauchtest auf alle Fälle eine Gegenstation im Solsystem. Und die dürfte nach bisherigen .Erkenntnissen nicht mehr existieren. Glaube mir, wir haben nur eine Möglichkeit, nach Hause zu kommen: mit Schiffen und einem Flug über dreiundzwanzigeinhalb Millionen Lichtjahre."
„Vielleicht könnte man die Trümmer des Bollwerks über Thorrim ..."
Tuck Mergenburgh schüttelte den Kopf. „Sie sind unbrauchbar."
Tsu seufzte wie so oft, wenn das Thema auf die Heimat kam.
Tuck verstand ihn nur zu gut. Heimweh gehörte zu den besonders schmerzhaften Erfahrungen. Und Schach war eines der wenigen Dinge, die sie noch mit Terra verbanden. Vieles in Alashan unterlag bereits dem Wandel, den der Aufenthalt auf einer fremden Welt mit sich brachte. Die Wasserversorgung und der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten zum Beispiel. Auch die Medien berichteten zu fünfzig Prozent über die Vorgänge auf dem zweiten Planeten der Sonne Thorrtimer und zu fünfzig Prozent aus Alashan.
Man konnte davon ausgehen, daß sich das bald steigern würde. Tausende von Bewohnern aus Zortengaam würden Verkaufsstände in den Straßenschluchten des ehemaligen Stadtteils von Terrania errichten und den Handel forcieren. Mit dem Austausch von Handelsgütern begannen sich dann die Grenzen zu verwischen.
Die Gedanken des Cheftechnikers kehrten zu seiner aktuellen Tätigkeit zurück. Schach hatten die beiden TLD-Agenten bereits früher gespielt. Aber erst jetzt, seit der Versetzung Alashans in die Galaxis DaGlausch, bildeten sie ein echtes Team.
Ein einseitiges allerdings, denn Tuck Mergenburgh hatte bisher alle Partien gewonnen.
„Ha!" triumphierte Tsu nach dem vierten Zug. „Das war ein Fehler. Den wirst du nicht so schnell ausgleichen können."
„Hör endlich auf damit, das Spiel nach syntronischen Prinzipien zu analysieren", empfahl ihm der Cheftechniker. „Erst wenn dir das gelingt, hast du eine echte Chance."
„Ich kann sehr wohl zwischen syntronischen Schaltvorgängen und meinen Gedanken unterscheiden", wehrte sich Gross.
„Dann such den Fehler! Wenn ich gegen einen Syntron spiele, verliere ich regelmäßig.
Bei dir gewinne ich. Vielleicht liegt es daran, daß dein Gehirn zu langsam arbeitet."
Das Gesicht des Syntronikers verfinsterte sich.
„He!" machte Tuck. „Das war ein Scherz. Nimm es nicht gleich persönlich."
„Wenn wir zurück in Alashan sind, ist das eine Pizza wert, okay?"
„Einverstanden."
Sie
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